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Aus wirtschaftspolitischer– genauer: ordnungspolitischer – und finanzwissenschaftlicher Sicht stellen sich bei Aufgaben im Bereich der Inneren Sicherheit grundsätzlich drei Fragen: Wer ist grundsätzlich für eine solche Aufgabe (Schutzleistung) verantwortlich, hat sie also bereitzustellen? Wer soll sie dann durchführen, also herstellen? Und schließlich, wer soll die Kosten tragen? Genauere Informationen zum analytischen Vorgehen – gewissermaßen dem Prüfschema aus volkswirtschaftlicher Perspektive – finden Sie im Text „Volkswirtschaftlich – Erklärung“. Diese Fragen der Bereit- und Herstellung sowie der Finanzierung werden im Folgenden in knapper Form für die Schutzleistung Sicherheits- und Kontrolldienste in öffentlichen Verkehrsmitteln erörtert.

Nutznießende dieser Schutzleistung sind in Bezug auf den Kontrolldienst die Betreibergesellschaften des öffentlichen Nahverkehrs, genauer von Untergrundbahnen, Straßen- und Stadtschnellbahnen sowie des Linienbus-Verkehrs; in Bezug auf den Sicherheitsdienst zusätzlich die Fahrgäste.

Die Schutzleistung umfasst neben der Fahrkartenkontrolle (Kontrolldienst) eine Reihe unterschiedlicher Aufgaben im Bereich Sicherheitsdienst. Dazu zählen neben der allgemeinen Sicherstellung geordneter Abläufe insbesondere der Schutz des Eigentums der Betreibergesellschaft (etwa vor Vandalismus oder Verschmutzung), der Schutz der Fahrgäste vor Gefahren durch Unfälle und Straftäter, und Hilfeleistung in medizinischen und anderen Notfällen. Dazu kommen Randtätigkeiten wie das Erteilen von Auskünften sowie Unterstützung hilfebedürftiger (insbesondere körperlich eingeschränkter) Fahrgäste. Kooperationen mit behördlichen Sicherheitskräften sind die Regel.

Wir betrachten nun die Frage, ob es aus ordnungspolitischer Sicht bei solchen Streifen- und Interventionsdiensten eine Rolle privater Unternehmen geben sollte, und was ggf. zu beachten wäre.

Nach dem standardisierten Prüfschema betrachten wir hier zwecks Ermittlung der Güter-Art der Schutzleistung zwei Fragestellungen: Liegt Rivalität vor, und liegt Exkludierbarkeit vor? Aus den Antworten auf diese Grundfragen lässt sich ableiten, ob es sich bei der Schutzleistung um ein öffentliches Gut (prototypisches Kollektivgut), um ein privates Gut (Individualgut), oder um einen der „Mischfälle“ Klubkollektivgut oder Allmende-Gut (Quasikollektivgut) handelt.

Besteht nun Verwendungsrivalität im ökonomischen Sinne? Beschneidet also die Durchführung eines Kontroll- und Sicherheitsdienstes in einem öffentlichen Verkehrsmittel die Möglichkeiten anderer potenzieller „Nutzer“ an dieser Schutzleistung?

In Bezug auf den Kontrolldienst kann man zwar zumindest bezüglich der unmittelbaren Wirkung von einer Verwendungsrivalität ausgehen – Kontrollen können von einem Team zu einem gegebenen Zeitpunkt jeweils nur in einem Fahrzeug durchgeführt werden, während in anderen Fahrzeugen Schwarzfahrer unbehelligt bleiben. In Bezug auf den Sicherheitsdienst gilt dies ebenfalls. Reisende in anderen Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs haben unmittelbar nichts davon, dass in anderen Fahrzeugen kontrolliert und patrouilliert wird.

Allerdings wirken mittelbare Effekte auch in anderen Fahrzeugen, da die Kontroll- und Sicherheitsdienste bewusst für die Reisenden möglichst unvorhersehbar eingesetzt werden.[1] So kann sich kein Schwarzfahrer sicher fühlen, und Straftäter, die Sachbeschädigungen begehen oder Personen belästigen, bestehlen oder körperlich bedrängen wollen, müssen ständig mit dem Eingreifen der Sicherheitskräfte rechnen. Auch innerhalb des Fahrzeuges spielt die Rivalität keine Rolle – alle Mitfahrenden werden in gleicher Weise kontrolliert und sind in gleicher Weise geschützt.

Zusammenfassend kann aus unserer Sicht davon ausgegangen werden, dass Verwendungsrivalität vornehmlich nicht vorliegt.

Liegt also Verwendungsrivalität nicht vor, können wir die „richtige“ Zuordnung der Schutzleistung in unserem Modell von vier auf zwei Gütertypen verengen. Privates Gut und Allmende-Gut scheiden aus, es bleiben öffentliches Gut und Klubkollektivgut zur Auswahl.

Und besteht Exkludierbarkeit, kann also der Nutznießer der Schutzleistung andere potenzielle Nutznießer von der Mitnutzung ausschließen? Hier hängt es davon ab, wer als Nutznießer betrachtet wird.

Betrachtet man die Betreibergesellschaften als Nutznießer, so gilt: Diese können andere ausschließen, und dies ist auch der typische Fall. Selten werden dieselben Kontrolleure und Ordner beispielsweise sowohl in den Bussen der einen und den S-Bahnen der anderen Gesellschaft einsetzt werden. Nehmen wir das Kriterium der Exkludierbarkeit als gegeben an, verengt sich die Auswahl der Gütertypen auf eines – das Klubkollektivgut.

Betrachtet man hingegen die Fahrgäste als primäre Nutznießer, gälte bis zu einem gewissen Grade das Gegenteil – niemand mit einem Fahrschein kann vom Nutzen ausgeschlossen werden, insofern die Person sich an die Beförderungsbedingungen und das Hausrecht hält. Alle Fahrgäste profitieren[2] von den Vorteilen des Sicherheitsdienstes – mittelbar aufgrund des Präventions-und Abschreckungseffektes gegenüber Straftätern sogar diejenigen, die sich auf anderen Fahrzeugen befinden. Nehmen wir das Kriterium der Exkludierbarkeit unter diesem Gesichtspunkt als doch nicht gegeben an, verengt sich die Auswahl der Gütertypen ebenfalls auf eines – diesmal auf das öffentliche Gut. Argumentiert man hingegen so, dass die Exklusion über den (Nicht-)Kauf eines Fahrscheines stattfindet – mithin Fußgänger, Fahrrad- und Autofahrer weder in den Genuss der Schutzleistung kommen müssen noch können –, so wären wir wieder beim Klubkollektivgut. Wir gehen im Folgenden von dieser Gutseigenschaft aus.

Nun sind zwei Fragen zu beantworten: Wer soll aus ordnungspolitischer Sicht die Bereitstellung übernehmen, wer die Finanzierung?

Bereitstellungsaufgaben (oder auch: Versorgungs-) des Staates sehen Ökonomen grundsätzlich dort, wo beim aktuellen Stand der Technik eine Zuordnung zu „prototypischen und (…) Quasi-Kollektivgüter(n)“ erfolgt, und diese knapp sind (vgl. Grossekettler 1998, 8f.). Da es sich unserer Auffassung nach dagegen um ein Klubkollektivgut handelt, und eine privat organisierbare Marktfähigkeit vorhanden ist, ist die Bereitstellungsverantwortung für die Schutzleistung nicht beim Staat anzusiedeln (insofern es sich nicht um eine staatliche oder staatseigene Betreibergesellschaft handelt).

Die Finanzierung der Schutzleistung über Beiträge ist die angemessene Wahl. Dies geschieht in praktischer Form über einen Anteil des Ticket-Preises.

[1] Anm.: Hierbei handelt es sich jedoch nicht um externe Effekte im engeren Sinne. Die Wirkung sowohl auf Reisende innerhalb des kontrollierten Fahrzeugs als auch auf die in allen anderen Fahrzeugen wird aufgrund der Entscheidung der Betreibergesellschaft bzgl. des Personaleinsatzes erzielt. Betroffen sind also je nach Sichtweise ausschließlich an der Entscheidung Beteiligte (die Betreibergesellschaft) oder ausschließlich Unbeteiligte (die Fahrgäste). Externe Effekte dagegen wären die Auswirkungen der Entscheidung Beteiligter auf Unbeteiligte.

[2] Anm.: Gemeint sind an dieser Stelle rechtstreue Fahrgäste mit gültigem Fahrschein. Mit Straftätern sind wiederum nicht Schwarzfahrer gemeint – obwohl dies derzeit als Straftat und nicht als Ordnungswidrigkeit klassifiziert ist –, sondern Personen, die Sachbeschädigungen, Diebstähle und Rohheitsdelikte begehen.

 Quellen:

Grossekettler, H. (1998), Staatsaufgaben aus ökonomischer Sicht, Volkswirtschaftliche Diskussionsbeiträge der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Nr. 274.

Bei Sicherheits- und Kontrolldiensten in öffentlichen Verkehrsmitteln liegt neben der Bereitstellungs- und Finanzierungs-Verantwortung auch die der Herstellung oft in den Händen der Betreibergesellschaft, die heute meist privatwirtschaftlich organisiert ist. Was aber nun, wenn es sich stattdessen um eine staatliche oder staatseigene Betreibergesellschaft handelt – sollte die Herstellung der Schutzleistung dann in Eigen-Ägide hergestellt werden, oder sollte diese Dienstleistung an private Anbieter vergeben werden?

Hier werden in der Regel als Entscheidungshilfe verschieden Arten von Kosten im weitesten Sinne betrachtet: Transformations-, Transaktions- und Verfahrenspräferenzkosten. Die Summe dieser drei Kostenarten gibt – ohne Berücksichtigung anderer Faktoren, allein durch die volkswirtschaftliche Brille – Aufschluss darüber, ob Eigenherstellung oder Vergabe lohnender sind.

Transformationskosten sind hier die Kosten, die aufgewandt werden müssen, um aus Vorleistungen die Schutzleistung zu erstellen. Konkret sind das hier vor allem die abzurechnenden Arbeitsstunden des Personals des Sicherheitsdienstes. Für einfachere Tätigkeiten wie Ticketkontrolle, deeskalierende und vermittelnde Gespräche und Ähnliches wird ein einfaches bis mittleres Ausbildungs- und Qualifikationsniveau angemessen und ausreichend sein. Diese Aufgaben können vermutlich zuverlässige private und damit tendenziell günstigere Sicherheitskräfte gut erfüllen können. Etwas komplexer kann sich das Anforderungsniveau im Sicherheitsdienst gestalten, wenn beispielsweise mehrere Personen beteiligt sind, die Verursacher einer Störung nicht eindeutig auszumachen sind, oder plötzlich gar Tumultlagen[1] beim Aufeinandertreffen mit aggressiven Gruppen entstehen.

In solchen Fällen wird ein vergleichsweise höherer Ausbildungs- und Qualifikationsstand des zu betrauenden Personals sowie besondere Einsatzmittel Voraussetzung für eine erfolgreiche Beherrschung der Situation sein. Hier sollten staatliche oder private Kräfte mit einem höheren höherer Ausbildungs- und Qualifikationsniveau die Aufgaben übernehmen. Hier ist aus Kostensicht eine genauere Prüfung notwendig, ob staatliche oder private Beschäftigte (gleichen Ausbildungs- und Qualifikationsstands) die effizientere Wahl sind.

Transaktionskosten fallen für eine staatliche oder staatseigene Betreibergesellschaft vor allem dann an, wenn unterstützende oder direkte Aufgaben im Rahmen der Schutzleistung an Unternehmen vergeben werden. (Umgekehrt gilt ebenfalls in gewissem Umfang für beauftragte Unternehmen.) Mutmaßlich sind die Transaktionskosten im Falle der Vergabe von Aufgaben im Bereich des Sicherheits- und Kontrolldienstes im Vergleich bspw. zu Sicherheitsdienstleistungen in Flüchtlingsunterkünften weniger erheblich, da die Natur der Tätigkeit im Gegensatz zu anderen Schutzleistungen weniger politischen Zündstoff birgt, und weder die Vergabe noch die Fachaufsicht vor vergleichbare Herausforderungen stellen.

Verfahrenspräferenzkosten spielen dann eine Rolle, wenn nennenswerter Machtmissbrauch bei der Erstellung des Produktes – hier der Erbringung der Schutzleistung – möglich ist. Zwar spielt die Wahrung des Neutralitätsgebots eine nicht unwichtige Rolle bei der Erbringung der Sicherheits- und Kontrolldienste – insbesondere darf nicht unzulässig diskriminiert werden –, jedoch ist nicht zu vermuten, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung Verfahrenspräferenzkosten in Kauf nehmen würde, die beispielsweise durch eine Tätigkeit teurerer staatlicher Beschäftigter entstehen würden. In anderen Worten: Nur wenige Fahrgäste würden vermutlich einen etwas höheren Ticketpreis zahlen wollen, mit dem sie sich den Einsatz staatlicher Ticket-Kontrolleure und Sicherheitskräfte „für einfachere Aufgaben“ erkaufen würden.[2]

Marktversagen ist bei der hier betrachteten aus unserer Sicht Schutzleistung nicht wahrscheinlich.

 

Quellen:

[1] Da sich solche Lagen sich schnell und unerwartet entwickeln können, ist räumliche Nähe von Sicherheitskräften unabdingbar, die schnell und angemessen bis zu einem gewissen Eskalations- und Komplexitätsgrad eingreifen können. Wird dieser Grad überschritten oder eine strafrechtliche Verfolgung notwendig, sind staatliche Polizeikräfte gefordert. Das Erfordernis der Entlastung öffentlicher Kassen durch Kostenersparnis einerseits in Kombination mit krisenhafter Reaktionsfähigkeit prädestiniert die Schutzleistung für Kooperationsmodelle.

[2] Verfahrenspräferenzkosten spielten allerdings eine möglicherweise entscheidende Rolle, wenn die Streifen mit über das Jedermann-Recht hinausgehenden Kompetenzen versehen würden.

Zusammenfassend wird aus volkswirtschaftlicher Perspektive zur betrachteten Schutzleistung folgendes vorläufiges Fazit gezogen:

Die Bereitstellung sowie die Finanzierung sind bei Sicherheits- und Kontrolldiensten keine Staatsaufgabe, wenn die Betreibergesellschaft des öffentlichen Nahverkehrs keine staatliche oder staatseigene ist. Die Finanzierung sollte über Beiträge erfolgen. Handelt es sich um eine staatliche oder staatseigene Betreibergesellschaft, ist die Bereitstellung – also die Sicherstellung der Erbringung der Schutzleistung – zwar doch wiederum Staatsaufgabe, jedoch bleibt auch hier die Finanzierung über Beiträge der Fahrgäste (und nicht etwa über Steuergelder) die angemessene Form.

Die Frage der Herstellung ist ohne weitere Informationen nicht so eindeutig zu beantworten, jedoch aus unserer Sicht bei Beschränkung der Kompetenzen der Durchführenden auf übliche Rechte (Hausrecht, Notwehr und Nothilfe, Jedermannsrecht usw.) vorzugsweise an Unternehmen zu übertragen.

Bei Herstellung der Schutzleistung durch private Dienstleister kommt es letztlich (bei der Bewertung der Kosten-Kriterien im volkswirtschaftlichen Sinne) auf die Qualität und Vertrauenswürdigkeit der Anbieter im Markt an. Hier spielen die örtlichen Rahmenumstände bezüglich der Anbieter am Markt eine Rolle. Sind seriöse Anbieter vorhanden, sprechen die oben erörterten Kostenbetrachtungen in der Regel für die Vergabe der Schutzleistung an private Unternehmen.