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Das Ziel der juristischen Analyse von Sicherheitsdienstleistungen besteht in der Herausbildung einer unverbindlichen rechtlichen Einordnung, die die zu beachtenden Rahmenbedingungen einer Schutzleistung aufzeigen soll. Da eine umfassende juristische Bewertung im Zuge dieser Analyse aufgrund der Komplexität nicht verfolgt werden kann und nur der grundlegende Rechtsrahmen veranschaulicht werden soll, sei darauf hingewiesen, dass die Ausführungen keinesfalls als juristisches Gutachten zu verstehen sind und somit keinen Anspruch haben, bindende Wirkung zu entfalten.

Zusammenfassend soll die grundsätzliche rechtliche Realisierbarkeit einer Schutzleistung mit allgemeinen juristischen Analogien beschrieben werden. Daher können nur die wesentlichen Rechtsansichten dargestellt und verkürzte Meinungsstreits behandelt werden. Anhand dieser Ergebnisse soll im Fazit eingeschätzt werden, inwiefern eine Schutzleistung von Privaten aus juristischer Perspektive geleistet werden kann und ob diese an weitere Bedingungen geknüpft werden muss.

Weiterführende Bemerkungen sind dem Beitrag zur Erklärung der juristischen Perspektive zu entnehmen.

Die aus dem US-amerikanischen Rechtsraum bekannte Form der hochschuleigenen Sicherheitskräfte, die auf dem Campus polizeiähnliche Rechte genießen, ist in Deutschland in dieser Ausprägung nicht bekannt. Hierzulande übernehmen Sicherheitsdienstleister bisher größtenteils Aufgabenbereiche des Objektschutzes und Empfangs- bzw. Pfortendienste. Die genauen Dienstleistungen unterscheiden sich nicht nur von Bundesland zu Bundesland, sondern von Universität zu Universität teilweise erheblich. Dreh- und Angelpunkt ist das jeweilige Hochschulgesetz und das darin fundamentierte Recht auf Ausübung des Hausrechts. Im klassischen Sinn einer Campuspolizei übernehmen die Sicherheitskräfte weitreichendere Aufgaben. Dazu können einfache Legitimationskontrollen, aber auch die Gefahrenabwehr bei sexuellen Übergriffen bis hin zu sog. „active shooter“-Angriffen auf dem Campusgebiet zählen.[1] Im Kontrast dazu gehören private Sicherheitsmitarbeiter an Universitäten, neuerdings auch an einigen Schulen, deren Handlungsspielraum im Vergleich zum transatlantischen Modell scharfe Grenzen gesetzt sind, zum Standardrepertoire.

Quelle:

[1] U.S. Department of Justice (DOJ), Bureau Of Justice Statistics (BOJ), Campus Law Enforcement, 2011–12, https://www.bjs.gov/content/pub/pdf/cle1112.pdf, abgerufen 02.08.2019.

1. Übertragung des öffentlich-rechtlichen Hausrechts – Hochschulgesetz

Grundsätzlich kann der Hausrechtsinhaber seine Rechte an Dritte delegieren, sowohl ausdrücklich durch Übertragung oder auch konkludent.[1] Auf dem Universitätsgelände hat der Universitätspräsident (oder auch Rektor) dieses Hausrecht inne. Jenes wird im Hochschulbetrieb grundsätzlich auf die Dekane und Lehrenden übertragen.[2] Genaueres ist den jeweiligen Hochschulgesetzen zu entnehmen.

Im hamburgischen Hochschulgesetz beispielsweise ist das Hausrecht wie folgt geregelt: „Die Präsidentin oder der Präsident übt das Hausrecht und die Ordnungsgewalt aus. Diese Aufgaben werden als staatliche Auftragsangelegenheiten wahrgenommen; sie können für bestimmte Bereiche oder für bestimmte Fälle anderen Personen übertragen werden.“[3] Das öffentlich-rechtliche Hausrecht hat der Universitätspräsident inne, der dieses auf private Sicherheitsdienstleister übertragen kann.[4] In Hessen hingegen lautet der Wortlaut: „Sie oder er wahrt die Ordnung an der Hochschule und entscheidet über die Ausübung des Hausrechts.“[5] Ähnlich wie in Brandenburg, wo die Präsidentin oder der Präsident insbesondere zuständig ist für „die Wahrung der Ordnung und die Ausübung des Hausrechts.“[6] Anhand der beiden Beispiele wird deutlich, wie unterschiedlich die Übertragung des Hausrechts von Bundesland zu Bundesland geregelt ist. Dies gilt besonders für die Übertragung des Hausrechts auf Dritte, wenn diese nicht, wie das Beispiel Hamburgs verdeutlicht, explizit im Hochschulgesetz vorgesehen ist. In der Praxis ist dies etwa im Zusammenhang mit einem Vorlesungsboykott in Hamburg vorgekommen, bei dem ein vom Präsidenten privater Ordnungsdienst für die Unterstützung des eigenen Personals bestellt wurde, welches allerdings nicht zum Einsatz kam.[7]

Diese komplexe Problematik bei der Übertragung des Hausrechts würde sich an privaten Bildungseinrichtungen in dieser Form nicht ergeben und wird daher nicht weiterführend analysiert.

Neben den vorangegangenen Sicherheitsdienstleistungen, die bei der Ausübung des Hausrechts auf deutschen Universitätsgeländen täglich durchgeführt werden, entwickeln sich allerdings auch zunehmend hierzulande neue Sicherheitsangebote, wie im Fall der Universität Augsburg: Dort gibt es seit längerer Zeit einen Service für die Begleitung zum Parkplatz oder zur Straßenbahnhaltestelle, die von einem Sicherheitsdienstleister im Auftrag der Universität angeboten wird. Dieser Begleitservice wird zweimal täglich oder auf Anfrage in den Abendstunden durchgeführt.[8]

2. Selbsthilferecht zur Durchsetzung des Hausrechts – §§ 229, 859 BGB

Die Rechtsgrundlagen, die bei der Ausübung des Hausrechts relevant sind, unterscheiden sich von den Jedermann-Rechten, die den Notwehrrechten gleichzusetzen sind. Um das vertraglich delegierte Hausrecht durchzusetzen, welches in erster Linie den Eigentümer bzw. Besitzer berechtigt Hausverbote auszusprechen, können sich beauftragte Sicherheitsdienstleister auf zivilrechtliche Selbsthilferechte nach §§ 229, 859 BGB berufen. Diese erlauben zwar keine Gewalt, eröffnen aber nach Aussprache des Hausverbots die Möglichkeit, gegen den Störer auf Basis der Jedermann-Rechte einzuschreiten. Somit gestattet die durch Ignorierung des Hausverbots entstandene rechtswidrige Beeinträchtigung des Hausrechts den Verweis des Störers.[9] Der Ausschluss von der Nutzung des Gebäudes gegenüber dem Störer ergibt sich demnach nach der o. g. zivilrechtlichen Grundlage und kann über das Notwehrrecht aus § 32 StGB durchgesetzt werden, allerdings nur bis zu den Grenzen des befriedeten Besitztums.[10]

Quellen:

[1] Kuhli, Grundfälle zum Hausfriedensbruch, JuS 2013, 115 (117).

[2] BGH, Beschluss vom 08.10.1981 – 3 StR 449/450/81 (LG Heidelberg), NJW 1982, 189 f.

[3] § 81 Abs. 4 HmbHG

[4] Schnekenburger, Rechtsstellung und Aufgaben des Privaten Sicherheitsgewerbes, S. 115-116.

[5] § 38 Abs. 1 S. 4 HHG

[6] § 65 Abs. 1 S. 4 Nr. 6 BbgHG

[7] OVG Hamburg, Beschluss vom 26.5.1977 – Bs. III 20/77, NJW 1977, 1254 (1255).

[8] Universitätsbibliothek Augsburg, https://www.bibliothek.uni-augsburg.de/service/begleitung/, abgerufen 02.08.2019

[9] Pielow, in: Stober/Olschok, Handbuch des Sicherheitsgewerberechts, Kap. F III, Rn. 27.

[10] Schoepke, in: Stober/Olschok/Gundel/Buhl, Managementhandbuch Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit, Kap. B, Rn. 147.

Das öffentlich-rechtliche Hausverbot ruft regelmäßig Uneinigkeit hervor. Diese ist u. a. geprägt durch Zweifel an den Rechtsgrundlagen sowie dem Vorhandensein eines Verwaltungsakts. Argumentiert wird dabei einerseits mit der unterschiedlichen Kategorisierung des Hausrechts als Zuständigkeits- bzw. Befugnisnorm[1], andererseits mit der fehlenden Hoheitlichkeit und dem fehlenden Regelungscharakter der Maßnahme.[2] Festzuhalten bleibt im Zusammenhang mit einem öffentlich-rechtlichen Hausverbot, dass diesem regelmäßig der Charakter einer verwaltungsrechtlichen Willenserklärung beigemessen wird, nicht aber der eines Verwaltungsakts.[3] Aufgrund dieser Differenzierung können Rechtsfolgen des Hausfriedensbruchs verwaltungsexternen Störer gem. § 123 StGB drohen und auch privatrechtliche Ermächtigungsgrundlage über § 903 BGB Rechtskraft entfalten.

Quellen:

[1] Mehr dazu in Jutzi, Droht die »Parzellierung« des öffentlich-rechtlichen Hausrechts?, LKRZ 2009, 16 ff.

[2] Michl/Roos, Das öffentlich-rechtliche Hausverbot, LKRZ 2012, 50 (55).

[3] Vgl. OVG Münster, Beschluss vom 8.10.1997 – 25 B 2208/97, NJW 1998, 1425 f.; OVG Bremen, Urteil vom 21.11.1989 – 1 BA 22/89, NJW 1990, 931 ff.

Für eine Campuspolizei nach dem US-amerikanischen Vorbild fehlen in Deutschland die rechtlichen Voraussetzungen, die es erlauben eine polizeiähnliche Sicherheitsstruktur von innen heraus aufzubauen. Im Hinblick auf die Übertragung des Hausrechts findet bisweilen nur die Kooperation auf dem Universitätscampus zwischen Sicherheitsmitarbeitern mit klassischen Ordnungs- und Sicherheitsaufgaben statt. Diese müssen zudem keine über die nach § 34a GewO hinausgehenden üblichen Zugangsvoraussetzungen (Unterrichtung und Sachkundeprüfung) erfüllen. Sollten Ordnungsmaßnahmen der Security-Mitarbeiter nicht effektiv adressiert werden können oder weitere Maßnahmen zur Gefahrenabwehr gefordert werden, die die Kompetenzen dieser übersteigen, ist an deutschen Universitäten die Polizei hinzuzuziehen (polizeirechtliche Generalklausel). Darüber hinaus sind im Praxisalltag neue Aufgabenbereiche denkbar, die sich im rechtlichen Rahmen bewegen, wie etwa das Beispiel der Universität Augsburg, dem abendlichen Begleitservice von Studierenden, Mitarbeitern und Gästen durch Security-Angestellte. Zusammenfassend gelten enge rechtliche Grenzen, die im Sinne einer Campuspolizei nicht nur fernab der deutschen Universitätsrealität liegen, sondern auch beim Einsatz privater Sicherheitsdienstleister außerhalb der Ausübung des Hausrechts und sonstigen Jedermann-Rechte theoretisch nur im Rahmen einer Beleihung ausgeführt werden könnten.

Jutzi, Siegfried, Droht die »Parzellierung« des öffentlich-rechtlichen Hausrechts?, LKRZ 2009, 16 ff.

Kuhli, Milan, Grundfälle zum Hausfriedensbruch, JuS 2013, 115 ff.

Michl, Magdalena / Roos, Bastian, Das öffentlich-rechtliche Hausverbot, LKRZ 2012, 50 ff.

Schnekenburger, Franz, Rechtsstellung und Aufgaben des Privaten Sicherheitsgewerbes, Heymanns, Berlin 1999

U.S. Department of Justice (DOJ), Bureau Of Justice Statistics (BOJ), Campus Law Enforcement, 2011–12, https://www.bjs.gov/content/pub/pdf/cle1112.pdf, abgerufen 02.08.2019.

Stober, Rolf / Olschok, Harald (Hrsg.), Handbuch des Sicherheitsgewerberechts, C.H. Beck, München 2004
Zit.: Bearbeiter, in: Stober/Olschok, Handbuch des Sicherheitsgewerberechts, Kap., Rn.

Stober, Rolf / Olschok, Harald / Gundel, Stephan / Buhl, Manfred (Hrsg.), Managementhandbuch Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit, Richard Boorberg Verlag, Stuttgart 2012
Zit.: Bearbeiter, in: Stober/Olschok/Gundel/Buhl, Managementhandbuch Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit, Kap., Rn.