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Die technische Perspektive zeigt anhand ausgewählter Kriterien neue technologische Trends auf und setzt sie in einen Zusammenhang mit den jeweiligen Schutzleistungen. Das Ziel ist es, mögliche und wahrscheinliche Auswirkungen auf das Angebot von Schutz abzuleiten und zu skizzieren, wie sich Dienstleistungsangebote auf dieser Basis verändern könnten. Abschließend werden einzelne technische Entwicklungen dargestellt und bewertet, die eine wesentliche Neuorientierung im untersuchten Bereich nötig machen könnten.

Flughäfen unterliegen aufgrund von bestehenden, potenziellen und zu befürchtenden Bedrohungsszenarien einem stetigen Innovationsdruck. Die Optimierung bestehender Sicherheitslösungen und -prozesse sowie die Suche, Erprobung, der Test und die Anschaffung neuer Sicherheitslösungen ist omnipräsent und ist Teil täglicher Anstrengung aller verantwortlichen Akteure. Das Thema Sicherheit am Flughafen hat für die Aufsichts- und Sicherheitsbehörden, politische und Sicherheitsakteure (Bundespolizei und Sicherheitsdienstleister), Flughafenbetreiber sowie Fluggesellschaften die höchste Priorität. Im Jahr 2018, ein neues Rekordjahr für den Luftverkehr, wurden weltweit 4,3 Milliarden Passagiere transportiert (Philbin 2018). Die Passagierzahlen stiegen gegenüber dem Jahr 2017[1] um 6,4 %. Was den Druck zur Entwicklung innovativer Sicherheitslösungen erhöht.

Gemäß § 5 LuftSiG ist die Kontrolle der Zutrittsberechtigung sowie die Kontrolle aller mitgeführten Gegenstände, für jeden Passagier und Mitarbeiter, der den Sicherheitsbereich des Flughafens betreten will, obligatorisch. Abhängig von der Größe des Flughafens sind dafür eine spezifische Anzahl an Kontrollstellen eingerichtet, die zu passieren sind. Für die privaten Sicherheitsdienstleister ergeben sich einige Herausforderung in der Kommunikation, der dafür notwendigen Infrastruktur und in Hinblick auf die zu leistende Sicherheitsleistung.

 

Quelle:

[1] Philbin, Anthony (2018, 31.12.): Solid passenger traffic growth and moderate air cargo demand in 2018, International Civil Aviation Organization (ICAO), Montréal, Québec, Canada, Online verfügbar unter: www.icao.int/Newsroom/Pages/Solid-passenger-traffic-growth-and-moderate-air-cargo-demand-in-2018.aspx, zuletzt geprüft am 29.04.2019.

Wichtige Herausforderungen stellen die Kommunikation und Kommunikationsinfrastruktur dar. Dies gilt für die Luftsicherheitsassistenten untereinander sowie die Bundespolizei. Neue Technologien können hier relevante Impulse setzen:

  • Schneller Informationsaustausch: Für eine unverzügliche, bedarfsorientierte Koordination der Abläufe sowie der Kommunikation eines lösungsorientierten Vorgehens, auch im Falle von (potenziellen) Gefahren und Bedrohungen muss ein sicherer, störungs- und möglichst ausfallsicherer Informationsaustausch ermöglicht werden.[1] Vernetzte Informationsmedien wie digitale Anzeigetafeln, Durchsagen und Flughafen-Apps können Betroffene informieren und koordinieren. Dies gilt für die Luftsicherheitsassistenten sowie die Passagiere.
  • Unabhängiges Kommunikationsnetz: Die Digitalisierung, die Nutzung neuer (Mobil-) Funkstandards (derzeitig 5G) sowie die Vernetzung von Sicherheitslösungen und komplexer Sicherheitssysteme (Kameras, Sicherheitstechnik o. ä.) verlangen ein angemessenes Maß an Bandbreite und Kapazität. Diese bedürfen einer frühzeitigen Planung und Umsetzung.

Die Privatisierung der Passkontrolle ist derzeit kein aktuelles Thema. Sollte dieser Bereich privatisiert werden, könnten der Datenaustausch und die Überprüfung von Fluggästen relevant werden. Um dies zu unterstützen, könnten bei der Registrierung mit pseudonymisierten Hit-/No-Hit-Verfahren relevante Einträge in anderen europäischen Datenbanken datenschutzkonform abgeglichen und so doppelte Registrierungen oder Vorbestrafte/ Gefährder erfasst werden.  

 

Quelle:

[1] Ein Beispiel bildet SoftParts (BMBF): Soziale Bestimmungsgründe der Sicherheit am Flughafen

Der Gebrauch von Sicherheitslösungen basiert auf internationaler und nationaler Gesetzgebung. Diese bilden die Grundlage für die Definition bzw. Verpflichtung zur Umsetzung und Realisierung von Sicherheitsprozessen (Top-Down).[1] Die physische Sicherheitskontrolle am Übergangsbereich von dem „allgemein öffentlich zugänglichen Bereich“ in den „sicherheitsempfindlichen Bereich“ und den „sensiblen Teil der Sicherheitsbereiche“ ist mit einem hohen personellen Aufwand verbunden, der im Hinblick auf die Entwicklung der Passagierzahlen weiter ansteigen wird.

Bereits jetzt kommen eine Vielzahl unterschiedlicher Sicherheitslösungen zum Einsatz, wie Torbogensonden, Handsonden, Röntgenscanner, Sicherheitsscanner und Sprengstoffspürgeräte. Für die Unterstützung der Kontrolltätigkeiten sind einige Kernentwicklungen absehbar. Da die Einführung einer jeden neuen Sicherheitstechnik stets mit Änderung von Handlungskompetenzen einhergeht, sollte diese umfassend hinsichtlich ihrer Auswirkung auf Privatheit, sozialer Auswirkungen und der Risikobeurteilung überprüft werden.

  • Röntgenscanner mit gekoppelter Sensorik zur Identifikation von Spreng- (ETD) und chemischen Stoffen sowie (gefährdenden) Flüs-sigkeiten.[2] Mithilfe von Röntgenbestrahlung, welche fast jedes Material eines Gepäckstücks durchdringt, können bereits verschiedenste Stoffe und Materialien identifizierbar gemacht werden. Der Strahlungsquelle gegenüberliegende Detektoren erstellen ein Durchstrahlungsbild, welches die im Inneren des Scanners befindlichen Objekte abbildet. Für die Einschätzung der gescannten Objekte werden diese je nach Dichte verschiedenfarbig abgebildet. Derzeit gibt es bereits Sicherheitslösungen für den Test und die Identifikation von Spreng- und chemischen Stoffen sowie (gefährdenden) Flüssigkeiten. Diese sind bereits als fest installierte und mobile Lösungen verfügbar. In naher Zukunft werden diese drei Technologien miteinander gekoppelt zum Einsatz kommen. Seit 2018 wurde vereinzelt damit begonnen, entsprechende Sicherheitslösungen zur Detektion von Sprengstoffen und Flüssigkeiten via Röntgenscanner einzuführen.[3] Ab 2020 ist die europaweite Einführung an Flughäfen durch die European Civil Aviation Conference (ECAC) vorgeschrieben.[4] Weiterführend ist eine Erweiterung mit kombiniertem „machine learning“ (ML) sowie KI absehbar. Vor allem bei der Gepäckkontrolle kann mithilfe selbstlernender Algorithmen die Bewertung von Gefahren und Risiken auf Durchstrahlungsbildern maßgeblich unterstützt werden.
 

Quellen:

[1] Gerber Jakob, Weigmann Uwe (2017, 30.11., S 138-144): Entscheidungsprozesse für die Einführung von Sicherheitslösungen. Ergebnisse aus den Sicherheitssegmenten, 4D-Sicherheit (BMBF), European Aviation Security Center e.V. (easc e. V.), Trebbin, online verfügbar unter: https://4d-sicherheit.de/site/assets/files/1063/4d_sicherheit_bericht_entscheidungsprozesse _fur_die_einfuhrung_von_sicherheitslosungen_-_ergebnisse_aus_den_sicherheitsse.pdf, zuletzt geprüft am: 29.04.2019.

[2] Schäfer Jochen, Diezel Sebastian (o. J.a): Röntgenprüfgerät mit hochentwickelter Röntgen-sensorik für hochsensible Sicherheitsbereiche, NEISS detection GmbH, Berlin, online verfügbar unter: http://www.neiss-detection.de/hs-6040atix.html, zuletzt geprüft am 29.04.2019.

[3] Wilhelm, Ulrich (2019, 17.04.): Neue Sicherheitskontrollen im Testlauf, Bayerischer Rundfunk, Anstalt des öffentlichen Rechts, München, online verfügbar unter: https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/morgenmagazin/videos/pilotprojekt-flughafen-muenchen-100.html, zuletzt geprüft am 29.04.2019

[4] Carter, Roland (2018a): Coverting to ECAC Standard 3, smiths detection, Edgewood US, online verfügbar unter: www.smithsdetection.com/campaigns/large-airports/, zuletzt geprüft am 29.04.2019.

  • Unterstützendes Monitoring für Sicherheitskräfte: Die Sicherheitskontrollen von Passagieren bedeuten einen hohen Aufwand und stellen hohe Ansprüche an private Sicherheitsdienstleister. Die Handlungskompetenzen, die kognitiven Fähigkeiten und die Arbeitsbedingungen zu unterstützen ist das Ziel.[1]  Durch wearables kann eine Unterstützung erfolgen und wichtige Informationen schnellstmöglich ausgetauscht werden, um frühzeitig Maßnahmen ergreifen zu können. Mobile Endgeräte oder smart devices sind gleichermaßen denkbar.  
  • Sensorik (Schutz/ Abwehr): Der Einsatz von Sicherheitslösungen unterstützt die Arbeit der Sicherheitskontrolle maßgebend (s. „Überwachungs-Technologien“). Weitere Maßnahmen stellen bspw. vorgelagerte Zutrittssysteme im Kontext des „Gate of Trust“ dar. Mobile Detektoren können ebenfalls einen Mehrwert schaffen.[2]
  • Einsatz von Bodycams: Kamerasysteme können einerseits zur Dokumentation von Vorfällen, der Identifikation in Verbindung mit pervasiven wearables und Sensoriken genutzt werden, auch um Gefahrenstoffe (weiterführende s. „Überwachungs-Technologien“).
 
Quellen:

[1] Beispiele bilden das Forschungsprojekt DEFAKTOS(BMBF): Neue Strategien und Verfahren für die Aus- und Fortbildung des Fluggast-Kontrollpersonals.

[2] Carter, Roland (2018b): Converting to ECAC standard 3. A step-by-step guide of key phases, smiths detection, Edgewood US, online verfügbar unter: https://hello.smithsdetection.com/hubfs/FY18-AVSEC/FY18-AVSEC-Inbound_Campaigns/FY18-AVSEC-Global-Large_Inbound-ECACStandard3/Standard%203%20Rebranding/SmithsDetection_Standard3conversion_ConversionOverviewGuide.pdf?hsCtaTracking=826387ac-0d1b-4c98-91cf-f43b7a6bf137%7C96ab6e52-91a4-4446-8abd-73c471ba94a2, zuletzt geprüft am 29.04.2019

Die Sicherheitsüberprüfung von Passagieren am Flughafen ist nach der Maßgabe ausgerichtet, dass jeder Passagier gleichermaßen verdächtig ist und somit jeder Passagier dieselben Sicherheitskontrollen zu durchlaufen hat. Dieses Vorgehen ist sehr personal- und zeitaufwendig. Das Verfahren des „Social Scoring“ trifft die Annahme, dass die freiwillige Offenlegung und somit Verfügbarmachung von persönlichen Daten für Sicherheitsakteure dazu beiträgt, dass potenzielle Risikofaktoren frühzeitig überprüft werden können. Somit können bestimmte Sicherheitsüberprüfungen von Passagieren ausgelagert und bereits vor dem Betreten des Flughafen-Sicherheitsbereichs bearbeitet werden. Gegenstand des Scorings können u. a. staatliche und private Datenbanken (Strafregister, Social Media, Kaufverhalten o. ä.), die zu einer Risikobewertung des jeweiligen Passagiers beitragen sollen, sein. Auf dieser Grundlage ist es ggf. denkbar, dass sowohl die Identitätsüberprüfung als auch die Sicherheitsüberprüfung am Flughafen verkürzt werden können. Private Sicherheitsdienstleister können so optimal eingesetzt werden.

  • Gate of Trust: Bis zum Betreten des Flugzeugs durchläuft der Passagier einen festgelegten Weg durch den Flughafen und die entsprechenden Sicherheitskontrollen des Sicherheitsbereichs. Der Weg lässt sich mittels verschiedener Sensoriken ausstatten, um spezifische Gefährdungsquellen, wie bspw. (potenziell) verbotene Objekte und Spuren von chemischen, flüssigen oder Sprengstoffen o. ä., frühzeitig zu erkennen.[1] Mithilfe von Sensornetzen mit Hochleistungssensoren lassen sich Gefahrstoffe frühzeitig identifizieren, um gefahrenadäquat handeln zu können.
  • Behavioral Detection: Mithilfe selbst lernender Algorithmen werden basierend auf den beteiligten Muskeln für verschiedene Gesichtsausdrücke in Echtzeit beliebig viele Personen auf Bildern sowie Videoaufnahmen ausgewertet.[2] Basierend aus den Auswertungen kann – falls direkt an den Kontrollstellen nötig – ein unmittelbares Eingreifen, zum Beispiel mithilfe von deeskalierenden Durchsagen oder durch den Einsatz von Sicherheitspersonal, ausgelöst werden.
  • VR/MR-Lehrausbildung: Die Durchführung von Sicherheitskontrollen ist sehr facettenreich. Schulungen mittels Virtual Reality oder Mixed Reality ermöglichen praxisnahe und einfach modifizierbare Möglichkeiten der Ausbildung. Anlassbezogene (Nach-)Schulungen können so einfach umgesetzt werden.
  • Verbesserte bildgebende Verfahren: Insbesondere bei der Röntgenkontrolle spielen bildgebende Verfahren und eine passgenaue Interpretation der Bilder der Kontrolle eine entscheidende Rolle. 3D-Testbilder tragen zu einer erhöhten Sicherheit bei.[3]

Nach wie vor ist die Kopplung verschiedener, bereits vorhandener, Sicherheitstechnologien zu Gefahren- und Mustererkennung absehbar (Gefahrenstoffe, Biometrie, Analyse und Bewertung). Die Durchführung der persönlichen Sicherheitskontrolle ist und bleibt mit hohen Anforderungen an Mensch und Technik verbunden. Der weiterhin zunehmende Einsatz von technischen Sicherheitslösungen erhöht die Anforderungen an das Sicherheitspersonal, die durch das enorme Passagierwachstum verstärkt werden.

  

Quellen:

[1] Rehak Wolfgang, Schlosser Angelika, Weigmann Uwe, Wagner Heike (2011): Zur künftigen Gefahrenabwehr in der Luftsicherheit Gate of Trust™ – Zeit für ein neues Konzept, In: Grieger, Rainer (Hrsg.): Oranienburger Schriften. Beiträge aus der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg, Ausgabe 6 / Dezember 2011, Oranienburg, S. 45-50, online verfügbar unter: www.fhpolbb.de/sites/default/files/field/publikationen/oranienburger_schriften_heft_vi.pdf, zuletzt geprüft am 29.04.2019.

[2] Beispiele bilden das Forschungsprojekt: SHORE® (FH IIS): Softwarebibliothek für die effiziente Analyse von Personen in Videos (Geschlecht, Alter, gezeigten Emotionen; CamInSens (BMBF): Verteilte, vernetzte Kamerasysteme zur in situ-Erkennung personen-induzierter Gefahrensituationen.

[3] Carter, Roland (2018b): Converting to ECAC standard 3. A step-by-step guide of key phases, smiths detection, Edgewood US, online verfügbar unter: https://hello.smithsdetection.com/hubfs/FY18-AVSEC/FY18-AVSEC-Inbound_Campaigns/FY18-AVSEC-Global-Large_Inbound-ECACStandard3/Standard%203%20Rebranding/SmithsDetection_Standard3conversion_ConversionOverviewGuide.pdf?hsCtaTracking=826387ac-0d1b-4c98-91cf-f43b7a6bf137%7C96ab6e52-91a4-4446-8abd-73c471ba94a2, zuletzt geprüft am 29.04.2019

Der Einsatz von Sicherheitstechnik kann die Durchsetzung und die Effizienz bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen deutlich steigern. Vor allem die Kopplung von technischen Möglichkeiten zur Analyse von Verhalten und Sensoriken hinsichtlich gefährlicher Substanzen und Objekte tragen dazu bei.

Maßgebend sind dabei jedoch die gesetzlichen Möglichkeiten zum Einsatz der jeweiligen Technik. Der Zulassungsprozess ist diesbezüglich sehr langwierig. Mit steigendem Grad der Technisierung steigen auch die Anforderungen an die privaten Sicherheitsdienstleister, da die Arbeitsweise, Möglichkeiten und Grenzen von Sicherheitslösungen verstanden werden und anwendbar sein müssen. Der Schulungsaufwand steigt entsprechend. 

Die derzeitigen Generationen von Sicherheitstechniken am Flughafen für die Passagier- und Gepäckkontrollen lassen nicht zu, dass das zugehörige Sicherheitspersonal freigesetzt wird. Für die Erhaltung des Servicegedankens sowie einer notwendigen Präsenz von Personal, auch für das subjektive Sicherheitsgefühl, ist dies derzeitig nicht absehbar.