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Das Ziel der juristischen Analyse von Sicherheitsdienstleistungen besteht in der Herausbildung einer unverbindlichen rechtlichen Einordnung, die die zu beachtenden Rahmenbedingungen einer Schutzleistung aufzeigen soll. Da eine umfassende juristische Bewertung im Zuge dieser Analyse aufgrund der Komplexität nicht verfolgt werden kann und nur der grundlegende Rechtsrahmen veranschaulicht werden soll, sei darauf hingewiesen, dass die Ausführungen keinesfalls als juristisches Gutachten zu verstehen sind und somit keinen Anspruch haben bindende Wirkung zu entfalten.

Zusammenfassend soll die grundsätzliche rechtliche Realisierbarkeit einer Schutzleistung mit allgemeinen juristischen Analogien beschrieben werden. Daher können nur die wesentlichen Rechtsansichten dargestellt und verkürzte Meinungsstreits behandelt werden. Anhand dieser Ergebnisse soll im Fazit eingeschätzt werden, inwiefern eine Schutzleistung von Privaten aus juristischer Perspektive geleistet werden kann und ob diese an weitere Bedingungen geknüpft werden muss.

Weiterführende Bemerkungen sind dem Beitrag zur Erklärung der juristischen Perspektive zu entnehmen.

Die private Sicherheitsbranche geriet durch die Flüchtlingsströme der letzten Jahre und den daraus resultierenden Übergriffen inner- und außerhalb von Flüchtlingsunterkünften bundesweit in die Schlagzeilen. Problematische Umstände in Bezug auf das gewählte Bewachungspersonal und die hohe Anzahl der neu gegründeten Bewachungsunternehmen zwangen den Gesetzgeber zu einer Verschärfung, die im Rahmen der Novellierung des Bewachungsrechts vom 1.12.2016 verabschiedet wurde.[1] Die Auswahl der Wachleute, die Qualität der Ausbildung und der Security-Firmen selbst stehen insbesondere beim Schutz von Flüchtlingsunterkünften über § 34 a Abs. 1 a S. 2 Nr. 4 GewO im Fokus und wurden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das für das Bewachungsgewerbe zuständig ist, noch weiter in die Pflicht genommen. 

Quelle:

[1] Makowicz, Bewachungsgewerbe auf dem Prüfstein, ZRP 2016, 104 (104).

A. Zugangsvoraussetzungen

1. Bewachungsunternehmer und Mitarbeiter des Bewachungsunternehmens in leitender Funktion

Gem. § 34a Abs. 1 a S. 2 Nr. 4 GewO müssen Mitarbeiter des Bewachungsunternehmens in leitender Funktion eine Sachkundeprüfung nachweisen, sofern sie Bewachungen von Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 des Asylgesetzes, von Gemeinschaftsunterkünften nach § 53 des Asylgesetzes oder anderen Immobilien und Einrichtungen, die auch der vorübergehenden amtlichen Unterbringung von Asylsuchenden oder Flüchtlingen dienen, durchführen.[1]

Aufgrund der sensiblen Herausforderungen in diesem Bereich, gelten für Bewachungsunternehmer  bzw. Gewerbetreibende ebenfalls strengere Auflagen. Die verbesserte Qualifikation soll durch folgende Anforderungen gewährleistet werden, die von der Bewachungsverordnung als Durchführungsverordnung gestützt wird[2] und durch das Gesetz zur Änderung bewachungsrechtlicher Vorschriften vom 4.11.2016 schärfere Regeln beinhaltet:[3]

  • geordnete Vermögensverhältnisse, § 34 a Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GewO,
  • Nachweis einer Haftpflichtversicherung, § 34 a Abs. 1 S. 3 Nr. 4 GewO,
  • regelmäßige Zuverlässigkeitsprüfung, spätestens alle 5 Jahre
  1. Keine Verurteilung in den letzten 5 Jahren der in § 34 a Abs. 1 S. 4 Nr. 4 GewO gelisteten Straftaten:
    1. Verbrechen im Sinne von § 12 Absatz 1 des Strafgesetzbuches,
    2. Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, des Menschenhandels oder der Förderung des Menschenhandels, der vorsätzlichen Körperverletzung, Freiheitsberaubung, des Diebstahls, der Unterschlagung, Erpressung, des Betrugs, der Untreue, Hehlerei, Urkundenfälschung, des Landfriedensbruchs oder Hausfriedensbruchs oder des Widerstands gegen oder des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte oder gegen oder auf Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen,
    3. Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Arzneimittelgesetz, Waffengesetz, Sprengstoffgesetz, Aufenthaltsgesetz, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz oder
    4. staatsschutzgefährdende oder gemeingefährliche Straftat.
    5. Keine Versagungsgründe nach § 35 GewO durch früher ausgesprochene Untersagung und Widerrufe bzw. Rücknahmen von Erlaubnissen sowie mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Steuerschulden, Verletzung sozialversicherungsrechtlicher Verpflichtungen oder einem Insolvenzverfahren
    6. Die Einholung der erlangten Auskünfte über die in § 34 a Abs. 1 Satz 5 bis 9 genannten Erkenntnisquellen der Behörden stellt die Zuverlässigkeit nicht infrage:
  2. eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister nach § 150 Absatz 1,
  3. eine unbeschränkte Auskunft nach § 41 Absatz 1 Nummer 9 des Bundeszentralregistergesetzes,
  4. eine Stellungnahme der für den Wohnort zuständigen Behörde der Landespolizei, einer zentralen Polizeidienststelle oder des jeweils zuständigen Landeskriminalamts, ob und welche tatsächlichen Anhaltspunkte bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen können, soweit Zwecke der Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr einer Übermittlung der tatsächlichen Anhaltspunkte nicht entgegenstehen und
  5. über die Schnittstelle des Bewacherregisters zum Bundesamt für Verfassungsschutz nach § 11 b eine Stellungnahme der für den Sitz der zuständigen Behörde zuständigen Landesbehörde für Verfassungsschutz zu Erkenntnissen, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit von Bedeutung sein können. (ab 1.6.2019)
  • sowie der Sachkundenachweis 34 a Abs. 1 a S. 2 Nr. 4 GewO, der vor einer IHK nach den §§ 5 a ff. BewachV abzulegen ist.

    2. Bewachungspersonal

    Auch das Bewachungspersonal, welches keine leitenden Funktionen wahrnimmt, ist im Falle der Bewachung von Flüchtlingsunterkünften besonders auf ihre Zuverlässigkeit zu prüfen. Mit der Verschärfung des Bewachungsrechts zielte der Gesetzgeber neben den Bewachungsunternehmen insbesondere auch auf das ausführende Personal ab, das durch den direkten Kontakt mit den Bewohnern von Flüchtlingsunterkünften einen erhöhten Qualifikationsgrad nachweisen muss. Neben der Zuverlässigkeit ergibt sich für das Bewachungspersonal, das bei der Bewachung von Immobilien und Einrichtungen, die der Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen dienen, ebenfalls die Pflicht, den Sachkundenachweis § 34 a Abs. 1 a S. 2 Nr. 4 GewO zu erbringen.

    Daraus resultieren für das Bewachungspersonal beim Schutz von Flüchtlingsunterkünften folgende Anforderungen:

    • Zuverlässigkeit (s. o. zu Bewachungsunternehmer)
    • sowie der Sachkundenachweis 34 a Abs. 1 a S. 2 Nr. 4 GewO, der vor einer IHK nach den §§ 5 a ff. BewachV abzulegen ist.

    B. Bewacherregister

    Gem. § 11 b GewO der ersten Fassung des Gesetzes zur Änderung bewachungsrechtlicher Vorschriften vom 4.11.2016 sah der Gesetzgeber die Schaffung eines Bewacherregisters zum 31.12.2018 vor. Mithilfe des Zweiten Gesetzes zur Änderung der bewachungsrechtlichen Vorschriften, das mit dem 1.1.2019 Rechtskraft entfaltet hat, wurde die Einführung des Bewacherregisters auf den 1.6.2019 verschoben. Ziel des Bewacherregisters ist die elektronische Zentralisierung der erforderlichen Daten, die zur Erlaubniserteilung des Unterrichtungs- bzw. Sachkundenachweises und der Zuverlässigkeit dienen sowie die Kontrollen durch Behörden vor Ort vereinfachen.[4]

    Gem. § 34 a Abs. 6 GewO werden in dem Bewacherregister bundesweit Daten zu Bewachungsgewerbetreibenden nach Abs. 1 S. 1 und Bewachungspersonal nach Abs. 1 a S. 1 elektronisch auswertbar erfasst. Zudem sollen diese Daten gepflegt werden, sodass sie auf dem aktuellen Stand sind.[5] Eine Liste der personenbezogenen Daten, die von der Registerbehörde verarbeitet werden darf, ist in § 11 b Abs. 2 Nr. 1-13 GewO geregelt.

    Quellen:

    [1] Jungk/Deutschland, in: BeckOK GewO, § 34 a, Rn. 63 a.

    [2] Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, § 34 a, Rn. 45.

    [3] Makowicz, Bewachungsgewerbe auf dem Prüfstein, ZRP 2016, 104 (105).

    [4] Jungk/Deutschland, in: BeckOK GewO, § 34 a, Rn. 78.

    [5] Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 34 a, Rn. 48.

    Fraglich ist hingegen, wie die Zuverlässigkeit in konkreten Fällen vollends zu bestätigen ist. Neben den Regelbeispielen weckt bereits die Einleitung über die Annahme der Zuverlässigkeit Verwirrung, in der der Gesetzgeber vorsieht, dass die erforderliche Zuverlässigkeit gem. § 34 a Abs. 1 S. 4 Nr. 4 GewO in der Regel nicht vorliegt, wenn der Antragsteller in den letzten 5 Jahren vor Stellung des Antrags wegen Versuchs oder Vollendung der genannten Delikte verurteilt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung 5 Jahre noch nicht verstrichen sind. Sofern der Antragsteller in den letzten 5 Jahren verurteilt worden ist, „kann die Rechtskraft der Entscheidung diesen Zeitraum nicht übersteigen“[1]. Es liegt demnach eine unklare Doppelung vor, die überflüssig ist.

    Zudem ist der Regelbeispielkatalog nicht abschließend. In § 34 a Abs. 1 S. 4 GewO wird die Zuverlässigkeit „in der Regel“ nicht attestiert, wenn die im Gesetz genannten Ausschlusskriterien erfüllt sind. Demnach ergibt sich ein Ermessenspielraum bei der Einschätzung der Zuverlässigkeit, die einerseits in einer Ausweitung und anderseits in einer Einschränkung der Norm münden kann. Wird von der Ausweitung Gebrauch gemacht und liegt eine Verurteilung weniger als 5 Jahre zurück, bedarf es nach dem Urteil des OVG Hamburg vom 18.12.1994 zu § 34 c (GewA 1985, 266) einer besonderen Rechtfertigung. Allerdings hat das VGH München in seinem Beschluss vom 25.9.2013 zu § 34 d (GewA 2013, 35) unterstrichen, dass eine reine straffreie Führung als solche dafür nicht ausreicht.[2]

    Quellen:

    [1] Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 34 a, Rn. 23.

    [2] Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 34 a, Rn. 24.

    Mit der Verschärfung des Bewachungsrechts zielte der Gesetzgeber vor allem auf die Problematik im Zusammenhang mit Flüchtlingsunterkünften und deren Absicherung ab. Die medial stark in den Fokus gerückten Bewachungsunternehmer sowie das Bewachungspersonal selbst, besonders das in leitender Funktion, müssen seit dem am 1.12.2016 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung bewachungsrechtlicher Vorschriften strengere Auflagen erfüllen. Statt des bisher ausreichenden Unterrichtungsverfahrens, besteht nun neben der ebenfalls ausgebauten Zuverlässigkeitsprüfung die Pflicht, den Sachkundenachweis als Erlaubnisvoraussetzung zu erbringen. Mit dieser Maßnahme folgte der Gesetzgeber der Branchensicht und setzte höhere Maßstäbe bei den Zugangsvoraussetzungen um, die sich in einem Qualitätszuwachs widerspiegeln sollen. Neben der Überwachung der Gebäude muss vor allem der Schutz der Bewohner als wesentliches Ziel und Teilaufgabe des Bewachungspersonals unterstrichen werden. Beide Schutzgüter als übergeordnete Gruppen der verschiedenen Aufgabenbereiche zeigen im Zusammenhang mit der Verschärfung des Bewachungsrechts, wie komplex und sensibel auf die Herausforderungen in Flüchtlingsunterkünften eingegangen werden muss. Aus diesem Grund sollte die Aufrechterhaltung und der Ausbau der Sicherheitsqualität in diesem Segment im Vordergrund stehen, statt der weiteren Privatisierung von Schutzleistungen, die von staatlichen Behörden gewährleistet werden.

    Landmann, Robert von / Rohmer, Ernst (Hrsg.), Gewerbeordnung, 77. EL, C.H. Beck, München 2018
    Zit.: Bearbeiter, in: Landmann/Rohmer, GewO, §, Rn.

    Makowicz, Bartosz, Bewachungsgewerbe auf dem Prüfstein, ZRP 2016, 104 ff.

    Pielow, Hans-Christian (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar Gewerbeordnung, 42. Edition, Verlag C.H.BECK, München, Stand: 01.07.2018
    Zit.: Bearbeiter, in: BeckOK GewO, §, Rn.

    Tettinger, Peter / Wank, Rolf / Ennuschat, Jörg (Hrsg.), Gewerbeordnung, 8. Aufl., C.H. Beck, München 2011
    Zit.: Bearbeiter, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, §, Rn.