Nach dem standardisierten Prüfschema betrachten wir hier zwecks Ermittlung der Güter-Art der Schutzleistung zwei Fragestellungen: Liegt Rivalität vor, und liegt Exkludierbarkeit vor? Aus den Antworten auf diese Grundfragen lässt sich ableiten, ob es sich bei der Schutzleistung um ein öffentliches Gut (prototypisches Kollektivgut), um ein privates Gut (Individualgut), oder um einen der „Mischfälle“ Klubkollektivgut oder Allmende-Gut (Quasikollektivgut) handelt.
Besteht nun Verwendungsrivalität im ökonomischen Sinne? Beschneidet also die Durchführung eines Kontroll- und Sicherheitsdienstes in einem öffentlichen Verkehrsmittel die Möglichkeiten anderer potenzieller „Nutzer“ an dieser Schutzleistung?
In Bezug auf den Kontrolldienst kann man zwar zumindest bezüglich der unmittelbaren Wirkung von einer Verwendungsrivalität ausgehen – Kontrollen können von einem Team zu einem gegebenen Zeitpunkt jeweils nur in einem Fahrzeug durchgeführt werden, während in anderen Fahrzeugen Schwarzfahrer unbehelligt bleiben. In Bezug auf den Sicherheitsdienst gilt dies ebenfalls. Reisende in anderen Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs haben unmittelbar nichts davon, dass in anderen Fahrzeugen kontrolliert und patrouilliert wird.
Allerdings wirken mittelbare Effekte auch in anderen Fahrzeugen, da die Kontroll- und Sicherheitsdienste bewusst für die Reisenden möglichst unvorhersehbar eingesetzt werden.[1] So kann sich kein Schwarzfahrer sicher fühlen, und Straftäter, die Sachbeschädigungen begehen oder Personen belästigen, bestehlen oder körperlich bedrängen wollen, müssen ständig mit dem Eingreifen der Sicherheitskräfte rechnen. Auch innerhalb des Fahrzeuges spielt die Rivalität keine Rolle – alle Mitfahrenden werden in gleicher Weise kontrolliert und sind in gleicher Weise geschützt.
Zusammenfassend kann aus unserer Sicht davon ausgegangen werden, dass Verwendungsrivalität vornehmlich nicht vorliegt.
Liegt also Verwendungsrivalität nicht vor, können wir die „richtige“ Zuordnung der Schutzleistung in unserem Modell von vier auf zwei Gütertypen verengen. Privates Gut und Allmende-Gut scheiden aus, es bleiben öffentliches Gut und Klubkollektivgut zur Auswahl.
Und besteht Exkludierbarkeit, kann also der Nutznießer der Schutzleistung andere potenzielle Nutznießer von der Mitnutzung ausschließen? Hier hängt es davon ab, wer als Nutznießer betrachtet wird.
Betrachtet man die Betreibergesellschaften als Nutznießer, so gilt: Diese können andere ausschließen, und dies ist auch der typische Fall. Selten werden dieselben Kontrolleure und Ordner beispielsweise sowohl in den Bussen der einen und den S-Bahnen der anderen Gesellschaft einsetzt werden. Nehmen wir das Kriterium der Exkludierbarkeit als gegeben an, verengt sich die Auswahl der Gütertypen auf eines – das Klubkollektivgut.
Betrachtet man hingegen die Fahrgäste als primäre Nutznießer, gälte bis zu einem gewissen Grade das Gegenteil – niemand mit einem Fahrschein kann vom Nutzen ausgeschlossen werden, insofern die Person sich an die Beförderungsbedingungen und das Hausrecht hält. Alle Fahrgäste profitieren[2] von den Vorteilen des Sicherheitsdienstes – mittelbar aufgrund des Präventions-und Abschreckungseffektes gegenüber Straftätern sogar diejenigen, die sich auf anderen Fahrzeugen befinden. Nehmen wir das Kriterium der Exkludierbarkeit unter diesem Gesichtspunkt als doch nicht gegeben an, verengt sich die Auswahl der Gütertypen ebenfalls auf eines – diesmal auf das öffentliche Gut. Argumentiert man hingegen so, dass die Exklusion über den (Nicht-)Kauf eines Fahrscheines stattfindet – mithin Fußgänger, Fahrrad- und Autofahrer weder in den Genuss der Schutzleistung kommen müssen noch können –, so wären wir wieder beim Klubkollektivgut. Wir gehen im Folgenden von dieser Gutseigenschaft aus.
Nun sind zwei Fragen zu beantworten: Wer soll aus ordnungspolitischer Sicht die Bereitstellung übernehmen, wer die Finanzierung?
Bereitstellungsaufgaben (oder auch: Versorgungs-) des Staates sehen Ökonomen grundsätzlich dort, wo beim aktuellen Stand der Technik eine Zuordnung zu „prototypischen und (…) Quasi-Kollektivgüter(n)“ erfolgt, und diese knapp sind (vgl. Grossekettler 1998, 8f.). Da es sich unserer Auffassung nach dagegen um ein Klubkollektivgut handelt, und eine privat organisierbare Marktfähigkeit vorhanden ist, ist die Bereitstellungsverantwortung für die Schutzleistung nicht beim Staat anzusiedeln (insofern es sich nicht um eine staatliche oder staatseigene Betreibergesellschaft handelt).
Die Finanzierung der Schutzleistung über Beiträge ist die angemessene Wahl. Dies geschieht in praktischer Form über einen Anteil des Ticket-Preises.
[1] Anm.: Hierbei handelt es sich jedoch nicht um externe Effekte im engeren Sinne. Die Wirkung sowohl auf Reisende innerhalb des kontrollierten Fahrzeugs als auch auf die in allen anderen Fahrzeugen wird aufgrund der Entscheidung der Betreibergesellschaft bzgl. des Personaleinsatzes erzielt. Betroffen sind also je nach Sichtweise ausschließlich an der Entscheidung Beteiligte (die Betreibergesellschaft) oder ausschließlich Unbeteiligte (die Fahrgäste). Externe Effekte dagegen wären die Auswirkungen der Entscheidung Beteiligter auf Unbeteiligte.
[2] Anm.: Gemeint sind an dieser Stelle rechtstreue Fahrgäste mit gültigem Fahrschein. Mit Straftätern sind wiederum nicht Schwarzfahrer gemeint – obwohl dies derzeit als Straftat und nicht als Ordnungswidrigkeit klassifiziert ist –, sondern Personen, die Sachbeschädigungen, Diebstähle und Rohheitsdelikte begehen.
Quellen:
Grossekettler, H. (1998), Staatsaufgaben aus ökonomischer Sicht, Volkswirtschaftliche Diskussionsbeiträge der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Nr. 274.