Wie sieht es nun mit der Herstellung aus? Im Szenario A) ist ersichtlich, dass neben der Bereitstellung auch die Herstellung der Schutzleistung durch die Versorger selbst als direkte Nutznießer vorgenommen werden sollte, bzw. sie privatwirtschaftliche Dienstleister damit beauftragen sollten.
Weniger eindeutig ist die beste Wahl im Szenario B), wenn also dem Staat zumindest die Bereitstellungsverantwortung zufällt – sollte der Staat auch die Herstellung des Schutzes selbst übernehmen, oder die Aufgabe (aus ökonomischer Sicht) an andere vergeben und damit die Schutzleistung extern beschaffen?
Hier werden in der Regel als Entscheidungshilfe verschiedene Arten von Kosten im weitesten Sinne betrachtet: Transformations-, Transaktions- und Verfahrenspräferenzkosten. Die Summe dieser drei Kostenarten gibt – ohne Berücksichtigung anderer Faktoren, allein durch die volkswirtschaftliche Brille – Aufschluss darüber, ob Eigenherstellung oder Vergabe lohnender sind.
Transformationskosten sind hier die Kosten, die aufgewandt werden müssen, um aus Vorleistungen die Schutzleistung zu erstellen. Konkret sind das hier vor allem die abzurechnenden Arbeitsstunden des Sicherheitspersonals. Für einfache Tätigkeiten (Fall 1) sollten hier private Sicherheitskräfte beispielsweise im Vergleich zu ausgebildeten staatlichen Sicherheitskräften (etwa Polizeibeamten) tendenziell günstiger sein, zumal diese für derartige Schutzaufgaben überqualifiziert und zahlenmäßig zu knapp sind. Transformationskosten fallen also vermutlich in geringerer Höhe an, wenn der Schutz an Unternehmen vergeben wird. (Für Fall 2 mit seinen komplexeren Anforderungen stellt sich allerdings zumindest der Personalkostenaspekt weniger eindeutig dar.[1] )
Transaktionskosten sind solche (Neben-)Kosten, die aufgrund von Informationsdefiziten als unvermeidbare „Reibung“ anfallen, aber nicht in ins Endprodukt eingehen – hier also in die Schutzleistung Schutz der Versorgungseinrichtungen. Such- und Informationsbeschaffungskosten (etwa bedingt durch Sichtung des Marktes und Bewertung potenzieller Anbieter sowie den Ausschreibungs-Aufwand), Anbahnungs-, Verhandlungs- und Vertragskosten (man denke an die Beauftragung von Unternehmensberatungen, Anwaltskanzleien, Notaren und Wirtschaftsprüfern), Abwicklungskosten und die möglicherweise zusätzlich anfallenden Kosten für die Beaufsichtigung und Kontrolle der erbrachten Schutzleistungen könnten hier ins Gewicht fallen. Es fallen also für die öffentliche Hand (höhere) Transaktionskosten an, wenn der Schutz an Unternehmen vergeben wird.[2]
Verfahrenspräferenzkosten spielen dann eine Rolle, wenn nennenswerter Machtmissbrauch bei der Erstellung des Produktes – hier der Erbringung der Schutzleistung – möglich ist. Polizeibeamte (und andere staatliche Sicherheitskräfte) handeln im Rahmen des öffentlichen Rechts grundsätzlich regelorientiert, private Sicherheitskräfte dagegen primär ergebnisorientiert (vgl. Grossekettler 1998, 11).
Dies könnte für den Einsatz behördlichen Personals sprechen, insofern bei diesem die Wahrscheinlichkeit einer unzulässigen Diskriminierung bspw. aufgrund behördlicher Kontrollprozesse geringer erscheint, und es am Markt private Anbieter zweifelhafter Zuverlässigkeit und Qualitätssicherung gibt.
Die Verringerung der Wahrscheinlichkeit von Machtmissbrauch kann eine kostenaufwendigere, aber regelorientiertere Herstellung rechtfertigen – letztlich ist das eine Präferenzfrage.[3] Betrachten wir nun den Schutz besonders kritischer Versorgungseinrichtungen, so spielen die Gefahr einer Unterwanderung durch aggressive Kräfte (feindliche Staaten, Terroristen, organisierte Kriminalität) eine möglicherweise entscheidende Rolle. Es steht zu vermuten, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung Verfahrenspräferenzkosten in Kauf nehmen würde, um eine Vergabe des Schutzes beispielsweise von Kernkraftwerken an Unternehmen zu vermeiden bzw. diese Schutzleistung dem Staat zu übertragen.
Weiterhin ist bei der Entscheidung, wer nun herstellen soll – Staat oder Markt – zu betrachten, ob eine Form von Marktversagen vorliegen könnte. Hier kommen in unserem Kontext vor allem infrage: Externe Effekte (Auswirkungen auf Unbeteiligte, für die keinerlei Ausgleich erfolgt – zum Beispiel räumliche Verdrängungs- und Verlagerungseffekte von Kriminalität), asymmetrische Informationen (Stichworte wären hier: principal agent, hidden action, hidden information, hidden characteristic und adverse selection) sowie Wettbewerbsbeschränkungen (Marktzutrittsbarrieren, Mengen- und Preisabsprachen usw.). Auch Rationalitätsdefizite (Fragen von Wollen und Eigeninteresse, Können und kognitiven Beschränkungen – vgl. Paefgen 2009, 210) könnten eine Rolle spielen. Natürliche Monopole sind dagegen nicht zu erwarten. Aus unserer Sicht sind im Zusammenhang mit dem Schutz der Infrastruktur der Wasser- und Energieversorgung hier in erster Linie principal agent-Probleme zu bedenken, die für eine staatliche Bereitstellung sprechen. Dieser Aspekt kommt gewissermaßen aus der gleichen Schublade wie das Thema Verfahrenspräferenzkosten – er spielt dann eine Rolle, wenn es private Schutzleistungsanbieter zweifelhafter Vertrauenswürdigkeit gibt.
[1] Anm.: Im Bereich des Cyber-Schutzes dürfte der Staat jedoch aktuell gar nicht über eine ausreichende Anzahl von eigenen hochqualifizierten Bediensteten verfügen, um den Schutz auch nur der bedeutendsten Wasser- und Energieversorgungseinrichtungen in eigener Ägide dezentral und vollumfänglich gewährleisten zu wollen. Das spricht derzeit für eine Herstellung durch private Dienstleister.
[2] Anm.: Für die beauftragten Unternehmen fallen ebenfalls Transaktionskosten an, etwa aufgrund von Faktor-Spezifität. Diese kann sich auf Standort, physische Investitionen, Humankapital usw. beziehen. Bei einer gesamtgesellschaftlichen, volkswirtschaftlichen – also nicht nur betriebswirtschaftlichen – Betrachtung sind diese strenggenommen ebenfalls zu berücksichtigen. Dies soll allerdings hier im Interesse einer aufs Wesentliche beschränkten Erörterung unterbleiben.
[3] Anm.: Beobachten kann man das beispielsweise bei der Steuererhebung, bei über die Vergabe von Spenderorganen entscheidenden Ethikkommissionen, bei der Strafverfolgung, bei staatlichen Streitkräften (im Gegensatz zu Söldnerfirmen) usw.
Quellen:
Grossekettler, H. (1998), Staatsaufgaben aus ökonomischer Sicht, Volkswirtschaftliche Diskussionsbeiträge der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Nr. 274.
Paefgen, A. (2009). Rationalitätsdefizite im Handeln von Controllern: Ausprägungsformen und Gegenmaßnahmen (Vol. 34). Springer-Verlag.