1. Gewaltmonopol des Staates ≠ Sicherheitsmonopol – Art. 33 Abs.4 GG
Das aus Art. 20 Abs. 2 GG abgeleitete Rechtsstaatsprinzip und die in Art. 33 Abs. 4 GG verankerte Konkretisierung überträgt die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel den Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Folgt man der Ansicht, dass der Staat allerdings nur das Gewaltmonopol besitzt, nicht aber das umfassende Sicherheitsmonopol, so kommt man zu dem Schluss, dass die private „Gewaltgestattung“ auf der Basis von Jedermann- und Selbsthilferechten grundsätzlich zulässig ist.[1] Das Rechtsinstitut der klassischen Beleihung scheitert an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit nach Art. 33 Abs. 4.[2]
2. Zugangsvoraussetzungen für Sicherheitsmitarbeiter – § 34 a Abs. 1a S. 2 Nr. 5 GewO
Bei der Durchführung von Bewachungen von zugangsgeschützen Großveranstaltungen gelten die Einsztellungsvoraussetzungen für Sicherheitsmitarbeiter nach § 34 a Abs. 1a S. 2 Nr. 5 GewO.[3] Hiervon betroffen sind nur die Mitarbeiter, die in leitender Funktion tätig werden. Diese müssen die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen und eine vor der Industrie- und Handelskammer erfolgreich abgelegten Sachkundeprüfung nachweisen. Daraus folgt, dass die übrigen Sicherheitsmitarbeiter keiner Sachkundeprüfung bedürfen.[4]
3. Jedermann-Rechte: Notwehr und Nothilfe – §§ 32 StGB, 15 OWiG, 227 BGB
Sobald das Eigentum oder Leib und Leben der Gäste oder von Dritten angegriffen oder bedroht wird, darf der Gewerbetreibende und seine Beschäftigten bei der Durchführung von Bewachungsaufgaben gegenüber Dritten nur die Rechte, die Jedermann im Falle einer Notwehr, eines Notstandes oder einer Selbsthilfe zustehen, die ihnen vom jeweiligen Auftraggeber vertraglich übertragenen Selbsthilferechte sowie die ihnen gegebenenfalls in Fällen gesetzlicher Übertragung zustehenden Befugnisse eigenverantwortlich ausüben.[5] Dabei zu beachten ist, dass in den Fällen der Inanspruchnahme dieser Rechte und Befugnisse der Grundsatz der Erforderlichkeit zu beachten ist.[6] Davon umfasst sind die im Rahmen des Hausrechtsbereichs zustehenden Rechte, etwa das Aussprechen eines Hausverbots, die Aufforderung zum Unterlassen, je nach Intensität des Angriffs auch die Anwendung von körperlichem Zwang zur Zurückhaltung und Ergreifung, um den Angreifer der Polizei zu übergeben.[7]
4. Zivilrechtliche Selbsthilferechte – §§ 229, 859, 860 BGB
Sobald vertraglich delegierte Rechte des Besitzers wahrgenommen werden, ist es im Rahmen der zivilrechtlichen Selbsthilfe auch dem Besitzdiener erlaubt das Hausrecht z. B. in Form von oberflächlichen Durchsuchungen oder der Entfernung eines Störers durchzusetzen. Dieses Recht endet an der Grenze des befriedeten Besitztums, so dass keine Durchsetzung des Hausrechts auf angrenzendem öffentlichen Straßenraum möglich ist.[8] Daher ist nur der Schutz von Individualrechtsgütern davon umfasst.[9] Ferner gelten unter Beachtung der Selbsthilfe nach § 230 BGB folgenden Handlungen als gerechtfertigt:[10]
Wegnahme, Zerstörung, Beschädigung von Sachen
Festnahme des Fluchtverdächtigen
Beseitigung von Widerstand auf Seiten des Täters mit Mitteln der Gewalt.
5. Zivilrechtliche Notstände – §§ 228, 904 BGB
Durch den sog. Verteidigungsnotstand, der in § 228 BGB kodifiziert ist und durch den Angriffsnotstand gem. § 904 BGB ergänzt wird, kann auf fremde Sachen eingewirkt werden, die eine Gefahr ausstrahlen. Vorstellbar sind etwa die Angriffe von Hunden, die zwar im Sinne des § 90 a BGB keine Sachen darstellen, jedoch rechtlich wie solche zu behandeln sind.[11]
6. Festnahmerecht – § 127 I StPO
Schließlich sind die Sicherheitsmitarbeiter, die für Sicherheit bei (Groß-)Veranstaltungen eingesetzt werden gem. § 127 Abs. 1 StPO zur vorläufigen Festnahme befugt, sofern eine Identitätsfeststellung des Täters nicht möglich ist oder ein Fluchtverdacht besteht und dem ein Hausfriedensbruch gem. § 123 StGB vorausgegangen ist.[12] Das Festhalten eines Gastes oder Störers kann in Abhängigkeit der Schwere eines vorausgegangenen Delikts und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch ein festes Zupacken, Fesseln oder im Extremfall das Abgeben eines Warnschusses erlauben.[13] In beiden Fällen ist das Festhalterecht nur bis zum Eintreffen von Polizeibeamten zulässig.
Quellen:
[1] Vgl. Pielow in: Stober/Olschok, Handbuch des Sicherheitsgewerberechts, Kap. F. III, Rn. 12; Stober, Rolf, Staatliches Gewaltmonopol und privates Sicherheitsgewerbe, NJW 1997, 889 (889); Stober, Rolf, Private Sicherheitsdienste als Dienstleister für die öffentliche Sicherheit?, ZRP 2001, 260 (261).
[2] Klüver, Zur Beleihung des Sicherheitsgewerbes mit Aufgaben der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, S. 305-307.
[3] Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, § 34a, Rn. 38.
[4] Arning, in: Stober/Olschok/Gundel/Buhl, Managementhandbuch Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit, Kap. B, Rn. 811.
[5] Pielow in: Stober/Olschok, Handbuch des Sicherheitsgewerberechts, Kap. F. III, Rn. 26.
[6] Siehe § 34a Abs. 5 S. 1 u. 2 GewO.
[7] Stober, Gesetzlich normierte Kooperation zwischen Polizei und privaten Sicherheitsdiensten, S. 125.
[8] Pielow in: Stober/Olschok, Handbuch des Sicherheitsgewerberechts, Kap. F III, Rn. 27.
[9] Arning, in: Stober/Olschok/Gundel/Buhl, Managementhandbuch Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit, Kap. B, Rn. 812.
[10] Panne, in: Stober/Olschok/Gundel/Buhl, Managementhandbuch Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit, Kap. J, Rn. 15.
[11] Panne, in: Stober/Olschok/Gundel/Buhl, Managementhandbuch Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit, Kap. J, Rn. 17.
[12] Panne, in: Stober/Olschok/Gundel/Buhl, Managementhandbuch Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit, Kap. J, Rn. 19.
[13] Weiner, Privatisierung von staatlichen Sicherheitsaufgaben, S. 247-248.