Beschreibung – Betrieb von Justizvollzugsanstalten

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Beim Betrieb von Justizvollzugsanstalten handelt es sich um eine Schutzleistung, die in Deutschland in der Regel von öffentlichen Justizvollzugsbehörden erbracht wird. Im Kern umfasst dieses Aufgabengebiet die Gewährleistung des Straf- und Haftvollzugs über den Einschluss von Strafgefangenen und Untersuchungsgefangenen, Maßnahmen der Gefangenenüberwachung und des Gebäudewachschutzes. Während diese Kernfunktionen des Haft- bzw. Strafvollzugs inklusive der Organisationshoheit grundsätzlich in öffentlicher Verantwortung stehen, sind in jüngerer Zeit jedoch einzelne teilprivatisierte Justizvollzugsanstalten entstanden, in denen bestimmte Nebenaufgaben des Betriebs – von der Hausverwaltung über die Versorgung bis hin zu den sozialen Diensten und den Arbeitswerkstätten – von privaten Dienstleistern erfüllt werden. Die Tätigkeit der privaten Partner beschränkt sich jedoch auf Dienst- und Serviceleistungen im weiteren Sinne und schließt Eingriffsbefugnisse gegenüber Gefangenen aus.

Quelle: 

Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages. (2007). Abgerufen am 23. August 2019 von https://www.bundestag.de/blob/407046/27f9d04e8dc54423e2696a2cc058251f/wd-7-076-07-pdf-data.pdf

Betriebswirtschaftlich – Betrieb von Justizvollzugsanstalten

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Sicherheitsdienstleistungsunternehmen entscheiden auf der Grundlage verschiedener Faktoren, sich an Ausschreibungen bez. einer bestimmten Schutzleistung zu beteiligen oder die jeweilige Leistung grundsätzlich zukünftig neu bzw. nicht mehr anzubieten. In einem engen Abstimmungsprozess mit Vertretern von Sicherheitsdienstleistungsunternehmen unterschiedlichster Unternehmensgröße wurden die wesentlichen betriebswirtschaftlichen Faktoren für diesen Entscheidungsprozess ermittelt. Sie wurden als Einzel-Prüfkriterien definiert und finden im Folgenden Anwendung bei der Analyse der Schutzleistungen.[1] 

Weiterführende Bemerkungen sind dem Beitrag zur betriebswirtschaftlichen Perspektive zu entnehmen.

 

[1] Anm.: Existierende tarifvertragliche Bestimmungen sind zu beachten. Die Tarifbindung kann auf unterschiedlichen Grundlagen beruhen. Mitglieder des BDSW sind satzungsgemäß an die Tarifverträge gebunden. Werden die Tarifverträge vom jeweiligen Arbeitsminister für allgemeinverbindlich erklärt, gelten sie für alle Unternehmen, die vom Geltungsbereich des Tarifvertrages erfasst werden, im für allgemeinverbindlich erklärten Umfang. Da die Lohnkosten mit ca. 90 % Hauptbestandteil der Kosten für Sicherheitsdienstleistungen sind, ist eine hohe Tarifbindung wichtig für einen fairen Wettbewerb. Die Allgemeinverbindlicherklärung hat daher eine sehr große Bedeutung.

Für Tätigkeiten von (Sicherheits-)Mitarbeitern in Gefängnissen (Justizvollzug, Maßregelvollzugsdienst) existieren in acht Bundesländern (Stand: November 2022) entsprechende tarifvertragliche Regelungen bzw. Lohn-/Entgeltgruppen. Hier sind Stundengrundlöhne/-entgelte zwischen 13,35 Euro-14,30 Euro vereinbart. In Sachsen-Anhalt sind außerdem Sicherheitshilfsdienste für verschiedene Tätigkeiten zwischen 14,30 Euro-16,00 Euro tarifiert (vgl. BDSW Ländertarifverträge, 2022).[1]

Die Zahlung von Zuschlägen (Nachtzuschlag, Sonntagszuschlag, Feiertagszuschlag) ist bei dieser Schutzleistung ebenfalls zu berücksichtigen. Diese variieren je nach Bundesland (vgl. BDSW Entgeltübersicht, 2022).[2]

Zulagen für Mitarbeiter, die in Gefängnissen tätig sind, sind in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen tarifvertraglich vereinbart und liegen zwischen 0,60 Euro-1,80 Euro. [3]

Die Anzahl der einzusetzenden (Sicherheits-)Mitarbeiter hängt von den Anforderungen des jeweiligen Auftrags ab und kann hier nicht allgemein bewertet werden.

 

[1] Anm.: Weitere Regelungen hinsichtlich der Entlohnung sind unternehmens- und/oder auftragsabhängig. Sollten Auftraggeber z. B. den Einsatz von Fachkräften für Schutz und Sicherheit fordern, sind die entsprechenden Lohn-/Entgeltgruppen zu beachten. 

[2] Anm.: Teilweise existieren in einzelnen Bundesländern besondere Bedingungen bzw. Einschränkungen bez. der Zahlung von Zuschlägen (z. B. bestimmte Zeitkorridore für den Nachtzuschlag/Sonntagszuschlag).

[3] Anm.: Weitere Zulagen (z. B. für Schichtführer) sind den einzelnen Tarifverträgen zu entnehmen.

Quellen:

Bundesverband der Sicherheitswirtschaft e.V. (2022). Entgeltübersicht für Sicherheitsmitarbeiter in ausgewählten Entgeltgruppen ohne Zulagen in € (Stand: 1. Oktober 2022). Abgerufen am 2. November 2022 von https://www.bdsw.de/images/tarifuebersichten/2022/Uebersicht_Entgelt_2022_1001c.pdf.

Bundesverband der Sicherheitswirtschaft e.V. (2022). Ländertarifverträge. Abgerufen am 3. November 2022 von https://www.bdsw.de/tarife/laendertarifvertraege.

Der Umfang der vom Auftragnehmer zu stellenden Ausstattung/FEM ergibt sich aus den Anforderungen des jeweiligen Auftrags und lässt sich hier nicht allgemein darstellen. So werden teilweise alle zur Erfüllung des jeweiligen Auftrags erforderlichen Mittel vom Auftraggeber gestellt. Ebenso kann aber auch der Auftragnehmer aufgefordert werden, sämtliche Ausstattungs- und Einsatzmittel selbst zu stellen. In Abhängigkeit von den jeweils geforderten Tätigkeiten können diese z. B. umfassen: sicherheitstechnische Einrichtungen, Fuhrpark, Küchenausstattung, Büromaterial, medizinische Geräte etc. (siehe Klauer, 2012; siehe Scholze & Siemon, 2018, S. 65 f.).

Regelungen bezüglich der Ausstattung der Mitarbeiter mit Dienstkleidung und Dienstausweis sind den entsprechenden tarifvertraglichen Regelungen sowie der Bewachungsverordnung zu entnehmen (vgl. §§ 18, 19 BewachV; vgl. BDSW Bundesweite Tarifverträge, 2022; vgl. BDSW Ländertarifverträge, 2022).

 

Quellen:

Bewachungsverordnung vom 3. Mai 2019 (BGBl. I S. 692), die durch Artikel 2 der Verordnung vom 24. Juni 2019 (BGBl. I S. 882) geändert worden ist.

Bundesverband der Sicherheitswirtschaft e.V. (2022). Bundesweite Tarifverträge. Abgerufen am 3. November 2022 von https://www.bdsw.de/tarife/bundesweite-tarifvertraege.

Bundesverband der Sicherheitswirtschaft e.V. (2022). Ländertarifverträge. Abgerufen am 3. November 2022 von https://www.bdsw.de/tarife/laendertarifvertraege.

Klauer, C. (2012). Ausstattung, Führungs- und Einsatzmittel. In R. Stober, H. Olschok, S. Gundel, & M. Buhl (Hrsg.), Managementhandbuch Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit (S. 566-573). Stuttgart: Richard Boorberg Verlag.

Scholze, B., & Siemon, H. (2008). Ausschreibung von Sicherheitsdienstleistungen. Praxisleitfaden für Ausschreibungen und Teilnahme an Ausschreibungen durch Sicherheitsdienste. Stuttgart: Richard Boorberg Verlag.

Die Anforderungen an das einzusetzende Personal und der damit zusammenhängende Verwaltungsaufwand hinsichtlich der Personalakquise sind stark auftragsabhängig und hier nicht allgemein zu bewerten.

Da es sich bei Justizvollzugsanstalten um besondere Sicherheitsbereiche handelt und die (Sicherheits-)Mitarbeiter im Rahmen der Verwaltungshilfe zum Einsatz kommen, ist eine besonders enge Abstimmung mit Auftraggebern erforderlich (vgl. Kötter, 2012).

 

Quelle:

Kötter, F. P. (2012). Justizdienste. In R. Stober, H. Olschok, S. Gundel, & M. Buhl (Hrsg.), Managementhandbuch Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit (S. 447-451). Stuttgart: Richard Boorberg Verlag.

Für Sicherheitsmitarbeiter, die unterstützend für Bewachungstätigkeiten in Justizvollzugsanstalten eingesetzt werden sollen (z. B. an der Pforte), bestehen derzeit keine rechtlichen Anforderungen an spezifische Qualifikationen (Aus- oder Fortbildungen).

Für Mitarbeiter, die in der Verwaltung eingesetzt werden oder soziale Dienste erbringen, bestehen derzeit keine rechtlichen Anforderungen an spezifische Aus- oder Fortbildungen, die über die jeweilige spezifische Berufsausbildung bzw. über das jeweilige spezifische Studium hinausgehen.

In Abhängigkeit von den jeweils geforderten Tätigkeiten sind besondere Einweisungen bzw. Schulungen erforderlich, z. B. hinsichtlich des Umgangs mit Gefangenen, Deeskalation, rechtlichen Grundlagen, Sicherheitsbestimmungen des jeweiligen Gefängnisses (vgl. Kötter, 2012, S. 449).[1]

[1] Anm.: Weitere Maßnahmen zur spezifischen Vorbereitung des Mitarbeiters (z. B. Schulungen, Weiterbildungen) sind unternehmensabhängig. 

Quelle:

Kötter, F. P. (2012). Justizdienste. In R. Stober, H. Olschok, S. Gundel, & M. Buhl (Hrsg.), Managementhandbuch Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit (S. 447-451). Stuttgart: Richard Boorberg Verlag.

Sonstige Kosten: Kosten für die Betriebshaftpflichtversicherung: Die Unternehmen sollten sicherstellen, dass sie über einen hinreichenden Versicherungsschutz verfügen, der alle Risiken absichert, die sich aus den jeweiligen Aktivitäten bzw. Aufträgen ergeben können (vgl. Scholze & Siemon, 2008, S. 58 ff.). Die in § 14 BewachV festgelegten Mindesthöhen der Versicherungssummen reichen hier in der Regel nicht aus. Der BDSW empfiehlt seinen „Mindeststandard Betriebshaftpflicht“.

 

Quellen:

Bewachungsverordnung vom 3. Mai 2019 (BGBl. I S. 692), die durch Artikel 2 der Verordnung vom 24. Juni 2019 (BGBl. I S. 882) geändert worden ist.

Scholze, B., & Siemon, H. (2008). Ausschreibung von Sicherheitsdienstleistungen. Praxisleitfaden für Ausschreibungen und Teilnahme an Ausschreibungen durch Sicherheitsdienste. Stuttgart: Richard Boorberg Verlag.

Die Teilprivatisierung von Dienstleistungen in Gefängnissen wird von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabt und schränkt den Kreis der potenziellen Anbieter dieser Schutzleistung bundesweit folglich ein. Auch der Umfang von Ausschreibungen entsprechender Aufträge kann sich bundesweit deutlich unterscheiden, mit daraus resultierenden Auswirkungen auf die Anforderungen an potenzielle Auftragnehmer. Sollten private Dienstleister mit Sicherheitsaufgaben beauftragt werden (z. B. an der Pforte, in der Sicherheitszentrale, im Fuhrpark), müssen eingesetzte Sicherheitsmitarbeiter derzeit über die gewerberechtlichen Zugangsvoraussetzungen Unterrichtung oder Sachkunde gemäß § 34a GewO verfügen (siehe auch: auftragsabhängiger Qualifizierungsaufwand). Mitarbeiter, die in anderen Bereichen eingesetzt werden sollen, müssen über die jeweiligen berufsspezifischen Qualifikationen verfügen (siehe auch: auftragsabhängiger Qualifizierungsaufwand). Vor dem Hintergrund des Einsatzes in besonderen Sicherheitsbereichen sind jedoch zusätzliche besondere Einweisungen bzw. Schulungen erforderlich (vgl. Kötter, 2012).

 

Quellen:

Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202), die zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1174) geändert worden ist.

Kötter, F. P. (2012). Justizdienste. In R. Stober, H. Olschok, S. Gundel, & M. Buhl (Hrsg.), Managementhandbuch Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit (S. 447-451). Stuttgart: Richard Boorberg Verlag.

Technisch – Betrieb von Justizvollzugsanstalten

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Dieser Abschnitt stellt Technologien vor, die derzeit oder in absehbarer Zukunft beim Betrieb von Gefängnissen Verwendung finden können sowie mögliche Herausforderungen, die daraus für das eingesetzte Personal resultieren. Das Ziel ist es, mögliche und wahrscheinliche Auswirkungen auf das Angebot von Schutz abzuleiten und zu skizzieren, wie sich Dienstleistungsangebote auf dieser Basis verändern könnten. Abschließend werden einzelne technische Entwicklungen dargestellt und bewertet, die eine wesentliche Neuorientierung im untersuchten Bereich nötig machen könnten.

Der Betrieb von Gefängnissen umfasst eine Vielzahl von Aufgaben, die teilweise nur im weiteren Zusammenhang mit der eigentlichen Sicherheitsdienstleistung betrachtet werden können. Mit einem Kern an staatlichen Aufgaben, sind die privatisierbaren Arbeitsbereiche begrenzt: Neben der Bewachung der Liegenschaften, der Hausverwaltung und der Versorgung (Küche und Krankenstation) gehören hier insbesondere Dienstleistungen im Bildungs- und Betreuungsbereich dazu. Die Perspektive auf technische Entwicklungen in diesem Bereich muss daher verschiedene Zielvorgaben berücksichtigen: Einerseits können Innovationen dazu beitragen, die eigentlichen Kernaufgaben effektiver zu gestalten, um so den Schutzzweck im engeren Sinne bestmöglich zu unterstützen. Andererseits können Technologien dazu beitragen, dass zusätzliche „Rand-Aufgaben“ übernommen werden können und sich damit die Handlungsspielräume der Sicherheitsdienstleister erweitern. Sie dienen dann aber nur mittelbar dem eigentlichen Schutzzweck. Schließlich können neue Innovationen auch die Effizienz der zu tätigenden Leistungen steigern – unabhängig ob sie zur Kernaufgabe gehören oder nicht. Insbesondere im Kontext der nicht zur Kernaufgabe gehörenden Bereiche, die Sicherheitsdienstleister also zusätzlich übernehmen können, stellen sich allerdings grundlegende Fragen nach Geschäfts- und Finanzierungsmodellen.

Mithilfe von miteinander gekoppelten Informationsmedien wie digitalen Anzeigetafeln, Durchsagen und Pagern können Informationen koordiniert und integriert werden. Dies gilt für die Kommunikation der Sicherheitsdienstleister mit Ihrem Personal ebenso wie mit dem staatlichen Wachpersonal oder den Inhaftierten. Auf unterschiedlichen Informationskanälen können Zuwege abgestimmt werden sowie Lauf-, Flucht- und Rettungswege koordiniert werden.[1]

Auch die Wartung und Instandhaltung von Haus- und Sicherheitstechnik zählt zu privatisierbaren Aufgaben im Gefängnis. Entsprechend sind hier mit der immer größeren Verbreitung von Sensorentechnologien (IoT) Veränderungen denkbar: Mit diesen vernetzten Technologien können auch Türen, Schlösser, Rohre oder Zäune veränderte Belastungen oder Verschleißerscheinungen selbst detektieren und melden.

Die Herausforderung in Bezug auf die Infrastruktur besteht darin (a) die von zahlreichen Sensoren erfassten Informationen (teil-)automatisiert zu analysieren (Vorverarbeitung von Datenströmen, Identifikation von definierten „Ereignissen“ in den Datenströmen), und (b) die Einzelinformationen zu einem Bild der Gesamtlage zusammen zu führen. Hardwareseitig geht es dabei in erster Linie um eine sichere und störungsfreie Informationsübertragung. Softwareseitig stehen Analysealgorithmen, Methoden der Datenfusion und Aggregation[2] sowie der Visualisierung des Lagebildes im Vordergrund. Die Gesamtinfrastruktur lässt sich dabei als eine Kombination verteilter Systeme[3] und / oder Dienste[4] ansehen. Bei der Datenanalyse kommen neben regelbasierten Ansätzen zur Identifikation komplexer Ereignisse, z. B. softwarebasierte Produktionsregelsysteme wie Drools[5], auch Methoden aus der künstlichen Intelligenz zum Einsatz (letztere insbesondere bei „unsicheren“ Lagebildern)[6].

Die Bereitstellung von digitalen Angeboten an Inhaftierte ist derzeit beschränkt.[7] Eine Lockerung würde jedoch für den Bereich der pädagogischen Arbeit und schulischen Bildung der Gefangenen erhebliche Veränderungen bedeuten: Die Online-Überwachung, aber auch Online-Therapie[8]– und Bildungsangebote werden notwendig und denkbar.

Gerade in Gefängnissen als geschlossene Infrastrukturen wäre zur Verbesserung und Sicherung des medizinischen Betriebes eine Entwicklung in Richtung Telemedizin denkbar.

 

Quellen:

[1] Willaredt (o. J.)

[2] Laudy, Claire, Henrik Petersson, and Kurt Sandkuhl. „Architecture of knowledge fusion within an Integrated Mobile Security Kit.“ 2010 13th International Conference on Information Fusion. IEEE, 2010.

[3] Varshney, Pramod K. Distributed detection and data fusion. Springer Science & Business Media, 2012.

[4] E. U. Kriegel, S. Pfennigschmidt and H. G. Ziegler, „Practical aspects of the use of a Knowledge Fusion Toolkit in safety applications,“ 2013 IEEE Eleventh International Symposium on Autonomous Decentralized Systems (ISADS), Mexico City, Mexico, 2013, pp. 1-4. doi: 10.1109/ISADS.2013.6513439

[5] Proctor, Mark. „Drools: a rule engine for complex event processing.“ Proceedings of the 4th international conference on Applications of Graph Transformations with Industrial Relevance. Springer-Verlag, 2011.

[6] Artikis, Alexander, et al. „Event processing under uncertainty.“ Proceedings of the 6th ACM International Conference on Distributed Event-Based Systems. ACM, 2012.

[7] https://www.fokus.fraunhofer.de/7872a2f88087cec0

[8] Z. B.: https://www.zeit.de/karriere/2016-11/psychologische-online-beratung-ausland-vorteile-termin

Bei der Überwachung sind verschiedene Bereiche zu unterscheiden: die physische Zutrittskontrolle, die Identitätskontrolle sowie die Überwachung des Geländes (inkl. der direkten Umgebung). Sowohl die physische Zutrittskontrolle als auch die Identitätskontrolle in Gefängnissen sind hoheitliche Aufgaben des Staates und bleiben hier daher weitgehend unbeachtet.[1]

Für die Überwachung der Gefängnisbereiche vor unerlaubtem Eindringen und Verlassen ist insbesondere eine Entwicklung in Richtung Videoüberwachung und Sensorik zu erwarten: Identifikation von Bewegungen im geschützten Bereich z. B. mit Hilfe von Infrarotsensoren und Lichtschranken oder mit Hilfe von „Smart Dust“, Identifikation des Durchbrechens von Barrieren wie z. B. Zäunen mit Hilfe von Erschütterungs- und Vibrationssensoren. Im Außenbereich besteht zudem zunehmend eine Gefahr durch kleine Flugobjekte wie z. B. nicht autorisierte Drohnen. Grundsätzlich stehen hierbei aktive Lösungen zur Verfügung, bei der der zu überwachende Bereich mit Hilfe von Radar oder Videoüberwachung gescannt wird, sowie passive Lösungen, die zum Beispiel auf eine akustische Detektion der Drohne oder auf die Detektion ausgestrahlter Funksignale (Downlink) abzielen.[2] Derzeit werden insbesondere Ansätze diskutiert, die im Millimeterwellenbereich, also im Bereich der 5G-Telekommunikationsfrequenzen operieren (und diese z. T. gezielt nutzen), um auch kleine Flugobjekte zuverlässig zu identifizieren.[3]

Daneben kann auch die Detektion auffälligen Verhaltens und gefährlicher Gegenstände relevant werden. Bezogen auf ersteres lassen sich mit bildgebenden Verfahren bereits jetzt bestimmte Arten von auffälligem Verhalten identifizieren: Bewegungslosigkeit / Stürze, ungewöhnliche Gehrichtung und Gehgeschwindigkeit von Einzelpersonen.[4] Mit einer entsprechenden technischen Weiterentwicklung kann auch Letzteres, z. B. die die Lagerung und der Handel von Drogen (als unbewegliche Objekte), mit entsprechenden Scanntechniken weiter erschwert werden. Zur Auffindung von gefährlichen oder verbotenen Gegenständen / Substanzen werden intelligente, mobile und schnelle Detektionstechnologien, denen sich eine Reihe von Forschungsprojekten in den letzten Jahren gewidmet haben, an Relevanz gewinnen, z. B. auf Basis von spektroskopischer Sensorik, Fluoreszenzanalysen und olfaktorische Detektoren (künstlicher Hund).[5]

 

Quellen:

[1] Technische Ideen diesbezüglich sind jedoch im Bezug auf Großveranstaltungen und Flüchtlingsunterkünfte auch Thema des Infoportals Sicherheitsdienstleistungen.

[2] M. M. Azari, H. Sallouha, A. Chiumento, S. Rajendran, E. Vinogradov and S. Pollin, „Key Technologies and System Trade-offs for Detection and Localization of Amateur Drones,“ in IEEE Communications Magazine, vol. 56, no. 1, pp. 51-57, Jan. 2018. doi: 10.1109/MCOM.2017.1700442

[3] D. Solomitckii, M. Gapeyenko, V. Semkin, S. Andreev and Y. Koucheryavy, „Technologies for Efficient Amateur Drone Detection in 5G Millimeter-Wave Cellular Infrastructure,“ in IEEE Communications Magazine, vol. 56, no. 1, pp. 43-50, Jan. 2018. doi: 10.1109/MCOM.2017.1700450

[4] Popoola, Oluwatoyin P., and Kejun Wang. „Video-based abnormal human behavior recognition—A review.“ IEEE Transactions on Systems, Man, and Cybernetics, Part C (Applications and Reviews) 42.6 (2012): 865-878.

[5] Beispiele: Projekt HANDHold (https://cordis.europa.eu/project/rcn/102760/factsheet/en, abgerufen 09. Mai 2019); Projekt CUSTOM (https://cordis.europa.eu/project/rcn/94695/factsheet/en, abgerufen am 09. Mai 2019); Projekt SNIFFER (https://cordis.europa.eu/project/rcn/102348/en, abgerufen am 09. Mai 2019)

Die Randaufgaben in einem Gefängnis, Wäsche- und Essensausgabe oder der Betrieb der Bibliothek sind einerseits privatisierbar, andererseits auch sehr gut technisch mit mobilen und vernetzten Lösungen umgestaltbar. So wären Wäscheautomaten, wie sie in Krankenhäusern bereits im Einsatz sind[1], auch in Gefängnissen denkbar. Auch im Bildungs- und Resozialisierungsbereich werden erste Projekte mit digitalen Anwendungen durchgeführt.[2] Allerdings sind insbesondere bei digitalen Geräten zur Interaktion mit Inhaftierten, Fragen von Manipulation, Diebstahl und Sabotage grundsätzlich virulent.

 

Quellen:

Bei der Frage nach dem passenden Ausrüstungsmaterial steht einerseits die Umsetzung des Schutzzwecks im Fokus und andererseits der Schutz der Sicherheitsdienstleister selbst bei ihrer Tätigkeit.

Inwieweit die Anschaffungen von physischen Sicherungen der Liegenschaft und der Eingangs- und Kontrollbereiche sowie Anschaffungen für feuerfeste Scheiben (Sicherheitsglas), Beschilderung und Fluchtwege, Löschapparaturen und Notstrom / Notschalter / Alarmknöpfe etc. im Aufgabenbereich der Eigentümer, Betreiber oder Sicherheitsdienstleister liegen, muss an anderer Stelle geklärt werden. Wichtig ist hervorzuheben, dass insbesondere vernetzte Technologien (z. B. aus dem SmartHome-Umfeld) neue Möglichkeiten der Interaktion bieten. So kann vernetzte Sensor-Aktor-Technologie automatische Warn- und Sicherheitsmechanismen (Fenster und Türen schließen, Belüftung abschalten bei Rauchentwicklung) aktivieren und auf digitalen Infostelen für die Bewohner die nötigen Informationen im Gefahrenfall bereitstellen.

Eine weitergehende Integration des Personals in die Vernetzung könnte sich zukünftig über Bodycams (Pervasive Wearables, smarte Brillen)[1] entwickeln, die nicht nur der Sicherheit und Steuerung der Personen dient, sondern auch die (gesetzlich geforderte) Dokumentationen von Einsätzen unterstützt.[2] Hier könnten allerdings Datenschutzregeln limitierend wirken (Filmen in Zellen als Wohnumgebung etc.). Ergänzend kann bei besonders beanspruchenden Tätigkeiten ein integriertes Psychomonitoring mit ggf. begleitender psychologischer Betreuung sinnvoll sein. Regelmäßige e-Trainings über Virtual Reality (VR)- oder Augmented Reality (AR)-Werkzeuge können hierbei eine wichtige prophylaktische als auch nachträgliche Ergänzung sein und können z. B. mit Übersetzungsfunktionalitäten (babelfish etc.) ergänzt werden. Mit ihnen können Gefahrensituationen simuliert (VR) oder inhaltlich begleitet (AR) werden. Sowohl Psychomonitoring als auch e-Trainings können über das Arbeitsequipment direkt mit der Tätigkeit rückgekoppelt werden, etwa durch spezielle Apps auf dem Diensthandy oder über Wearables und smarte Brillen.

Ähnliche personalisierte Überwachung mithilfe von Wearables – zum Beispiel Puls- oder Trackarmbänder bzw. Fußfesseln sind langfristig auch zum Einsatz bei Insassen denkbar. Grundsätzlich müssen bei allen Technologien für die Insassen besondere Ansprüche an die Manipulations- und Aufbruchssicherheit gestellt werden.

 

Quellen:

[1] Vgl. Carmen Molitor: „Martin Krzywdzinski: Bei den Wearables geht es noch ums Ausprobieren“; in: Magazin Mitbestimmung (https://www.magazin-mitbestimmung.de/artikel/Martin+Krzywdzinski%3A+„Bei+den+Wearables+geht+es+noch+ums+Ausprobieren“@7295?issue=7294; abgerufen am 09. Mai 2019)

Vernetzte Technologien haben das Potenzial, den Betrieb von Gefängnissen zentral und integriert zu unterstützen. Von der Steuerung der Gebäude- und Schließtechnik, über die Lageerkennung und Auswertung bis hin zur Aktivierung von Sicherheitsprozessen in kritischen Situationen können vernetzte Technologien einen hohen Grad an Automatisierung ermöglichen. Allerdings sind Grenzen sowohl im Kosteneinsatz als auch in der Resilienz der Technologien – auch gegen Angriffe durch die Insassen – kritisch zu sehen und lassen einen baldigen großflächigen Einsatz fraglich erscheinen.

Ohne verfassungsrechtliche Änderungen können im Wesentlichen drei Arten von Aufgaben durch Externe übernommen werden:  Maßnahmen der Gelände- und Infrastrukturüberwachung;  soziale und pädagogische Aufgaben sowie Facility-Aufgaben.

In den Bereichen der Überwachung und der Wartungs- bzw. Infrastrukturdienstleistungen sind für die Sicherheitsindustrie relevante technische Entwicklungen denkbar. Insbesondere Sensortechnologien scheinen hier relevant, zum Beispiel für Systeme zur frühzeitigen Erkennung von Fehlentwicklungen oder -funktionen, aber auch als sich immer stärker durchsetztender Teil multimodaler Überwachungssysteme. Daneben sind – bei entsprechendem Manipulationsschutz – auch (semi-)autimatisierte Lösungen, wie Reinigungsautomaten oder Überwachungsdrohnen denkbar.

Da die Organisationshoheit bei der derzeitigen rechtlichen Lage in staatlicher Hand verbleiben soll, sind neuere Entwicklungen bei Leitstellen und Kommunikationsinfrastrukturen im Bereich des Gefängnisses derzeit für die Sicherheitsangestellten weniger von Bedeutung.

Verwaltungswissenschaftlich – Betrieb von Justizvollzugsanstalten

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Grundsätzlich obliegt die Entscheidung darüber, in welcher staatlichen oder privaten Organisationsform Schutzleistungen erbracht werden sollen, dem politisch-demokratischen Prozess, wobei (verfassungs-)rechtliche Vorgaben den grundlegenden Rahmen setzen. Die Politik- und Verwaltungswissenschaft kann diesbezüglich keine aktiv-gestaltende Rolle einnehmen, sie kann jedoch als Reflexionsinstanz zur Klärung möglicher Entscheidungskriterien beitragen. Dazu wird ein Entscheidungsrahmen eingeführt, der sowohl effektivitäts-, effizienz-, als auch legitimitätsbezogene Zielgrößen berücksichtigt. In diesem Rahmen wird auf drei Einzelkriterien Bezug genommen: (1) Strategische Relevanz, (2) Spezifität, (3) Legitimität.

Das Kriterium der strategischen Relevanz berücksichtigt die Bedeutung einer Aufgabe für die Erreichung politisch gesetzter Ziele. Insbesondere bei strategisch relevanten Aufgaben muss garantiert sein, dass deren Erbringung gewährleistet und durch den Staat kontrollierbar ist. Damit steht die Steuer- und Regulierbarkeit der Schutzleistung auf dem Prüfstand.

Der Vorbehaltsbereich des Staates umfasst die Ausübung des Gewaltmonopols im Inneren. Weil der Strafvollzug in Gefängnissen unmittelbar auf (legitimen) Grundrechtseingriffen basiert, zählt er seit jeher zum Kernbestand öffentlicher Aufgaben, für die der Staat die Verantwortung trägt und deren Erfüllung er gewährleisten muss. Nicht nur, dass der Staat aufgrund der hohen strategischen Relevanz dieser Schutzleistung eine besondere Gewährleistungs- und Letztverantwortung trägt, auch obliegt ihm damit im Sinne des Funktionsvorbehalts (Art. 33 IV GG) in sehr weiten Teilen zugleich die Erfüllungsverantwortung. Das Agieren von Justizvollzugsbeamten, die in einem Dienst- und Treueverhältnis zum Staat stehen, unterliegt im Rahmen der demokratischen Kontroll- und Legitimationskette der Aufsicht durch staatliche Behörden und demokratische Gremien und ist damit formell einer rechtlichen Überprüfbarkeit unterworfen.

Auch wenn eine Privatisierung von Gefängnissen unter Umständen Kosteneinsparungen in Aussicht stellt und Effektivitätsgewinne verspricht, sind einer (partiellen) Auslagerung des Strafvollzugs an private Unternehmen damit sehr enge rechtliche Grenzen gesetzt. Hinzu kommt, dass im Fall von strategisch hochrelevanten Aufgaben insbesondere die staatliche Steuerungsfähigkeit gewährleistet sein muss. Damit steht außer Frage, dass die Organisationshoheit sowie die Kernfunktionen des Strafvollzugs in Erfüllungsverantwortung des staatlichen Hoheitsträgers verbleiben sollten. Sofern einzelne nachrangige Dienst- bzw. Serviceleistungen im Bereich des Strafvollzugs im Rahmen der Verwaltungshilfe an private Unternehmen bzw. deren Bedienstete übertragen werden, müssen weitreichende Aufsichts- und Regulierungsinstrumente installiert werden, welche die staatliche Steuerungsfähigkeit sicherstellen. Die graduelle Abgabe von Gestaltungskompetenz wäre zudem durch eine sorgfältige Auswahl des Partners und ein strategisches Vertragsmanagement zu kompensieren (Edel & Grueb, 2010). Sofern über diese Maßnahmen garantiert ist, dass die Sachherrschaft in Händen des Staates verbleibt und keine Abhängigkeit von einzelnen privaten Dienstleistern entsteht, scheint die Gemeinwohlorientierung nicht gefährdet (Stienen, 2011, S. 253).

 

Quellen:

Edel, F. & Grüb, B. (2010). Public-Private Partnership im Bereich der Justizvollzugsanstalten. Verwaltung und Management, 16 (1), 42-50.

Stienen, L. (2011). Privatisierung und Entstaatlichung der inneren Sicherheit. Erscheinungsformen, Prozesse und Entwicklungstendenzen. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft.

Mit dem Prüfkriterium der Spezifität wird ein Maß für die Einzigartigkeit des mit einer Aufgabenerfüllung verbundenen Mitteleinsatzes eingeführt. Dies setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die den Einsatz spezialisierter Technologien oder Anlagen, spezifische Ausstattungen, Qualifikationen, Verfahrensregeln und Kompetenzen betreffen und als Auslagerungshürden gelten.

Eine vollständige Organisationsprivatisierung von Gefängnissen und damit eine Privatisierung des Strafvollzugs ist nach § 139 des derzeitigen Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen. Gleichwohl sind spezifische Aufgabenprivatisierungen im Strafvollzug möglich. Dies lenkt den Blick auf die verschiedenen Teilaufgaben innerhalb der Vollzugsanstalten. Diese unterscheiden sich hinsichtlich ihres Spezifitätsgrades zum Teil deutlich voneinander, wodurch de jure gewisse Spielräume für den Einsatz privater Sicherheitsakteure entstehen. Dementsprechend gibt es de facto in einigen Justizvollzugsanstalten eine große Bandbreite an unterschiedlichen Varianten der Verantwortungs- und Arbeitsteilung zwischen staatlichen Sicherheitsbehörden und privaten Sicherheitsunternehmen. Grundsätzlich gilt hierbei, dass diejenigen Kernaufgabenbereiche des Strafvollzugs, die hochspezifische Tätigkeiten und Kompetenzen voraussetzen, also etwa hoheitsrechtliche Befugnisse verlangen, den Justizvollzugsbeamten vorbehalten sind (Funktionsvorbehalt nach Art. 33/IV GG). Dies gilt insbesondere für Bewachung und Einschluss der Häftlinge und die damit einhergehende Durchsetzung repressiver Vollzugsmaßnahmen (vgl. Stienen 2011, 227f.). Die Präsenz von Hoheitsträgern ist damit überall dort erforderlich, wo die Anwendung unmittelbaren Zwangs konkret im Raum steht. Nachrangige Vollzugsaufgaben hingegen, die nur mittelbar der Verwirklichung des staatlichen Strafanspruchs dienen, keine unmittelbare Grundrechtsrelevanz aufweisen und keine spezielle Behandlungskompetenz voraussetzen, können unter besonderen Umständen (Wirtschaftlichkeit, Personalmangel etc.) an private Dienstleister ausgelagert werden (Stober et al., 2004, S. 753; Jungk, 2002, S. 155). Mit Blick auf diese Aufgabenteilung von hochspezifischen und weniger spezifischen Tätigkeiten sind in einigen Bundesländern teilprivatisierte Justizvollzugsanstalten mit Pilotcharakter entstanden, in denen bestimmte Aufgabenbereiche – von der Hausverwaltung über die Versorgung bis hin zu den sozialen Diensten, den Arbeitswerkstätten und eng definierten Teilen der Bewachung – von privater Hand übernommen werden. Private Bedienstete werden hierbei als Verwaltungshelfer eingesetzt und sind damit weisungsgebunden. Wenngleich selbst dieser begrenzte Einsatz von privaten Verwaltungshelfern mitunter als verfassungsrechtlich bedenklich eingestuft wird, weil auch hierbei situativ Eingriffsmaßnahmen unmittelbar notwendig sein können (vgl. Kruis, 2000, S. 4f.), lautet der Tenor, dass eine Auslagerung dieser nachrangigen Aufgaben an private Unternehmen grundsätzlich sowohl mit dem Funktionsvorbehalt vereinbar ist, als auch mit dem Demokratie- und Sozialstaatsprinzip (Stienen, 2011, 236).

 

Quellen: 

Jungk, F. (2002). Police Private Partnership. Eine Untersuchung anhand verschiedener Modelle. Köln u.a.: Heymann.

Kruis, K. (2000). Haftvollzug als Staatsaufgabe. Zeitschrift für Rechtspolitik, 33 Jg., 1-32.

Stienen, L. (2011). Privatisierung und Entstaatlichung der inneren Sicherheit. Erscheinungsformen, Prozesse und Entwicklungstendenzen. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft.

Stober, R. (Hrsg.) 2004. Sicherheitsqualität durch Sicherheitsqualifikation – Neue Qualitätsentwicklungen im Sicherheitsgewerbe – Ergebnisse des 4. Hamburger Sicherheitsgewerberechtstages, Köln: Heymann.

Mit dem Prüfkriterium der Legitimität wird der politikwissenschaftlichen Einsicht Rechnung getragen, dass staatliches Handeln und Entscheiden nicht allein an den Maßstäben von Effektivität und Effizienz bemessen werden sollte, sondern auch an der faktischen Akzeptanz, die es durch die verschiedenen Anspruchsgruppen erfährt.

Die ersten konkreten Initiativen und Modellversuche einer Teilprivatisierung von Justizvollzugsanstalten wurden von politischer Seite gegen Ende der 1990er Jahre durchgeführt und fielen in eine Zeit, in der die Reformen des öffentlichen Sektors nach den Ideen des New Public Management en vogue waren. Sie waren getragen von der Hoffnung auf Effizienzoptimierung und fiskalische Entlastung der öffentlichen Haushalte. Nachdem diese Modellprojekte insgesamt eher gemischte Erfolgsbilanzen vorzuweisen haben und in vielen gesellschaftlichen Sektoren zunehmend die unerwünschten Nebenfolgen von Privatisierung zu Tage treten, werden Tendenzen einer fortschreitenden Privatisierung des Strafvollzugs heute von weiten Teilen der Gesellschaft eher kritisch beäugt. Auch mit Blick auf entsprechende Entwicklungen in anderen Ländern – allen voran den USA (vgl. u. a. Lukemeyer & McCorkle, 2006) – werden von verschiedener Seite Vorbehalte gegenüber einer Aufgabenübertragung an privatwirtschaftliche Unternehmen geäußert. Es werden dysfunktionale Effekte einer Ökonomisierung des Strafvollzugs erwartet, die zum Beispiel mit dem originären Auftrag der Resozialisierung der Gefangenen nicht kompatibel seien und die öffentliche Sicherheit gefährden. Insbesondere Sozialverbände und Menschenrechtsorganisationen stehen dieser Entwicklung kritisch gegenüber. Im politischen Diskurs ist sie sehr umstritten.

Ferner ist zu erwähnen, dass die entsprechenden Modellprojekte teilprivatisierter Justizvollzugsanstalten seit Anbeginn von Seiten der Medien und der Öffentlichkeit vergleichsweise aufmerksam und skeptisch begleitet werden. Zuletzt haben sicherheitsrelevante Vorfälle und entsprechende Verfehlungen privater Bedienstete  für ein großes und kritisches Medienecho gesorgt, das der gesellschaftlichen Akzeptanz von Privatisierungsbestrebungen insgesamt abträglich ist (vgl. u.a. Pieper, 3. April 2017).

 

Quellen:

Lukemeyer, A, & McCorkle, R. C. (2006). Privatization of Prisons. Impact on Prison Conditions. American Review of Public Administration, 36 (2), 189-194.

Pieper, M. (3. April 2017). Schließer sollen geschmuggelt haben: Illegaler Außenkontakt im Knast. Abgerufen am 03.08.2019 von https://taz.de/Schliesser-sollen-geschmuggelt-haben/!5393929/.

Beim Betrieb von Gefängnissen handelt es sich um eine Schutzleistung von sehr hoher strategischer Relevanz und, was den Kernbetrieb anbetrifft, ebenso hoher Spezifität. In Anbetracht dessen muss die Gewährleistungsverantwortung zwingend in staatlicher Hand verbleiben. Auch die Erfüllungsverantwortung sollte in der Regel beim Staat liegen, wenngleich sich bei den nachrangigen Vollzugsaufgaben durchaus Spielräume für den Einsatz privater Dienstleister ergeben. Diesbezüglich ist jedoch zu bedenken, dass deren Mitwirkung beim Betrieb von Gefängnissen in besonderem Maße legitimitätsbedürftig ist.

Volkswirtschaftlich – Betrieb von Justizvollzugsanstalten

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Aus wirtschaftspolitischer – genauer: ordnungspolitischer – und finanzwissenschaftlicher Sicht stellen sich bei Aufgaben im Bereich der Inneren Sicherheit grundsätzlich drei Fragen: Wer ist grundsätzlich für eine solche Aufgabe (Schutzleistung) verantwortlich, hat sie also bereitzustellen? Wer soll sie dann durchführen, also herstellen? Und schließlich, wer soll die Kosten tragen? Genauere Informationen zum analytischen Vorgehen – gewissermaßen dem Prüfschema aus volkswirtschaftlicher Perspektive – finden Sie im Text „Volkswirtschaftlich – Erklärung“.

Diese Fragen der Bereit- und Herstellung sowie der Finanzierung werden im Folgenden in knapper Form den Betrieb von Haftanstalten – genauer, Justizvollzugsanstalten[1] – erörtert: Gibt es aus ordnungspolitischer Sicht hier überhaupt eine denkbare Rolle privater Unternehmen? Falls ja, was wäre zu beachten?

 

[1] Anm: Wir betrachten hier also nicht die beispielsweise innerhalb von Psychiatrien vorgenommenen Zwangsmaßnahmen, die spätestens seit der Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über die Fixierung psychisch Kranker Anfang 2018 wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt sind (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2018). Das Thema benötigt unseres Erachtens jedoch eine gesonderte Betrachtung. Selbiges gilt für den Bereich Abschiebehaft, in dem in der Praxis teilweisende abweichende Kooperationsmodelle zu finden sind (vgl. bspw. Bongnartz 2018, S. 41). Ebenfalls hier nicht betrachtet werden Untersuchungshaft, Formen des präventiven Polizeigewahrsams wie bspw. die „Ausnüchterungszelle“ usw. sowie Gefangenentransporte.

Quelle:
Bongnartz, T. (2018), Abschiebungshaft JVA Büren: Berichte und Fotos rund um die Abschiebungshaft.

Bei der Schutzleistung geht es um Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Straf- und Haftvollzug, die von betrieblichen Tätigkeiten (wie Hausverwaltung, Nahrungsversorgung, fach- und sozialtherapeutischen Diensten, Betrieb von Wäschereien, Arbeits- und Werkstätten) über Zugangs- und Besucherkontrolle, Objektschutz sowie bestimmte Teilbereiche der Überwachung bis – zumindest in einigen angelsächsisch geprägten Ländern – hin zu Bewachung und Zwangsmaßnahmen gegenüber den Gefangenen reichen können.

In Deutschland gibt es unseres Wissens aktuell keine Tätigkeiten privater Dienstleister in Bereichen, die hoheitliche Eingriffsbefugnisse voraussetzen. Dies betrifft insbesondere die Organisationshoheit sowie Kernfunktionen des Vollzugs (vgl. Bundestag 2007), also die „Schließer-Aufgaben“ und Reaktion auf Alarmierungen. Wir betrachten im Folgenden lediglich die nach derzeitiger rechtlicher Situation an private Dienstleister übertragbaren Tätigkeiten, also explizit nicht Eingriffsmaßnahmen gegenüber Gefangenen.

Nutznießer der Schutzleistung sind in erster Linie die Justizverwaltungen der Bundesländer. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten gibt es in Deutschland keine Haftanstalten im Justizvollzug, die von Gebietskörperschaften auf kommunaler oder Bundesebene betrieben werden. Im indirekten und weitesten Sinne kann auch die Gesellschaft als Ganzes als Nutznießende verstanden werden, da sie von einem effektiven (Generalprävention) und effizienten (fiskalische Vorteile) Justizvollzugsdienst profitiert.

Quellen:
Bundestag (2007). Privatisierung im Strafvollzug. Ausarbeitung WD 7 – 076/07. https://www.bundestag.de/resource/blob/407046/27f9d04e8dc54423e2696a2cc058251f/wd-7-076-07-pdf-data.pdf, letzter Abruf 21.08.2019.

Frankfurter Allgemeine Zeitung (31.01.2018). Grade der Unfreiheit. Das Bundesverfassungsgericht verhandelt über die Fixierung von psychisch Kranken.

Nach dem standardisierten Prüfschema betrachten wir hier zwecks Ermittlung der Güter-Art der Schutzleistung zwei Fragestellungen: Liegt Rivalität vor, und liegt Exkludierbarkeit vor? Aus den Antworten auf diese Grundfragen lässt sich ableiten, ob es sich bei der Schutzleistung um ein öffentliches Gut (prototypisches Kollektivgut), um ein privates Gut (Individualgut), oder um einen der „Mischfälle“ Klubkollektivgut oder Allmende-Gut (Quasikollektivgut) handelt.

Besteht nun Verwendungsrivalität im ökonomischen Sinne? Beschneidet also die Durchführung von Tätigkeiten innerhalb einer Haftanstalt die Möglichkeiten anderer potenzieller „Nutzer“ bzgl. dieser Schutzleistung?  Die Antwort auf diese Frage hängt von der der Knappheit eingesetzter Kräfte ab. Aktuell fallen hier keine besonderen Engpässe auf, wie beispielsweise an der teilprivatisierten Justizvollzugsanstalt Hünefeld beobachtet werden kann. Nach Aussage der Anstaltsleitung ist es im Gegenteil so, dass sich bestimmte Fachkräfte wie beispielsweise im psychologischen Dienst flexibler am privaten Arbeitsmarkt einstellen lassen. Andere Funktionen wie der Betrieb von Küchen, Werkstätten, die Videoüberwachung usw. stellen vergleichsweise keine hohen Anforderungen an die Qualifikation der Mitarbeiter, sodass auch hier keine Engpässe beobachtet werden. Andere potenzielle Nutzer – also andere Bundesländer (da wir die Nutznießer auf Landesebene betrachten, gehen wir nicht von Rivalität der Haftanstalten eines Landes untereinander aus) – rivalisieren mithin nicht um knappe Arbeitskräfte. Wenn also keine Verwendungsrivalität vorliegt, können wir die „richtige“ Zuordnung der Schutzleistung in unserem Modell von vier auf zwei Gütertypen verengen. Es bleiben öffentliches Gut und Klubkollektivgut zur Auswahl.

Und besteht Exkludierbarkeit, kann also der Nutznießer der Schutzleistung andere potenzielle Nutznießer von der Mitnutzung ausschließen? Dies ist bei Betrachtung der Justizverwaltungen der Länder als Nutznießende möglich, bei Betrachtung der Gesellschaft als Ganzes nicht. In ersterem Fall liegt Exkludierbarkeit vor, da die Angestellten und Bediensteten oft nur einer Haftanstalt, und in aller Regel nur einem Bundesland, zur Verfügung stehen. Andere Länder können mithin nicht auf das Personal zugreifen. Je nach Sichtweise verengt sich die Auswahl im Güterschema also entweder auf das Klubkollektivgut (Justizverwaltungen der Länder als Nutznießende), oder aber auf das öffentliche Gut (Gesamtgesellschaft als Nutznießende).

Es handelt sich ordnungspolitisch bei der Schutzleistung „Betrieb von Haftanstalten“ je nach gewählter Sichtweise entweder um ein Klubkollektivgut oder um ein öffentliches Gut.

Nun sind zwei Fragen zu beantworten: Wer soll aus ordnungspolitischer Sicht die Bereitstellung übernehmen, wer die Finanzierung?

In Deutschland verantwortet der Staat in Form der Bundesländer aus hoheitlichen Gründen die Bereitstellung der Schutzleistung (nicht notwendigerweise der Gebäude der Haftanstalten, hier sind auch sogenannte Betreibermodelle denkbar), auch wenn diese nach dem Güterschema als Klubkollektivgut einzustufen sein sollte. Wie im Fall des öffentlichen Gutes[1] ist eine privat organisierbare Marktfähigkeit nicht vorhanden.

Die Finanzierung sollte im Falle eines Klubkollektivgutes über Beiträge erfolgen, die in der Praxis von den Bürgern des Bundeslandes über Steuern (auf Bundes- oder Landesebene) zu entrichten sind. Ist die Schutzleistung als öffentliches Gut zu betrachten, soll sie ohnehin über Steuern finanziert werden.

[1] Anm.: Bereitstellungsaufgaben (oder auch: Versorgungs-) des Staates sehen Ökonomen grundsätzlich dort, wo beim aktuellen Stand der Technik eine Zuordnung zu „prototypischen und (…) Quasi-Kollektivgüter(n)“ erfolgt, und diese knapp sind (vgl. Grossekettler 1998, 8f.).

Quelle:

Grossekettler, H. (1998), Staatsaufgaben aus ökonomischer Sicht, Volkswirtschaftliche Diskussionsbeiträge der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Nr. 274.

Wie sieht es nun mit der Herstellung aus – sollte der Staat das selbst übernehmen, oder die Aufgabe (aus ökonomischer Sicht) an andere vergeben und damit die Schutzleistung extern beschaffen?

Hier werden in der Regel als Entscheidungshilfe verschieden Arten von Kosten im weitesten Sinne betrachtet: Transformations-, Transaktions- und Verfahrenspräferenzkosten. Die Summe dieser drei Kostenarten gibt – ohne Berücksichtigung anderer Faktoren, allein durch die volkswirtschaftliche Brille – Aufschluss darüber, ob Eigenherstellung oder Vergabe lohnender sind.

Transformationskosten sind hier die Kosten, die aufgewandt werden müssen, um aus Vorleistungen die Schutzleistung zu erstellen. Konkret sind das hier vor allem die abzurechnenden Arbeitsstunden des Personals, sowie ggf. Nebenkosten des Betriebes (etwa der in der Küche einer Haftanstalt verarbeiteten Nahrungsmittel). Gehen wir davon aus, dass letztere sich beim Betrieb durch private Dienstleister nicht von denen beim direkten Betrieb durch Bedienstete der öffentlichen Hand unterscheiden – im zwecks Anschaulichkeit gewählten Beispiel, dass Nahrungsmittel gleicher Qualität, Menge und Beschaffungspreise verwendet werden – , geht es also einzig um Personalkosten.

Für Tätigkeiten im medizinischen, psychologischen und sozialtherapeutischen Dienst ist ein relativ hoher Ausbildungs- und Qualifikationsstand des mit der Aufgabe zu betrauenden Personals Voraussetzung. Mithin werden hier keine günstigeren (privaten) Sicherheitskräfte mit Qualifikationsniveau für einfache Aufgaben ausreichen können. Transformationskosten fallen aufgrund dieses Aspektes also vermutlich in nicht geringerer Höhe als bei Verwendung staatlichen Personals an, weshalb eine Vergabe an Unternehmen zunächst eher keine Kostenersparnis bedeuten würde. Allerdings kann eine Vergabe ein durch vermehrte Flexibilität einen bzgl. Vollzeitäquivalenten schlankeren Personalkörper bedeuten, da anderenfalls für zeitweise Nichtverfügbarkeit von Mitarbeitern (bspw. in Elternzeit) zusätzliche Planstellen der öffentlichen Hand vorgehalten werden müssten. Insgesamt ist der Effekt einer Vergabe auf die Transformationskosten also wahrscheinlich doch etwas dämpfend.

Transaktionskosten sind solche (Neben-)Kosten, die aufgrund von Informationsdefiziten als unvermeidbare „Reibung“ anfallen, aber nicht in ins Endprodukt eingehen. Es fallen für die öffentliche Hand (höhere) Transaktionskosten an, wenn unterstützende oder direkte Aufgaben im Rahmen der Schutzleistung an Unternehmen vergeben werden. (Umgekehrt gilt das ebenfalls in gewissem Umfang für beauftragte Unternehmen.[1]) Mutmaßlich sind die Transaktionskosten im Falle der Vergabe von Aufgaben in Justizvollzugsanstalten nicht unerheblich, da aufgrund der Natur der Tätigkeit und der politischen Sensibilität auch für unterstützende Tätigkeiten die Posten Beaufsichtigung und Kontrolle nicht unterschätzt werden dürfen.

Verfahrenspräferenzkosten spielen dann eine Rolle, wenn nennenswerter Machtmissbrauch bei der Erstellung des Produktes – hier der Erbringung der Schutzleistung – möglich ist. Beamte (des Justizvollzugs) handeln im Rahmen des öffentlichen Rechts grundsätzlich regelorientiert, private Sicherheitskräfte dagegen primär ergebnisorientiert[2] und möglichst kostensparend.

Die Verringerung der Wahrscheinlichkeit von Machtmissbrauch kann eine kostenaufwändigere, aber regelorientiertere Herstellung rechtfertigen – letztlich ist das eine Präferenzfrage. Im Justizvollzug spielt die Wahrung des Neutralitätsgebotes eine möglicherweise entscheidende Rolle, auch in Bezug auf die korrekte Behandlung der Gefangenen.[3]

Dies könnte für den Einsatz behördlichen Personals sprechen, insofern bei diesem die Wahrscheinlichkeit einer unzulässigen Diskriminierung bspw. aufgrund behördlicher Kontrollprozesse geringer erscheint, und es am Markt private Anbieter zweifelhafter Zuverlässigkeit und Qualitätssicherung gibt.

Auch eine gewisse Gefahr einer Unterwanderung ggf. zu beauftragender privater Unternehmen durch organisierte Kriminalität – konkret bezogen vor allem auf Korruption sowie Schmuggel von Waren (Waffen, Telefone, Betäubungsmittel[4]) und Informationen – ist nicht von der Hand zu weisen. Es steht zu vermuten, dass ein Teil der Bevölkerung Verfahrenspräferenzkosten in nicht unerheblicher Höhe in Kauf nehmen würde, um eine Vergabe der Durchführung von Aufgaben mit direktem Kontakt zu den Gefangenen oder der Absicherung nach außen inkl. der Besucherkontrolle in Justizvollzugsanstalten an Unternehmen zu vermeiden. Weniger ausgeprägt ist diese Haltung mutmaßlich in Bezug auf rein unterstützende bzw. betriebliche Tätigkeiten, etwa beim Betrieb der Küche, der Wäscherei etc.

Weiterhin ist bei der Entscheidung, wer nun herstellen soll – Staat oder Markt – zu betrachten, ob eine Form von Marktversagen vorliegen könnte. Hier kommen in unserem Kontext vor allem asymmetrische Informationen sowie ggf. Wettbewerbsbeschränkungen infrage. In Bezug auf asymmetrische Informationen sind aus unserer Sicht im Zusammenhang mit dem Themenkomplex Justizvollzug hier in erster Linie principal agent und möglicherweise adverse selection – Probleme zu bedenken, die für eine staatliche Herstellung sprechen. Dieser Aspekt kommt gewissermaßen aus der gleichen Schublade wie das Thema Verfahrenspräferenzkosten – er spielt dann eine Rolle, wenn es private Schutzleistungsanbieter zweifelhafter Vertrauenswürdigkeit gibt. Wettbewerbsbeschränkungen sind grundsätzlich denkbar (in den Vereinigten Staaten beispielsweise ist in diesem Sektor eine ausgeprägte Oligopolbildung zu beobachten[5]), aber aufgrund der bislang nur punktuellen Beteiligung privater Unternehmen in Deutschland a priori schwer zu beurteilen. Natürliche Monopole sind nicht zu erwarten. Rationalitätsdefizite (Fragen von Wollen und Eigeninteresse, Können und kognitiven Beschränkungen[6]) könnten eine Rolle spielen. 

[1] Anm.: Für die beauftragten Unternehmen fallen ebenfalls Transaktionskosten an, etwa aufgrund von Faktor-Spezifität. Diese kann sich auf Standort, physische Investitionen, Humankapital usw. beziehen. Bei einer gesamtgesellschaftlichen, volkswirtschaftlichen – also nicht nur betriebswirtschaftlichen – Betrachtung sind diese strenggenommen ebenfalls zu berücksichtigen. Dies soll allerdings hier im Interesse einer aufs Wesentliche beschränkten Erörterung unterbleiben.

[2] Vgl. Grossekettler 1998, S.11

[3] Anm.: In den Vereinigten Staaten sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Probleme aus der Praxis privat betriebener Justizvollzugsveranstaltungen bekannt geworden, die zu einer ausgeprägten Polarisierung bezüglich der Haltung der Wählerschaft zur Rolle Privater in Justizvollzugsanstalten geführt haben. Vgl. hierzu unter anderem Aman & Greenhouse (2014), Cummings & Lamparello (2016), Fulcher (2012), Khey (2015), Kruis (2000) Sekhonyane (2003), und Siegel (2016).

[4] Vgl. Der Spiegel, 2017.

[5] Vgl. Rieckmann 2017.

[6] Vgl. Paefgen 2009, S. 210.

Quellen:

Aman Jr, A. C., & Greenhouse, C. J. (2014). Prison privatization and inmate labor in the global economy: Reframing the debate over private prisons. Fordham Urb. LJ42, 355

Cummings, A. D. P., & Lamparello, A. (2016). Private prisons and the new marketplace for crime. Wake Forest JL & Policy6, 407.

Der Spiegel (2017). „handys sind jetzt in der küche. geil.“ Schmuggelskandal in JVA. Ausgabe 14/2017, https://www.spiegel.de/panorama/justiz/justizvollzugsanstalt-bremervoerde-mitarbeiter-schmuggelten-handys-und-drogen-in-den-knast-a-1141416.html, zuletzt abgerufen 25.11.2019.

Fulcher, P. A. (2011). Hustle and flow: Prison privatization fueling the prison industrial complex. Washburn LJ, 51, 589.

Grossekettler, H. (1998), Staatsaufgaben aus ökonomischer Sicht, Volkswirtschaftliche Diskussionsbeiträge der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Nr. 274.

Khey, D. N. (2015). Privatization of prison. The Encyclopedia of Crime and Punishment, 1-8.

Kruis, K. (2000). Haftvollzug als Staatsaufgabe. Zeitschrift für Rechtspolitik, 1-5.

Paefgen, A. (2009). Rationalitätsdefizite im Handeln von Controllern: Ausprägungsformen und Gegenmaßnahmen (Vol. 34). Springer-Verlag.

Rieckmann, J. (05.06. 2017). Privatization of Security Services: Comparing Approaches to Policing and Prisons across the Atlantic. https://www.aicgs.org/publication/privatization-of-security-services/ Zuletzt abgerufen 25.07.2019.

Sekhonyane, M. (2003). Public-private partnerships (PPP) in South African prisons: the pros and the cons. SA Crime Quarterly2003(3), 33-36.

Siegel, D. M. (2016). Internalizing Private Prison Externalities: Let’s Start With The GED. Notre Dame JL Ethics & Pub. Policy30, 101.

Zusammenfassend wird aus volkswirtschaftlicher Perspektive zur betrachteten Schutzleistung folgendes vorläufiges Fazit gezogen:

Die Bereitstellung sowie die Finanzierung sind zwingend Aufgaben des Staates. Die Frage der Herstellung ist ohne weitere Informationen nicht so eindeutig zu beantworten, mindestens die Herstellung der Kernaufgaben aber (Eingriffsmaßnahmen) ist aus unserer Sicht aufgrund von Verfahrenspräferenzkosten (neben anderen, nicht volkswirtschaftlichen Aspekten) ebenfalls zwingend staatliche Aufgabe. Für weisungs- oder mindestens detailliert vertragsgebundene unterstützende Tätigkeiten sehen wir Raum für die Tätigkeit vertrauenswürdiger privater Unternehmen.

Ob hier Staat oder Markt effizientere Hersteller sind, hängt von der Summe und Gewichtung der Transformations- (Tendenz: Pro Private für unterstützende Tätigkeiten), Transaktions- (Tendenz: Pro Staat) und Verfahrenspräferenzkosten (Tendenz: Pro Staat, abgesehen von Unterstützungsaufgaben) ab. Weiterhin kommt bei den unterstützenden Tätigkeiten viel auf die Qualität und Vertrauenswürdigkeit der Anbieter im Markt an. Hier spielen also die Rahmenumstände ebenso wie der politische Willensbildungsprozess besondere Rollen.

An dieser Stelle sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich hier um eine besonders sensible Schutzleistung in einem Kernbereich staatlichen Handelns dreht. Zweifel an der relativen Bedeutung ökonomischer Argumente im Vergleich zu anderen Aspekten sind nicht von der Hand zu weisen.