Grundsätzlich obliegt die Entscheidung darüber, in welcher staatlichen oder privaten Organisationsform Schutzleistungen erbracht werden sollen, dem politisch-demokratischen Prozess, wobei (verfassungs-)rechtliche Vorgaben den grundlegenden Rahmen setzen. Die Politik- und Verwaltungswissenschaft kann diesbezüglich keine aktiv-gestaltende Rolle einnehmen, sie kann jedoch als Reflexionsinstanz zur Klärung möglicher Entscheidungskriterien beitragen. Dazu wird ein Entscheidungsrahmen eingeführt, der sowohl effektivitäts-, effizienz-, als auch legitimitätsbezogene Zielgrößen berücksichtigt. In diesem Rahmen wird auf drei Einzelkriterien Bezug genommen: (1) Strategische Relevanz, (2) Spezifität, (3) Legitimität.
Das Kriterium der strategischen Relevanz berücksichtigt die Bedeutung einer Aufgabe für die Erreichung politisch gesetzter Ziele. Insbesondere bei strategisch relevanten Aufgaben muss garantiert sein, dass deren Erbringung gewährleistet und durch den Staat kontrollierbar ist. Damit steht die Steuer- und Regulierbarkeit der Schutzleistung auf dem Prüfstand.
Immer mehr Kommunen in Deutschland engagieren zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung private Sicherheitsdienstleister, die als „Kommunale City-Streifen“ eingesetzt werden. Deren Aufgaben gleichen nahezu denjenigen Aufgaben, die bei den Kommunen angestellte Beschäftigten der Kommunalen Ordnungsdienste (KOD) vollziehen. Beide Organisationsformen sind Streifendienste im öffentlichen Raum mit dem Schwerpunkt auf beispielsweise Spielplätze, Fußgängerzonen, Parkanlagen und -häuser, Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel, Marktplätze etc. Durch die zunehmende Belastung der Landespolizeibehörden sollen diese einen eigenen Beitrag zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie zur Stärkung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Bürgerinnen und Bürger leisten.
Im Kern ist die City-Streife als eine öffentliche Schutzleistung aufzufassen. Insofern geht hiermit im Prinzip eine staatliche Bereitstellungs- und Gewährleistungsverantwortung einher. Insoweit City-Streifen im öffentlichen Raum oder aber im behördlichen Auftrag agieren, sind sie somit den staatlichen Behörden aufsichtsunterworfen. Während die Ausgestaltung der gesetzlichen Grundlage für den Einsatz kommunaler City-Streifen in den Verantwortungsbereich der Länder fällt, obliegt deren Beauftragung den Städten und Gemeinden. Mit der Zuständigkeit der Kommunen ist insbesondere die Hoffnung auf eine größtmögliche Problemnähe verknüpft. Die kommunalen Entscheidungsträger haben schließlich umfassende Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten. Kommunale City-Streifen können dementsprechend gezielt zur Befriedung von Kriminalitätsschwerpunkten und zur Lösung lokaler Problemlagen eingesetzt werden. Gleichzeitig ist durch die Verantwortung der kommunalen Gebietskörperschaften ein höheres Maß an demokratischer Kontrolle zu erwarten. Demzufolge ist die Kontrolldichte schon aufgrund des direkten Adressaten- bzw. Bürgerkontakts der Tätigkeit sehr hoch. Darüber hinaus muss die Leistungserbringung der Privaten durch die zuständigen Organe auf der kommunalen Ebene beaufsichtigt und fortlaufend evaluiert werden. Dies vorausgesetzt ist jedoch mit Blick auf das Kriterium der strategischen Relevanz abzuleiten, dass Private im Rahmen der Verwaltungshilfe, aber nicht darüber hinaus am Vollzug der Schutzleistung beteiligt werden können. Schließlich handelt es sich beim Schutz des öffentlichen Raums um eine nicht übertragbare polizeiliche Kernaufgabe.
Mit dem Prüfkriterium der Spezifität wird ein Maß für die Einzigartigkeit des mit einer Aufgabenerfüllung verbundenen Mitteleinsatzes eingeführt. Dies setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die den Einsatz spezialisierter Technologien oder Anlagen, spezifische Ausstattungen, Qualifikationen, Verfahrensregeln und Kompetenzen betreffen und als Auslagerungshürden gelten.
Die Mitarbeiter der City-Streifen zeigen in erster Linie Präsenz und stehen als Ansprechpartner zur Verfügung. Weiterhin sollen sie bei Handgreiflichkeiten eingreifen, bei Bedarf Erste Hilfe leisten, gegebenenfalls Ordnungswidrigkeiten anzeigen oder das Hausrecht auf eingegrenztem kommunalen Grund durchsetzen. Kommunale City-Streifen verfügen zur Erfüllung der Aufgaben dabei aber ausschließlich über die Jedermanns-Rechte, d. h. die sie dürfen beispielsweise in der Regel weder Platzverweise aussprechen oder Identitäten feststellen. Diese Befugnisse sind den Mitarbeitern der KODs vorbehalten. Auch wenn die Polizei- und Ordnungsgesetze der Länder diesen zum Teil weitreichende Rechte einräumen, gestaltet sich die Praxis in den Städten und Gemeinden sehr unterschiedlich. In einigen Städten wie Heidenheim und Karlsruhe darf der KOD in eng definierten Fällen unmittelbarem Zwang anwenden, was ihm in anderen Kommunen durch die Entscheidung des beauftragenden Organs untersagt und dementsprechend der Polizei vorbehalten ist. Pläne einzelner Bundesländer, kommunalen City-Streifen im Polizei- und Ordnungsgesetz die gleichen Befugnisse einzuräumen wie KODs oder Hilfspolizisten sind bislang nicht bekannt. Angesichts der verfassungsrechtlichen Situation ist mit einem solchen Vorhaben aufgrund des Funktionsvorbehalts (Art. 33, Abs. 4 GG) kurzfristig nicht zu rechnen.
Mit dem Prüfkriterium der Legitimität wird der politikwissenschaftlichen Einsicht Rechnung getragen, dass staatliches Handeln und Entscheiden nicht allein an den Maßstäben von Effektivität und Effizienz bemessen werden sollte, sondern auch an der faktischen Akzeptanz, die es durch die verschiedenen Anspruchsgruppen erfährt.
Die Problematik der Legitimität kommunaler City-Streifen lässt sich exemplarisch an einem Vorfall im hessischen Villingen skizzieren. Dort reichte ein Bürger im Jahr 2014 Beschwerde ein, nachdem Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes dessen Personalien aufgrund einer Ordnungswidrigkeit aufgenommen hatten. Daraufhin forderte das Ministerium des Innern eine Klärung des Sachverhaltes. Insbesondere sollte die Frage geklärt werden, ob und welche hoheitlichen Aufgaben von hessischen Kommunen an City-Streifen übertragen wurden. Der Willinger Bürgermeister musste daraufhin einräumen, dass nicht nur Identitätsfeststellungen ungerechtfertigt erfolgten, sondern entgegen den Vorschriften auch Bußgelder verhängt wurden (Schuldt, 5. März 2015). Dieser Fall zeigt deutlich, welche Probleme hinsichtlich der Akzeptanz kommunaler City-Streifen bei Missachtung gesetzlicher Grenzen erwachsen können. Die empirische Studie von Obergfell-Fuchs (2000, S. 255) hat gezeigt, dass die Bevölkerung etwa die Personalienfeststellung durch private City-Streifen fast ausnahmslos als illegitim zurückweist.
Unter Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben ist es den Städte- und Gemeindevertretungen vorbehalten, die Befugnisse der privaten Mitarbeiter im Streifendienst den zu erledigenden Aufgaben anzupassen. In diesem Rahmen sind damit Formen der Bürgerbeteiligung (z. B. Bürgerforen, Befragungen) über die konkrete Ausgestaltung der City-Streifen denkbar, die deren Legitimität erhöhen können. Beachten die privaten Sicherheitsdienstleister hingegen ihren Kompetenzbereich, ist ihr Einsatz in den Kommunen aufgrund der geringen Eingriffswirkung hingegen vergleichsweise unproblematisch. Vielmehr ist anzunehmen, dass kommunale City-Streifen durch ihre Präsenz zur Verbesserung des subjektiven Sicherheitsgefühls beitragen und dadurch eine hohe Wertschätzung erfahren.
Quellen:
Obergfell-Fuchs, J. (2000). Möglichkeiten der Privatisierung von Aufgabenfeldern der Polizei. mit Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung Eine empirisch-
Schuldt, M. (05. März 2015). Willinger City-Streife stellte Wildpinkler. Abgerufen am 14.08.2018 von https://www.wlz-online.de/waldeck/bad-wildungen/willinger-city-streife-stellte-wildpinkler-5399798.htm.
Bei City-Streifen handelt es sich um eine Schutzleistung von vergleichsweise geringer Spezifität, woraus sich Spielräume für den Einsatz privater Sicherheitsdienstleister ergeben. Die Beurteilung der strategischen Relevanz von City-Streifen ist hingegen davon abhängig, ob und in welchem Ausmaß City-Streifen im öffentlichen Raum agieren. Ist dies nicht der Fall, tragen private Akteure neben der Erfüllungs- auch die Gewährleistungsverantwortung. Andernfalls muss die Gewährleistungsverantwortung in staatlichen Händen verbleiben, wohingegen auch in diesem Fall die Erfüllungsverantwortung auf privater Seite liegen kann – sofern die staatliche Aufsicht garantiert ist und etwaige gesellschaftliche Legitimitätsvorbehalte berücksichtigt werden.