Verwaltungswissenschaftlich – Erklärung

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Grundsätzlich obliegt die Entscheidung darüber, in welcher staatlichen oder privaten Organisationsform Schutzleistungen erbracht werden sollen, dem demokratischen Verfassungsprozess. Die Politik- und Verwaltungswissenschaft kann diesbezüglich keine aktiv-gestaltende Rolle einnehmen, sie kann jedoch als Reflexionsinstanz zur Klärung möglicher Entscheidungskriterien beitragen und gegebenenfalls entsprechende Empfehlungen formulieren. Dazu wird ein Entscheidungsrahmen eingeführt, der sowohl effektivitäts-, effizienz-, als auch legitimitätsbezogene Zielgrößen berücksichtigt. In diesem Rahmen wird auf drei Einzelkriterien Bezug genommen: (1) Strategische Relevanz, (2) Spezifität, (3) Legitimität.

Um die Frage nach den Möglichkeiten der Beteiligung privater Sicherheitsakteure an der Erbringung von Schutzleistungen zu beantworten, bedarf es grundsätzlich einer die jeweilige Schutzleistung in den Blick nehmenden Einzelfallbegutachtung. Diese Einzelfallbegutachtung muss durch systematische Überlegungen zum öffentlichen bzw. privaten Charakter einer Schutzleistung angeleitet werden, aus denen sich gegebenenfalls die konkreten Möglichkeiten und Restriktionen einer (teil-)privaten Leistungserbringung ergeben.

Ähnlich wie auch in der Rechts- oder der Wirtschaftswissenschaft so wird auch in der Politik- und Verwaltungswissenschaft seit geraumer Zeit die Frage diskutiert, unter welchen Voraussetzungen und bis zu welchem Grad private Akteure in die Wahrnehmung und Erfüllung öffentlicher Aufgaben eingebunden werden können (Naschold et al., 1996). Anlass zur Diskussion gibt zum einen die Einsicht, dass der Staat in vielen Aufgabenfeldern angesichts neuer, komplexer Herausforderungen auf die Unterstützung durch private Akteure angewiesen ist. Zum anderen existiert die Hoffnung, durch entsprechende Privatisierungs- und Auslagerungsprozesse ließen sich Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen realisieren. Andererseits besteht die Befürchtung, dass durch die Mitwirkung und die Geschäftsinteressen privater Akteure Gemeinwohlbelange schleichend aus dem Blick geraten und damit an Relevanz einbüßen könnten.

Die faktische Entscheidung darüber, ob und in welchem Maße private Akteure an der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe beteiligt sein können und sollten, obliegt dem politisch-demokratischen Prozess, wobei (verfassungs-)rechtliche Vorgaben den grundlegenden Rahmen setzen (Bogumil & Naschold,  1998, S. 58). Die Wissenschaft kann diesbezüglich nur eine indirekt gestaltende Rolle einnehmen, sie kann jedoch als Reflexionsinstanz zur Klärung möglicher Bewertungsmaßstäbe beitragen.

Die wirtschaftswissenschaftliche Perspektive ist dadurch gekennzeichnet, dass sie öffentliche Aufgaben primär aus Marktversagen ableitet, wodurch die strategische Dimension und damit die genuine Notwendigkeit von Staatsaufgaben oftmals unterbelichtet bleibt (Benz, 2001, S. 189; Bogumil & Naschold 1998, S. 58). Demgegenüber zeichnet die politik- und verwaltungswissenschaftliche Perspektive aus, dass sie in erster Linie den Staat als Akteur zum Ausgangspunkt ihrer Analyse macht, um einzuordnen, welche Aufgaben notwendigerweise vom Staat zu erfüllen und zu gewährleisten sind und welche an den Markt delegiert werden können. Die Schlüsselfrage dabei ist, ob bzw. zu welchen Teilen eine Schutzleistung in den Bereich der sogenannten öffentlichen Aufgaben fällt. Sofern eine Schutzleistung weder in Gänze noch zu Teilen als eine öffentliche Dienstleistung eingeordnet werden kann, sondern einen privaten Charakter hat, sind einer Überlassung einer (Teil-) Aufgabe an private Akteure keine verfassungsrechtlichen Grenzen gesetzt. Dies gilt beispielsweise für Schutzleistungen, die in den Bereich des Werksschutzes fallen. Für Schutzleistungen mit öffentlichem Aufgabencharakter hingegen gelten deutlich engere Maßstäbe, was eine Beteiligung privater Akteure betrifft.

Wenngleich der Begriff der öffentlichen Aufgabe trotz aller verfassungsrechtlicher Näherungsversuche noch immer unscharfe Konturen aufweist (Rütsche, 2013; Naschold & Bogumil, 1998, S. 55), werden öffentliche Aufgaben gemeinhin dadurch bestimmt, dass ein öffentliches Interesse an der staatlichen Aufgabenerfüllung vorliegt und sich also ein konkreter Gemeinwohlbezug ableiten lässt (vgl. Funck,  2008, S. 25; Reichard, 2004; Schröter & Reichard, 2013, S. 14). Die konkrete Einordnung einzelner Aufgaben unterliegt dabei jedoch einem gesellschaftlichen Wertewandel (Grimm, 1994) und bedarf also letztlich der Konkretisierung durch die Politik (Benz, 2001; Reichard, 2001, S. 68ff.). Typischerweise werden Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit und Ordnung als Staatsaufgaben definiert und insofern mit einem Staats- bzw. Funktionsvorbehalt versehen (Mayntz, 1997, 44). Konsens ist, dass diese Aufgaben also nur von staatlichen Organen wahrgenommen werden dürfen. In erster Linie betrifft dies Aufgaben, deren Erfüllung typischerweise mit Grundrechtseingriffen einhergeht, somit hoheitliche Befugnisse verlangt und also direkt an das staatliche Gewaltmonopol geknüpft sind.

Mit dem Wandel des Leistungsstaates zum sogenannten „Gewährleistungsstaat“ (Jann, 2002) hat sich in der Politik- und Verwaltungswissenschaft eine weitergehende Unterscheidung von öffentlichen Aufgaben etabliert, nach der auf der einen Seite noch einmal zwischen öffentlichen Kern- und Gewährleistungsaufgaben differenziert wird (siehe Tabelle 1; vgl. Mayntz, 1997; Naschold & Bogumil,  2000, S. 68f.). Auf der anderen Seite werden Aufgaben mit nicht öffentlichem Charakter differenziert nach privaten Kernaufgaben und den sogenannten Ergänzungsaufgaben, d. h. Aufgaben, die nach gesellschaftlichem Konsens nicht als öffentlich eingestuft werden, die jedoch der Staat übernehmen könnte, etwa sofern dies wirksamer und wirtschaftlicher ist (z. B. Grünflächenpflege). Die Prüfung der Frage, wer eine Schutzleistung herstellen und/oder bereitstellen sollte, setzt damit eine Zuordnung der Schutzleistung zu diesen vier Aufgabentypen voraus.  

Tabelle 1: Öffentliche und nicht-öffentliche Aufgabe

Der Grundgedanke des Gewährleistungsmodells ist die Verantwortungsteilung zwischen Staat als Auftraggeber und Gewährleister und öffentlichen oder privaten Akteuren als Auftragnehmern und Leistungserbringern. Eine damit einhergehende Systematisierung der Aufgabentypen erfolgt über eine Aufschlüsselung nach verschiedenen Varianten der Verantwortungsübernahme (Reichard, 2004; siehe Tab. 2). Auch bei den öffentlichen Aufgaben ist es demnach unter Umständen möglich und sogar angebracht, dass der Staat sich seiner unmittelbaren Erfüllungs- bzw. Vollzugsverantwortung entledigt. Dies setzt jedoch voraus, dass er weiterhin die Gewährleistungs- bzw. Finanzierungsverantwortung trägt und damit die zentrale Regulierungsinstanz bleibt und gegebenenfalls auch die Auffangverantwortung trägt (Reichard, 2004; siehe Tab. 2). Dies kennzeichnet die so genannten Gewährleistungsaufgaben.

Tabelle 2: Aufgabenteilung im Gewährleistungsstaat

Der Staat sieht in manchen Bereichen bewusst davon ab, die ihm obliegenden Leistungen selbst zu produzieren, sondern ermöglicht Privaten im Rahmen strenger regulativer Vorgaben die Aufgabenerledigung (Schoch, 2008, S. 148). Faktisch handelt es sich bei öffentlichen Aufgaben damit um staatlich oder privat erbrachte Leistungen, bei denen der Staat als Aufgabenträger im Sinne der Gewährleistungsverantwortung jedoch grundsätzlich garantiert, dass eine spezifische Leistung zu bestimmten Qualitätskriterien erbracht wird (Schröter/Reichard, 2013, S. 15). Gewährleistungsverantwortung meint in diesem Sinne die Pflicht, darauf hinzuwirken, dass öffentliche Aufgaben von Privaten gemeinwohlorientiert wahrgenommen werden. Als Gewährleister öffentlicher Aufgaben hat der Staat im Gewährleistungsmodell im Prinzip bei jeder Aufgabe die Entscheidung zu treffen, ob sie im Rahmen der Eigenerstellung oder der Fremdbeauftragung vollzogen werden sollen (Make-or-buy-Entscheidung). Diesbezüglich hat er eine große Palette unterschiedlicher institutioneller Modelle zur Auswahl, die von einfachen Auftraggeber-Auftragnehmer-Konstellationen im Sinne eines Contracting out, über komplexere Auslagerungsformen bis hin zu Öffentlich-Privaten-Partnerschaften reichen (vgl. Schröter/Reichard, 2013).

Wann aber empfiehlt sich eine reine interne Erstellung, wann eine externe Beauftragung und was ist dann gegebenenfalls die optimale Form der Kooperation zwischen Staat und Privat? Um diese Frage nicht dogmatisch oder ideologisch, sondern vielmehr analytisch zu ergründen, greift die Politik- und Verwaltungswissenschaft in der Regel auf den Ansatz der Leistungstiefenmethodik zurück. Damit kann die notwendige staatliche Leistungstiefe öffentlicher Leistungen bestimmt und somit eine Schlussfolgerung hinsichtlich einer adäquaten Aufgabenteilung zwischen staatlichen Behörden und privaten Akteuren gezogen werden. Dieser Ansatz kann auch bei der Begutachtung einzelner Schutzleistungen bzw. deren Teilleistungen zu Rate gezogen werden. Dazu wird ein Entscheidungsrahmen eingeführt, der sowohl effektivitäts-, effizienz- als auch insbesondere legitimationsbezogene Kriterien berücksichtigt. In diesem Rahmen wird im Einzelnen auf folgende Einzelkriterien Bezug genommen: (1) Strategische Relevanz, (2) Spezifität, (3) Legitimität (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Übersicht über die Prüfkriterien

(1) Strategische Relevanz

Mit diesem Prüfkriterium wird auf die Bedeutung einer Aufgabe für die Erreichung zentraler politischer Ziele (sozialer Frieden, Sicherheit und andere Arten der Daseinsvorsorge) Bezug genommen (Schedler, 2000, S. 61). Als Gegengewicht zum rein ökonomischen Effizienzkalkül wird also ein zentraler politischer Aspekt eingeführt, der gerade für die Steuerungsfähigkeit staatlichen Handels von großer Bedeutung ist. Eine Schutzleistung hat demnach dann eine hohe strategische Relevanz, wenn deren Auslagerung das staatliche Risiko deutlich erhöht, politisch definierte Ziele nicht zu erreichen, also die staatliche Steuerungsfähigkeit gefährdet ist. Insbesondere bei strategisch relevanten Aufgaben muss garantiert sein, dass deren Erbringung durch den Staat als Gewährleister überprüfbar, kontrollierbar und nachjustierbar ist. Damit stehen die Möglichkeiten und die Kosten der staatlichen Regulierung und Kontrolle der Leistungserfüllung im Fall einer privaten Bereitstellung auf dem Prüfstand.

Folgende Merkmale können auf eine hohe strategische Relevanz hindeuten (Stienen, 2011, Naschold et al., 1996, S. 46): Hohe politische Salienz, Unverzichtbarkeit der Leistung zur Erreichung zentraler politischer Ziele, Funktion der Abwehr der Gefährdung des Staates in seinem Bestehen, existentielle Gefahrenlagen bei fehlerhafter Erbringung, hohe Geheimhaltungspflichten, Überwachungs- und Kontrollkosten. Weil es mit dem Grad an Auslagerung für den Staat zunehmend schwierig ist, die Leistungserstellung durch einen privaten Akteur in diesem Sinne zu steuern und für die Leistungserfüllung zu garantieren, sollte bei hoher strategischer Relevanz eher eine staatliche Eigenerstellung in Betracht kommen. Bei einer geringen strategischen Relevanz kann tendenziell eine private Erstellung erwogen werden. Sofern an der Erfüllung strategisch relevanter Leistungen dennoch in Teilen Private beteiligt sind, gelten hier hohe Standards bezüglich der Pflicht, durch strenge staatliche Regulierungs- und Kontrollmechanismen eine opportunistische Verfolgung eines rein privaten Nutzeninteresses zu unterbinden. Insofern sich privatwirtschaftliche Unternehmen außerhalb des hierarchischen Zusammenhangs der Exekutive befinden und daher nicht im Rahmen der demokratischen Kontrollkette für ihr Handeln unmittelbar verantwortlich gemacht werden, entstehen hier einerseits große Kontrollherausforderungen und andererseits große Kontrollpflichten.

Um zu beurteilen, ob und zu welchen Teilen eine Schutzleistung an nicht staatliche Akteuren ausgelagert werden kann, gilt es demnach in den Blick zu nehmen, welche öffentlichen bzw. letztlich legislativen Kontrollmechanismen existieren (müssten) und welche neuen Regulierungsstrukturen entwickelt werden müssten, um die Leistungserbringung sicherstellen zu können. Welche Auswirkungen hätte eine Beauftragung privater Sicherheitsdienstleister auf die Überprüfung der Leistungserbringung und in welchem Rahmen kann eine Überwachung der Qualität und Quantität, der Effizienz und der Effektivität der Leistungserbringung stattfinden? In einer politik- und verwaltungswissenschaftlichen Perspektive steht mit dem Kriterium der strategischen Relevanz damit die Steuer- bzw. Regulierbarkeit der jeweiligen Leistung auf dem Prüfstand, also die Möglichkeiten der Kontrolle der Leistungserfüllung durch private Akteure. 

 

(2) Spezifität

Mit dem Prüfkriterium der Spezifität wird ein Effizienzkriterium eingeführt, das der Transaktionskostentheorie entspringt: Ob Schutzleistungen im Rahmen der Eigenerstellung oder der Fremderstellung erbracht werden sollten, soll demzufolge nicht allein anhand der reinen Produktionskosten der Eigen- bzw. Fremderstellung entschieden werden, sondern nur unter Berücksichtigung der Kosten der Marktnutzung (Transaktionskosten). Gemeint sind hiermit Anbahnungs-, Verhandlungs-, Vertrags-, Absicherungs- und Kontrollkosten, die dem Staat bei einer Fremderstellung grundsätzlich entstehen (vgl. Williamson, 1996). Das Merkmal der Spezifität einer Leistung spielt für die Höhe der Transaktionskosten eine ausschlaggebende Rolle (Schuppan & Reichard, 2010) und wird daher neben der strategischen Relevanz als ein zweites Schlüsselkriterium behandelt. Dabei wird unter Spezifität das Maß für die Einzigartigkeit bzw. Exklusivität einer Aufgabe bzw. des damit verbundenen Mitteleinsatzes verstanden (Humborg, 2006; Stienen, 2011). So liegt etwa eine hohe Spezifität vor, wenn in einer öffentlichen Einrichtung eine eigens erstellte Software benutzt wird, während eine geringe Spezifität für z. B.  Reinigungsaufgaben zu veranschlagen ist. Je stärker die Erbringung einer Schutzleistungen Ressourcen voraussetzt, die spezifisch nur für diese Leistung von Nutzen sind, desto höher ist deren Spezifität und umso höher können die Transaktionskosten im Fall einer Fremderstellung veranschlagt werden. Gleiches gilt für gegenseitige Abhängigkeiten und Sicherheitsbedürfnisse zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, die dann durch aufwendige Vertragsgestaltungen abgesichert werden müssen (Bogumil & Naschold, 1998, S. 59).

Die Gesamtspezifität bildet sich dabei aus verschiedenen Komponenten, die etwa den Einsatz spezialisierter Technologien oder Anlagen (z. B. Überwachungstechnologien, Gefängnisse), spezifische Ausstattungen (z. B. Waffen), spezifische Qualifikation (z. B. Fachwissen), spezifische Verfahrensregeln und Kompetenzen (z. B. Geheimhaltungspflichten, hoheitliche Eingriffsrechte) betreffen können. Als die in diesem Zusammenhang besonders zentrale Spezifitätsmerkmale gelten das Recht zur Personalienfeststellung, zum Gebrauch von Schusswaffen und zur Festnahme – wie überhaupt das Recht unmittelbaren Zwang auszuüben (Stienen, 2011). Insofern diese Aspekte hohe Auslagerungsbarrieren darstellen, sollte in diesem Fall eher eine Eigenerstellung in Betracht kommen. Bei geringer Spezifität sollte dagegen eher eine Fremderstellung in Betracht kommen, da in diesem Fall mit geringen Transaktionskosten zu rechnen ist.

Die beiden Prüfkriterien „Spezifität“ und „strategische Relevanz“ stehen gewissermaßen als unabhängige Variablen nebeneinander, anhand der eine „Make-or-buy“-Entscheidung informiert getroffen werden kann (siehe Abb. 2). Dabei ist es ausschlaggebend, die strategische Relevanz und Spezifität miteinander in ein Verhältnis zu setzen.

Abbildung 2: Strategische Relevanz und Spezifität im Vier-Felder-Schema 

Quelle: In Anlehnung an Naschold et al. 1996, 76.

 

Im Allgemeinen ergibt sich die Gestaltungsempfehlung, dass Aufgaben bzw. Leistungen mit hoher Spezifität und hoher strategischer Relevanz (Feld B) staatlicherseits selbst zu erstellen sind, während ein niedriger Spezifitätsgrad und eine geringe strategische Relevanz eher dafürsprechen, eine Fremderstellung zu bevorzugen (C). Bewegen sich die Ausprägungen zwischen den Polen, so wird damit Raum für eine kooperative Aufgabenerstellung eröffnet (Felder A und D) (Bogumil & Naschold, 1998, S. 61). Während im Feld A eine weitergehende Auslagerung vergleichsweise unproblematisch ist, da die strategische Relevanz der Leistung gering ist, muss der Staat im Feld D für den Fall einer kooperativen Verantwortungsteilung die Gewährleistungsverantwortung tragen und insofern auch intensive Steuerungs- und Regulierungsmechanismen installieren. Im Allgemeinen wird bei Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit sowohl eine vergleichsweise hohe strategische Relevanz als auch eine hohe Spezifität festzustellen sein, sodass zwischen den einzelnen Schutzleistungen eher graduelle Unterschiede ins Gewicht fallen, die in der Regel keine vollständige Vermarktlichung, gegebenenfalls jedoch verschiedene Varianten einer Aufgabenteilung nahelegen.

Sind die strategische Relevanz und die Spezifität ermittelt, so kann anschließend auf dieser Grundlage die Frage der konkreten institutionellen Organisationsform der Schutzleistung in den Blick genommen werden. Hierbei muss es nicht um die ganzheitliche Zuweisung kompletter Schutzleistungsaufgaben gehen, sondern diese Entscheidungen über die Zweckmäßigkeit öffentlicher bzw. nicht öffentlicher Realisierung können sich gegebenenfalls auch kleinschrittiger auf einzelne Teilleistungen beziehen (Proeller, 2002). Diesbezüglich reicht die Spannweite von der rein staatlichen Eigenerstellung und Trägerschaft bis hin zur rein privaten Fremderstellung und Trägerschaft. Dazwischen liegt ein Kontinuum vielfältiger Formen der Kooperation und der partnerschaftlichen Erbringung von Leistungen. Der Grad an Spezifität und strategischer Relevanz hat dabei Auswirkungen auf die ideale Organisationsform. Je ausgeprägter beide Merkmale sind, desto höher ist der Bedarf an wechselseitiger Abstimmung und Kontrolle und umso integrativer und langfristiger sollte die Kooperationsbeziehung damit gestaltet sein. 

 

(3) Legitimität

Ob eine (Schutz-)Leistung in den Bereich der staatlichen Kern- oder der staatlichen Gewährleistungsaufgaben fällt, ob also private Akteure an der Erfüllung der Schutzleistung beteiligt werden können, ist nicht für alle Zeiten festgelegt, sondern wird laufend in der politischen und gesellschaftlichen Debatte verhandelt (Grimm, 1994; Bogumil & Jann, 2008, S. 64). Gleichwohl sich die diesbezüglichen Einschätzungen von Schutzleistung zu Schutzleistung stark unterscheiden, gilt für viele Schutzleistungen, dass sie vom überwiegenden Teil der Bevölkerung derzeit dem Kernbereich staatlichen Handelns zugeordnet werden und deren privater Vollzug damit legitimationsbedürftig ist.

Mit dem Prüfkriterium der Legitimität wird der politikwissenschaftlichen Einsicht Rechnung getragen, dass staatliches Handeln nicht allein an den Maßstäben von Effektivität und Effizienz bemessen werden sollte, sondern auch an der faktischen Akzeptanz, die es durch Bürgerinnen und Bürger erfährt (Mehde, 2013; Fuchs, 2012). Denn schließlich können aus der staatlichen Praxis, eine Schutzleistung durch private Akteure erbringen zu lassen, Akzeptanzprobleme erwachsen, die wiederum auf den Aufgabenvollzug, aber auch auf die staatliche Legitimität rückwirken. Wenngleich staatliche Behörden im Feld der inneren Sicherheit einen Akzeptanzvorsprung genießen und die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber privaten Sicherheitsdiensten weiter rückläufig ist (Ifd Allensbach, 2018), kann aber auch die Legitimität einer staatlichen Erfüllung infrage stehen, etwa im Zuge der ordnungspolitischen Debatte um die Grenzen des Leistungsstaats und die Vorzüge marktlicher Steuerungsmechanismen.

Das Legitimitätsniveau einer öffentlichen oder privaten Erbringung vom Schutzleistungen wird durch unterschiedliche Faktoren bestimmt (Proeller, 2002). Zum einen spielt hier der spezifische Charakter der Aufgabenerfüllung eine Rolle, insbesondere wenn eine Schutzleistung auch mit Grundrechtseingriffen einhergeht. So wird z. B. die Auslagerung sowohl der Strafverfolgung als auch des Strafvollzugs sehr skeptisch betrachtet. Zum anderen hat in diesem Kontext das öffentliche Bekanntwerden von Fehlern, Fehlentwicklungen und damit einhergehenden Skandalen eine legitimitätskritische Auswirkung. Für die ausgewählten Schutzleistungen wird dementsprechend geprüft, ob Anzeichen für eine mangelnde gesellschaftliche Akzeptanz bestehen und wenn ja, als wie schwerwiegend diese zu bewerten sind. Darüber hinaus werden ggf. Akzeptanzstudien und einschlägige Medienberichterstattungen rezipiert. Dabei wird der Legitimitätsgrad der jeweils aktuell geltenden institutionellen Form der Leistungserbringung in den Blick genommen und mit anderen Formen der Leistungserbringung in Relation gesetzt. Ein vergleichsweise hoher Legitimitätsgrad spricht demnach eher dafür, am Status quo festzuhalten, während es ein niedriges Niveau an Unterstützung durch die verschiedenen Stakeholder  gegebenenfalls nahelegt, eine neue Form der Aufgabenteilung zwischen Staat und Privat zu bevorzugen – sofern dies von den primären Prüfkriterien unterstützt wird.

Fazit: Ableitung von Empfehlungen aus politik- und verwaltungswissenschaftlicher Sicht

Die legitime Instanz zur Bestimmung staatlicher/privater Aufgaben liegt im demokratischen politischen Entscheidungsprozess. Die Wissenschaft nimmt hier in erster Linie eine beobachtende Rolle ein; sie kann jedoch aufklärend und beratend tätig werden und damit Hilfestellung bei der Festlegung zentraler Entscheidungsparameter leisten. Aus einer politik- und verwaltungswissenschaftlichen Perspektive sind hier zuvorderst die Kriterien der strategischen Relevanz und der Spezifität von ausschlaggebender Bedeutung, aber auch das Kriterium der Legitimität ist nicht zu vernachlässigen. Selbstverständlich müssen in diesem Zusammenhang auch wirtschaftlichkeits- und legalitätsbezogene Argumente Gehör finden, für die sich jedoch in erster Linie die volkswirtschaftliche und die rechtswissenschaftliche Perspektive zuständig erklärt. So ergibt sich für die politik- und verwaltungswissenschaftliche Perspektive folgender Analyseweg (siehe Abbildung 3):

Abbildung 3: Der Gang der Analyse

Nach Einordnung der Prüfkriterien wird für jede einzelne Schutzleistung ein vorläufiges Fazit gezogen. Insofern sind die Empfehlungen in der Regel nicht als eindeutige Richtlinien zu verstehen, sondern vielmehr als Argumentationshilfen für politische oder unternehmerische Entscheider im Prozess der Entscheidungsfindung. Durch die Bezugnahme auf den vorgestellten Entscheidungsrahmen soll entsprechend verdeutlicht werden, was eine etwaige Auslagerung von Aufgaben oder Teilaufgaben im Einzelfall voraussetzt bzw. beeinflusst.

 

Quellen:

Benz, A. (2001). Universaldienstleistungen unter den Bedingungen von Privatisierung und Liberalisierung – die Beispiele Bahn und Telekommunikation. In A. Benz & N. Füchtner (Hrsg.), Einheit und Vielfalt – Verwaltung im Wandel (S. 131-167). Speyer: Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung.

Benz, A. (2001). Der moderne Staat – Grundlagen der politologischen Analyse. München, Wien: Oldenbourg.

Bogumil, J. & Jann, W. (2008). Verwaltung und Verwaltungswissenschaft. Einführung in die Verwaltungswissenschaft. Wiesbaden: Springer.

Fuchs, W. (2011). Sicherheit als faszinierendes Geschäftsvehikel? Zur Effektivität kommerzieller und staatlicher Sicherheitsarbeit. SIAK-Journal – Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis, H.1, 62-75.

Funck, S. (2008). Die Aufgabenauslagerung in Landesbetriebe im Bundesland Brandenburg und anderen ausgewählten Bundesländern. Potsdam: Universitätsverlag.

Grimm, D. (1994). Staatsaufgaben. Baden-Baden: Nomos

Humborg, C. (2006). Der demokratische Staat als Marke – Zur „strategischen Relevanz“ staatlicher Aufgaben. In K. Birkholz, Maaß, C., v. Maravick, P. & Siebert, P. (Hrsg.), Public Management – Eine neue Generation in Wissenschaft und Praxis (S. 47-60). Potsdam: Universitätsverlag Potsdam.

Ifd Allensbach (2018). Sicherheitsreport 2018. Ergebnis einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage. Allensbach: Institut für Demoskopie Allensbach.

Jann, W. (2002). Der Wandel verwaltungspolitischer Leitbilder: Von Management zu Governance? In König, K. (Hrsg.), Deutsche Verwaltung an der Wende zum 21. Jahrhundert (S. 255-278). Baden-Baden: Nomos.

Krumm, T. (2013). Parlamentarische Kontrolle von öffentlich-privaten Partnerschaften. der moderne staat – Zeitschrift für Public Policy, Recht und Management, 6, 393-410.

Mayntz, R. (1997). Soziologie der öffentlichen Verwaltung, 4. Auflage. Heidelberg: C.F. Mueller Verlag.

Mehde, V. (2013). Legalität und Legitimität der Aufgabenerfüllung. In: C. Reichard & E. Schröter (Hrsg.), Zur Organisation öffentlicher Aufgaben: Effizienz, Effektivität und Legitimität (S. 328-345). Opladen: Budrich.

Naschold, F., Budäus, D. & Jann, W. (1996). Leistungstiefe im öffentlichen Sektor. Erfahrungen, Konzepte und Methoden. Berlin: Nomos.

Naschold, F. & Bogumil, J. (1998). Modernisierung des Staates. New Public Management und Verwaltungsreform. Opladen: Leske & Budrich.

Proeller, I. (2002). Auslagerung in der öffentlichen Verwaltung. Interdisziplinäre Entwicklung einer Entscheidungsheuristik, Bern, Stuttgart, Wien: Paul Haupt.

Reichard, C. (2004). Das Konzept des Gewährleistungsstaates. In Gesellschaft für Öffentliche Wirtschaft (Hrsg.), Institutionsökonomik, Public Private Partnership, Gewährleistungsstaat. Referate der Tagung des Wissenschaftlichen Beirats der Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (, S. 48-60, Berlin: Gesellschaft für Öffentliche Wirtschaft.

Rütsche, B. (2013). Was sind öffentliche Aufgaben? recht, 4/2013, 153-162.

Schedler, K. (2000). Geht nicht, gibt´s nicht. Verwaltung Heute – Zeitung für Führungskräfte im öffentlichen Dienst, Beilage zur Wiener Zeitung, Nummer 37, 3 – 5

Schoch, F. (2008). Gewährleistungsverwaltung: Stärkung der Privatrechtsgesellschaft? Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, 241-247.

Schröter, E. & Reichard, C. (2013). Öffentliche Aufgaben – ein Versuch über ihre Bestimmung, Entwicklung und Wahrnehmung. In: C. Reichard & E. Schröter (Hrsg.), Zur Organisation öffentlicher Aufgaben: Effizienz, Effektivität und Legitimität (S. 11-36). Opladen: Budrich.

Schuppan, T. & Reichard, C. (2010). Neubewertung staatlicher Leistungstiefe bei Informatisierung. Verwaltung & Management, 16(2), 84–92.

Stienen, L. (2011). Privatisierung und Entstaatlichung der inneren Sicherheit. Erscheinungsformen, Prozesse und Entwicklungstendenzen. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft.

Williamson, O. E. (1996). Transaktionskostenökonomik, 2. Auflage, Hamburg: Lit:

Verwaltungswissenschaftlich – Betrieb von Justizvollzugsanstalten

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Grundsätzlich obliegt die Entscheidung darüber, in welcher staatlichen oder privaten Organisationsform Schutzleistungen erbracht werden sollen, dem politisch-demokratischen Prozess, wobei (verfassungs-)rechtliche Vorgaben den grundlegenden Rahmen setzen. Die Politik- und Verwaltungswissenschaft kann diesbezüglich keine aktiv-gestaltende Rolle einnehmen, sie kann jedoch als Reflexionsinstanz zur Klärung möglicher Entscheidungskriterien beitragen. Dazu wird ein Entscheidungsrahmen eingeführt, der sowohl effektivitäts-, effizienz-, als auch legitimitätsbezogene Zielgrößen berücksichtigt. In diesem Rahmen wird auf drei Einzelkriterien Bezug genommen: (1) Strategische Relevanz, (2) Spezifität, (3) Legitimität.

Das Kriterium der strategischen Relevanz berücksichtigt die Bedeutung einer Aufgabe für die Erreichung politisch gesetzter Ziele. Insbesondere bei strategisch relevanten Aufgaben muss garantiert sein, dass deren Erbringung gewährleistet und durch den Staat kontrollierbar ist. Damit steht die Steuer- und Regulierbarkeit der Schutzleistung auf dem Prüfstand.

Der Vorbehaltsbereich des Staates umfasst die Ausübung des Gewaltmonopols im Inneren. Weil der Strafvollzug in Gefängnissen unmittelbar auf (legitimen) Grundrechtseingriffen basiert, zählt er seit jeher zum Kernbestand öffentlicher Aufgaben, für die der Staat die Verantwortung trägt und deren Erfüllung er gewährleisten muss. Nicht nur, dass der Staat aufgrund der hohen strategischen Relevanz dieser Schutzleistung eine besondere Gewährleistungs- und Letztverantwortung trägt, auch obliegt ihm damit im Sinne des Funktionsvorbehalts (Art. 33 IV GG) in sehr weiten Teilen zugleich die Erfüllungsverantwortung. Das Agieren von Justizvollzugsbeamten, die in einem Dienst- und Treueverhältnis zum Staat stehen, unterliegt im Rahmen der demokratischen Kontroll- und Legitimationskette der Aufsicht durch staatliche Behörden und demokratische Gremien und ist damit formell einer rechtlichen Überprüfbarkeit unterworfen.

Auch wenn eine Privatisierung von Gefängnissen unter Umständen Kosteneinsparungen in Aussicht stellt und Effektivitätsgewinne verspricht, sind einer (partiellen) Auslagerung des Strafvollzugs an private Unternehmen damit sehr enge rechtliche Grenzen gesetzt. Hinzu kommt, dass im Fall von strategisch hochrelevanten Aufgaben insbesondere die staatliche Steuerungsfähigkeit gewährleistet sein muss. Damit steht außer Frage, dass die Organisationshoheit sowie die Kernfunktionen des Strafvollzugs in Erfüllungsverantwortung des staatlichen Hoheitsträgers verbleiben sollten. Sofern einzelne nachrangige Dienst- bzw. Serviceleistungen im Bereich des Strafvollzugs im Rahmen der Verwaltungshilfe an private Unternehmen bzw. deren Bedienstete übertragen werden, müssen weitreichende Aufsichts- und Regulierungsinstrumente installiert werden, welche die staatliche Steuerungsfähigkeit sicherstellen. Die graduelle Abgabe von Gestaltungskompetenz wäre zudem durch eine sorgfältige Auswahl des Partners und ein strategisches Vertragsmanagement zu kompensieren (Edel & Grueb, 2010). Sofern über diese Maßnahmen garantiert ist, dass die Sachherrschaft in Händen des Staates verbleibt und keine Abhängigkeit von einzelnen privaten Dienstleistern entsteht, scheint die Gemeinwohlorientierung nicht gefährdet (Stienen, 2011, S. 253).

 

Quellen:

Edel, F. & Grüb, B. (2010). Public-Private Partnership im Bereich der Justizvollzugsanstalten. Verwaltung und Management, 16 (1), 42-50.

Stienen, L. (2011). Privatisierung und Entstaatlichung der inneren Sicherheit. Erscheinungsformen, Prozesse und Entwicklungstendenzen. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft.

Mit dem Prüfkriterium der Spezifität wird ein Maß für die Einzigartigkeit des mit einer Aufgabenerfüllung verbundenen Mitteleinsatzes eingeführt. Dies setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die den Einsatz spezialisierter Technologien oder Anlagen, spezifische Ausstattungen, Qualifikationen, Verfahrensregeln und Kompetenzen betreffen und als Auslagerungshürden gelten.

Eine vollständige Organisationsprivatisierung von Gefängnissen und damit eine Privatisierung des Strafvollzugs ist nach § 139 des derzeitigen Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen. Gleichwohl sind spezifische Aufgabenprivatisierungen im Strafvollzug möglich. Dies lenkt den Blick auf die verschiedenen Teilaufgaben innerhalb der Vollzugsanstalten. Diese unterscheiden sich hinsichtlich ihres Spezifitätsgrades zum Teil deutlich voneinander, wodurch de jure gewisse Spielräume für den Einsatz privater Sicherheitsakteure entstehen. Dementsprechend gibt es de facto in einigen Justizvollzugsanstalten eine große Bandbreite an unterschiedlichen Varianten der Verantwortungs- und Arbeitsteilung zwischen staatlichen Sicherheitsbehörden und privaten Sicherheitsunternehmen. Grundsätzlich gilt hierbei, dass diejenigen Kernaufgabenbereiche des Strafvollzugs, die hochspezifische Tätigkeiten und Kompetenzen voraussetzen, also etwa hoheitsrechtliche Befugnisse verlangen, den Justizvollzugsbeamten vorbehalten sind (Funktionsvorbehalt nach Art. 33/IV GG). Dies gilt insbesondere für Bewachung und Einschluss der Häftlinge und die damit einhergehende Durchsetzung repressiver Vollzugsmaßnahmen (vgl. Stienen 2011, 227f.). Die Präsenz von Hoheitsträgern ist damit überall dort erforderlich, wo die Anwendung unmittelbaren Zwangs konkret im Raum steht. Nachrangige Vollzugsaufgaben hingegen, die nur mittelbar der Verwirklichung des staatlichen Strafanspruchs dienen, keine unmittelbare Grundrechtsrelevanz aufweisen und keine spezielle Behandlungskompetenz voraussetzen, können unter besonderen Umständen (Wirtschaftlichkeit, Personalmangel etc.) an private Dienstleister ausgelagert werden (Stober et al., 2004, S. 753; Jungk, 2002, S. 155). Mit Blick auf diese Aufgabenteilung von hochspezifischen und weniger spezifischen Tätigkeiten sind in einigen Bundesländern teilprivatisierte Justizvollzugsanstalten mit Pilotcharakter entstanden, in denen bestimmte Aufgabenbereiche – von der Hausverwaltung über die Versorgung bis hin zu den sozialen Diensten, den Arbeitswerkstätten und eng definierten Teilen der Bewachung – von privater Hand übernommen werden. Private Bedienstete werden hierbei als Verwaltungshelfer eingesetzt und sind damit weisungsgebunden. Wenngleich selbst dieser begrenzte Einsatz von privaten Verwaltungshelfern mitunter als verfassungsrechtlich bedenklich eingestuft wird, weil auch hierbei situativ Eingriffsmaßnahmen unmittelbar notwendig sein können (vgl. Kruis, 2000, S. 4f.), lautet der Tenor, dass eine Auslagerung dieser nachrangigen Aufgaben an private Unternehmen grundsätzlich sowohl mit dem Funktionsvorbehalt vereinbar ist, als auch mit dem Demokratie- und Sozialstaatsprinzip (Stienen, 2011, 236).

 

Quellen: 

Jungk, F. (2002). Police Private Partnership. Eine Untersuchung anhand verschiedener Modelle. Köln u.a.: Heymann.

Kruis, K. (2000). Haftvollzug als Staatsaufgabe. Zeitschrift für Rechtspolitik, 33 Jg., 1-32.

Stienen, L. (2011). Privatisierung und Entstaatlichung der inneren Sicherheit. Erscheinungsformen, Prozesse und Entwicklungstendenzen. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft.

Stober, R. (Hrsg.) 2004. Sicherheitsqualität durch Sicherheitsqualifikation – Neue Qualitätsentwicklungen im Sicherheitsgewerbe – Ergebnisse des 4. Hamburger Sicherheitsgewerberechtstages, Köln: Heymann.

Mit dem Prüfkriterium der Legitimität wird der politikwissenschaftlichen Einsicht Rechnung getragen, dass staatliches Handeln und Entscheiden nicht allein an den Maßstäben von Effektivität und Effizienz bemessen werden sollte, sondern auch an der faktischen Akzeptanz, die es durch die verschiedenen Anspruchsgruppen erfährt.

Die ersten konkreten Initiativen und Modellversuche einer Teilprivatisierung von Justizvollzugsanstalten wurden von politischer Seite gegen Ende der 1990er Jahre durchgeführt und fielen in eine Zeit, in der die Reformen des öffentlichen Sektors nach den Ideen des New Public Management en vogue waren. Sie waren getragen von der Hoffnung auf Effizienzoptimierung und fiskalische Entlastung der öffentlichen Haushalte. Nachdem diese Modellprojekte insgesamt eher gemischte Erfolgsbilanzen vorzuweisen haben und in vielen gesellschaftlichen Sektoren zunehmend die unerwünschten Nebenfolgen von Privatisierung zu Tage treten, werden Tendenzen einer fortschreitenden Privatisierung des Strafvollzugs heute von weiten Teilen der Gesellschaft eher kritisch beäugt. Auch mit Blick auf entsprechende Entwicklungen in anderen Ländern – allen voran den USA (vgl. u. a. Lukemeyer & McCorkle, 2006) – werden von verschiedener Seite Vorbehalte gegenüber einer Aufgabenübertragung an privatwirtschaftliche Unternehmen geäußert. Es werden dysfunktionale Effekte einer Ökonomisierung des Strafvollzugs erwartet, die zum Beispiel mit dem originären Auftrag der Resozialisierung der Gefangenen nicht kompatibel seien und die öffentliche Sicherheit gefährden. Insbesondere Sozialverbände und Menschenrechtsorganisationen stehen dieser Entwicklung kritisch gegenüber. Im politischen Diskurs ist sie sehr umstritten.

Ferner ist zu erwähnen, dass die entsprechenden Modellprojekte teilprivatisierter Justizvollzugsanstalten seit Anbeginn von Seiten der Medien und der Öffentlichkeit vergleichsweise aufmerksam und skeptisch begleitet werden. Zuletzt haben sicherheitsrelevante Vorfälle und entsprechende Verfehlungen privater Bedienstete  für ein großes und kritisches Medienecho gesorgt, das der gesellschaftlichen Akzeptanz von Privatisierungsbestrebungen insgesamt abträglich ist (vgl. u.a. Pieper, 3. April 2017).

 

Quellen:

Lukemeyer, A, & McCorkle, R. C. (2006). Privatization of Prisons. Impact on Prison Conditions. American Review of Public Administration, 36 (2), 189-194.

Pieper, M. (3. April 2017). Schließer sollen geschmuggelt haben: Illegaler Außenkontakt im Knast. Abgerufen am 03.08.2019 von https://taz.de/Schliesser-sollen-geschmuggelt-haben/!5393929/.

Beim Betrieb von Gefängnissen handelt es sich um eine Schutzleistung von sehr hoher strategischer Relevanz und, was den Kernbetrieb anbetrifft, ebenso hoher Spezifität. In Anbetracht dessen muss die Gewährleistungsverantwortung zwingend in staatlicher Hand verbleiben. Auch die Erfüllungsverantwortung sollte in der Regel beim Staat liegen, wenngleich sich bei den nachrangigen Vollzugsaufgaben durchaus Spielräume für den Einsatz privater Dienstleister ergeben. Diesbezüglich ist jedoch zu bedenken, dass deren Mitwirkung beim Betrieb von Gefängnissen in besonderem Maße legitimitätsbedürftig ist.

Verwaltungswissenschaftlich – Campuspolizei

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Grundsätzlich obliegt die Entscheidung darüber, in welcher staatlichen oder privaten Organisationsform Schutzleistungen erbracht werden sollen, dem politisch-demokratischen Prozess, wobei (verfassungs-)rechtliche Vorgaben den grundlegenden Rahmen setzen. Die Politik- und Verwaltungswissenschaft kann diesbezüglich keine aktiv-gestaltende Rolle einnehmen, sie kann jedoch als Reflexionsinstanz zur Klärung möglicher Entscheidungskriterien beitragen. Dazu wird ein Entscheidungsrahmen eingeführt, der sowohl effektivitäts-, effizienz-, als auch legitimitätsbezogene Zielgrößen berücksichtigt. In diesem Rahmen wird auf drei Einzelkriterien Bezug genommen: (1) Strategische Relevanz, (2) Spezifität, (3) Legitimität.

Das Kriterium der strategischen Relevanz berücksichtigt die Bedeutung einer Aufgabe für die Erreichung politisch gesetzter Ziele. Insbesondere bei strategisch relevanten Aufgaben muss garantiert sein, dass deren Erbringung gewährleistet und durch den Staat kontrollierbar ist. Damit steht die Steuer- und Regulierbarkeit der Schutzleistung auf dem Prüfstand.

Anders als etwa in den Vereinigten Staaten existiert in Deutschland an keiner Hochschule eine öffentliche oder auch private Campuspolizei, welche Aufgaben der direkten Gefahrenabwehr übernimmt, die über den Tätigkeitsbereich des Objektschutzes bzw. die Wahrnehmung des Hausrechts hinausreichen. Auch wurde von den relevanten Anspruchsgruppen bisher kein deutliches Interesse an einer Einrichtung von Campuspolizeien artikuliert. Deren Notwendigkeit ergibt sich in den Vereinigten Staaten aus der vergleichsweise hohen Zahl an sogenannten „Campus shootings“ sowie daraus, dass das Hochschulgelände sehr viel stärker Lebensmittelpunkt und Wohnort der Studierenden darstellt. Hierzulande hingegen werden Campuspolizeien gegenwärtig für nicht erforderlich gehalten. Damit handelt es sich zugleich um eine Schutzleistung von aktuell geringer politischer Salienz und Bedeutung. Weder scheint diese Schutzleistung für die Aufrechterhaltung öffentlicher Sicherheit unverzichtbar zu sein, noch liegt deren Funktion in der Abwehr von Staatsgefährdungen.

Die vergleichsweise geringe strategische Relevanz der Aufgabe bedeutet gleichwohl nicht, dass eine Überlassung dieser Aufgabe an private Sicherheitsdienste damit ohne Weiteres möglich wäre. Schließlich sind für die Durchführung dieser Schutzleistung vergleichsweise spezifische Kompetenzen bzw. hoheitliche Befugnisse vonnöten, die privaten Sicherheitskräften nicht unmittelbar zustehen.

Mit dem Prüfkriterium der Spezifität wird ein Maß für die Einzigartigkeit des mit einer Aufgabenerfüllung verbundenen Mitteleinsatzes eingeführt. Dies setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die den Einsatz spezialisierter Technologien oder Anlagen, spezifische Ausstattungen, Qualifikationen, Verfahrensregeln und Kompetenzen betreffen und als Auslagerungshürden gelten.

Die überaus vielfältigen Teilaufgaben, die von Campuspolizeien übernommen werden, verlangen dem eingesetzten Personal sehr verschiedene Qualifikationen und Kompetenzen ab. Zentral ist, dass gerade für diejenigen Aufgaben, die für Campuspolizeien charakteristisch sind, vielfach hoheitliche Befugnisse erforderlich sind, die öffentlich-rechtlichen Organen vorbehalten sind. Dies gilt sowohl für die anlasslose Personenkontrolle, für die Aufnahme von Anzeigen oder die Ausübung unmittelbaren Zwangs. Sollte diese Schutzleistung Privaten überlassen werden, müssten diese Rechte im Rahmen einer Beleihung übertragen werden. Dies zieht jedoch wiederum spezifische behördliche Aufsichts- und Kontrollpflichten und damit Kosten nach sich. Gegebenenfalls wäre jedoch auch eine Kooperation von Polizeibehörden und Sicherheitsdienstleistern denkbar, in deren Rahmen private Sicherheitskräfte als nicht selbstständige Verwaltungshelfer im Auftrag und auf Weisung der Polizei handeln.

Mit dem Prüfkriterium der Legitimität wird der politikwissenschaftlichen Einsicht Rechnung getragen, dass staatliches Handeln und Entscheiden nicht allein an den Maßstäben von Effektivität und Effizienz bemessen werden sollte, sondern auch an der faktischen Akzeptanz, die es durch die verschiedenen Anspruchsgruppen erfährt.

Insofern in Deutschland bis dato keine Campuspolizei existiert, können die Erwartungen der verschiedenen Anspruchsgruppen an die Durchführung und Organisation dieser Schutzleistung nur hypothetisch prognostiziert werden. Bisher hat sich weder eine gesellschaftliche Diskussion über diese Schutzleistung entwickelt, noch wurde von den relevanten Stakeholdern ein deutliches Interesse an bzw. eine Forderung zur Einrichtung von Campuspolizeien artikuliert. Daraus lässt sich zum einen ableiten, dass die Einführung eines polizeiähnlichen Schutzes von Hochschulen und gegebenenfalls Schulen, der über die bisher übliche Wahrnehmung von Objektschutzaufgaben hinausgeht als solches mindestens legitimationsbedürftig wäre. Während Campuspolizeien etwa in den Vereinigten Staaten auf eine lange Tradition zurückblicken können und angesichts der hohen Zahl an „Campus shootings“ sehr viel stärker ihre Notwendigkeit unter Beweis gestellt haben, werden diese hierzulande gegenwärtig für nicht erforderlich gehalten. Es bleibt abzuwarten, ob sich dies im Zuge steigender gesellschaftlicher Sicherheitsbedürfnisse ändert. Angesichts der Diskussionen an vielen Hochschulen um den Einsatz privaten Sicherheitspersonals ist jedoch vorherzusehen, dass die Legitimität einer Beauftragung von privaten Sicherheitskräften als bewaffnete Campuspolizeien insbesondere von studentischer/akademischer Seite erst recht angezweifelt werden dürfte (vgl. u.a. Schönherr, 20. April 2018).

 

Quelle:

Schönherr, H.-P. (20. April 2018). Wahllos und ruppig: Sicherheitsdienst sorgt für Ärger. Abgerufen am 06.06.2019 von https://taz.de/Wahllos-und-ruppig/!5497136/.

Bei der Campuspolizei handelt es sich um eine Schutzleistung von eher niedriger strategischer Relevanz, jedoch vergleichsweise hoher Spezifität. Dies erklärt auch, weshalb in Deutschland derzeit keine Campuspolizeien existieren. Die Einführung eines polizeiähnlichen Schutzes von Hochschulen, der über die Wahrnehmung von bereits üblichen Objektschutzaufgaben hinausgeht, wird aktuell weder von politischer Seite noch in der öffentlichen Debatte für notwendig gehalten. Ein etwaiger Einsatz privater Dienstleister in diesem Schutzleistungsbereich wäre damit zum einen stark legitimationsbedürftig, zum anderen aufgrund der hohen Spezifität der hierfür charakteristischen Aufgaben nahezu ausgeschlossen.

Verwaltungswissenschaftlich – City-Streifen

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Grundsätzlich obliegt die Entscheidung darüber, in welcher staatlichen oder privaten Organisationsform Schutzleistungen erbracht werden sollen, dem politisch-demokratischen Prozess, wobei (verfassungs-)rechtliche Vorgaben den grundlegenden Rahmen setzen. Die Politik- und Verwaltungswissenschaft kann diesbezüglich keine aktiv-gestaltende Rolle einnehmen, sie kann jedoch als Reflexionsinstanz zur Klärung möglicher Entscheidungskriterien beitragen. Dazu wird ein Entscheidungsrahmen eingeführt, der sowohl effektivitäts-, effizienz-, als auch legitimitätsbezogene Zielgrößen berücksichtigt. In diesem Rahmen wird auf drei Einzelkriterien Bezug genommen: (1) Strategische Relevanz, (2) Spezifität, (3) Legitimität.

Das Kriterium der strategischen Relevanz berücksichtigt die Bedeutung einer Aufgabe für die Erreichung politisch gesetzter Ziele. Insbesondere bei strategisch relevanten Aufgaben muss garantiert sein, dass deren Erbringung gewährleistet und durch den Staat kontrollierbar ist. Damit steht die Steuer- und Regulierbarkeit der Schutzleistung auf dem Prüfstand.

Immer mehr Kommunen in Deutschland engagieren zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung private Sicherheitsdienstleister, die als „Kommunale City-Streifen“ eingesetzt werden. Deren Aufgaben gleichen nahezu denjenigen Aufgaben, die bei den Kommunen angestellte Beschäftigten der Kommunalen Ordnungsdienste (KOD) vollziehen. Beide Organisationsformen sind Streifendienste im öffentlichen Raum mit dem Schwerpunkt auf beispielsweise Spielplätze, Fußgängerzonen, Parkanlagen und -häuser, Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel, Marktplätze etc. Durch die zunehmende Belastung der Landespolizeibehörden sollen diese einen eigenen Beitrag zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie zur Stärkung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Bürgerinnen und Bürger leisten.

Im Kern ist die City-Streife als eine öffentliche Schutzleistung aufzufassen. Insofern geht hiermit im Prinzip eine staatliche Bereitstellungs- und Gewährleistungsverantwortung einher. Insoweit City-Streifen im öffentlichen Raum oder aber im behördlichen Auftrag agieren, sind sie somit den staatlichen Behörden aufsichtsunterworfen. Während die Ausgestaltung der gesetzlichen Grundlage für den Einsatz kommunaler City-Streifen in den Verantwortungsbereich der Länder fällt, obliegt deren Beauftragung den Städten und Gemeinden. Mit der Zuständigkeit der Kommunen ist insbesondere die Hoffnung auf eine größtmögliche Problemnähe verknüpft. Die kommunalen Entscheidungsträger haben schließlich umfassende Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten. Kommunale City-Streifen können dementsprechend gezielt zur Befriedung von Kriminalitätsschwerpunkten und zur Lösung lokaler Problemlagen eingesetzt werden. Gleichzeitig ist durch die Verantwortung der kommunalen Gebietskörperschaften ein höheres Maß an demokratischer Kontrolle zu erwarten. Demzufolge ist die Kontrolldichte schon aufgrund des direkten Adressaten- bzw. Bürgerkontakts der Tätigkeit sehr hoch. Darüber hinaus muss die Leistungserbringung der Privaten durch die zuständigen Organe auf der kommunalen Ebene beaufsichtigt und fortlaufend evaluiert werden. Dies vorausgesetzt ist jedoch mit Blick auf das Kriterium der strategischen Relevanz abzuleiten, dass Private im Rahmen der Verwaltungshilfe, aber nicht darüber hinaus am Vollzug der Schutzleistung beteiligt werden können. Schließlich handelt es sich beim Schutz des öffentlichen Raums um eine nicht übertragbare polizeiliche Kernaufgabe.

Mit dem Prüfkriterium der Spezifität wird ein Maß für die Einzigartigkeit des mit einer Aufgabenerfüllung verbundenen Mitteleinsatzes eingeführt. Dies setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die den Einsatz spezialisierter Technologien oder Anlagen, spezifische Ausstattungen, Qualifikationen, Verfahrensregeln und Kompetenzen betreffen und als Auslagerungshürden gelten.

Die Mitarbeiter der City-Streifen zeigen in erster Linie Präsenz und stehen als Ansprechpartner zur Verfügung. Weiterhin sollen sie bei Handgreiflichkeiten eingreifen, bei Bedarf Erste Hilfe leisten, gegebenenfalls Ordnungswidrigkeiten anzeigen oder das Hausrecht auf eingegrenztem kommunalen Grund durchsetzen. Kommunale City-Streifen verfügen zur Erfüllung der Aufgaben dabei aber ausschließlich über die Jedermanns-Rechte, d. h. die sie dürfen beispielsweise in der Regel weder Platzverweise aussprechen oder Identitäten feststellen. Diese Befugnisse sind den Mitarbeitern der KODs vorbehalten. Auch wenn die Polizei- und Ordnungsgesetze der Länder diesen zum Teil weitreichende Rechte einräumen, gestaltet sich die Praxis in den Städten und Gemeinden sehr unterschiedlich. In einigen Städten wie Heidenheim und Karlsruhe darf der KOD in eng definierten Fällen unmittelbarem Zwang anwenden, was ihm in anderen Kommunen durch die Entscheidung des beauftragenden Organs untersagt und dementsprechend der Polizei vorbehalten ist. Pläne einzelner Bundesländer, kommunalen City-Streifen im Polizei- und Ordnungsgesetz die gleichen Befugnisse einzuräumen wie KODs oder Hilfspolizisten sind bislang nicht bekannt. Angesichts der verfassungsrechtlichen Situation ist mit einem solchen Vorhaben aufgrund des Funktionsvorbehalts (Art. 33, Abs. 4 GG) kurzfristig nicht zu rechnen.

Mit dem Prüfkriterium der Legitimität wird der politikwissenschaftlichen Einsicht Rechnung getragen, dass staatliches Handeln und Entscheiden nicht allein an den Maßstäben von Effektivität und Effizienz bemessen werden sollte, sondern auch an der faktischen Akzeptanz, die es durch die verschiedenen Anspruchsgruppen erfährt.

Die Problematik der Legitimität kommunaler City-Streifen lässt sich exemplarisch an einem Vorfall im hessischen Villingen skizzieren. Dort reichte ein Bürger im Jahr 2014 Beschwerde ein, nachdem Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes dessen Personalien aufgrund einer Ordnungswidrigkeit aufgenommen hatten. Daraufhin forderte das Ministerium des Innern eine Klärung des Sachverhaltes. Insbesondere sollte die Frage geklärt werden, ob und welche hoheitlichen Aufgaben von hessischen Kommunen an City-Streifen übertragen wurden. Der Willinger Bürgermeister musste daraufhin einräumen, dass nicht nur Identitätsfeststellungen ungerechtfertigt erfolgten, sondern entgegen den Vorschriften auch Bußgelder verhängt wurden (Schuldt, 5. März 2015). Dieser Fall zeigt deutlich, welche Probleme hinsichtlich der Akzeptanz kommunaler City-Streifen bei Missachtung gesetzlicher Grenzen erwachsen können. Die empirische Studie von Obergfell-Fuchs (2000, S. 255) hat gezeigt, dass die Bevölkerung etwa die Personalienfeststellung durch private City-Streifen fast ausnahmslos als illegitim zurückweist.

Unter Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben ist es den Städte- und Gemeindevertretungen vorbehalten, die Befugnisse der privaten Mitarbeiter im Streifendienst den zu erledigenden Aufgaben anzupassen. In diesem Rahmen sind damit Formen der Bürgerbeteiligung (z. B. Bürgerforen, Befragungen) über die konkrete Ausgestaltung der City-Streifen denkbar, die deren Legitimität erhöhen können. Beachten die privaten Sicherheitsdienstleister hingegen ihren Kompetenzbereich, ist ihr Einsatz in den Kommunen aufgrund der geringen Eingriffswirkung hingegen vergleichsweise unproblematisch. Vielmehr ist anzunehmen, dass kommunale City-Streifen durch ihre Präsenz zur Verbesserung des subjektiven Sicherheitsgefühls beitragen und dadurch eine hohe Wertschätzung erfahren.

Quellen: 

Obergfell-Fuchs, J. (2000). Möglichkeiten der Privatisierung von Aufgabenfeldern der Polizei. mit Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung Eine empirisch-kriminologische Analyse. Bundeskriminalamt: Wiesbaden. 

Schuldt, M. (05. März 2015). Willinger City-Streife stellte Wildpinkler. Abgerufen am 14.08.2018 von https://www.wlz-online.de/waldeck/bad-wildungen/willinger-city-streife-stellte-wildpinkler-5399798.htm.

Bei City-Streifen handelt es sich um eine Schutzleistung von vergleichsweise geringer Spezifität,  woraus sich Spielräume für den Einsatz privater Sicherheitsdienstleister ergeben. Die Beurteilung der strategischen Relevanz von City-Streifen ist hingegen davon abhängig, ob und in welchem Ausmaß City-Streifen im öffentlichen Raum agieren. Ist dies nicht der Fall, tragen private Akteure neben der Erfüllungs- auch die Gewährleistungsverantwortung. Andernfalls muss die Gewährleistungsverantwortung in staatlichen Händen verbleiben, wohingegen auch in diesem Fall die Erfüllungsverantwortung auf privater Seite liegen kann – sofern die staatliche Aufsicht garantiert ist und etwaige gesellschaftliche Legitimitätsvorbehalte berücksichtigt werden.

Verwaltungswissenschaftlich – Innerbetriebliche Ermittlungen im Vorfeld strafprozessualer Ermittlungen

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Grundsätzlich obliegt die Entscheidung darüber, in welcher staatlichen oder privaten Organisationsform Schutzleistungen erbracht werden sollen, dem politisch-demokratischen Prozess, wobei (verfassungs-)rechtliche Vorgaben den grundlegenden Rahmen setzen. Die Politik- und Verwaltungswissenschaft kann diesbezüglich keine aktiv-gestaltende Rolle einnehmen, sie kann jedoch als Reflexionsinstanz zur Klärung möglicher Entscheidungskriterien beitragen. Dazu wird ein Entscheidungsrahmen eingeführt, der sowohl effektivitäts-, effizienz-, als auch legitimitätsbezogene Zielgrößen berücksichtigt. In diesem Rahmen wird auf drei Einzelkriterien Bezug genommen: (1) Strategische Relevanz, (2) Spezifität, (3) Legitimität.

Das Kriterium der strategischen Relevanz berücksichtigt die Bedeutung einer Aufgabe für die Erreichung politisch gesetzter Ziele. Insbesondere bei strategisch relevanten Aufgaben muss garantiert sein, dass deren Erbringung gewährleistet und durch den Staat kontrollierbar ist. Damit steht die Steuer- und Regulierbarkeit der Schutzleistung auf dem Prüfstand.

Die Durchführung innerbetrieblicher Ermittlungen stellt keine Staatsaufgabe dar. Adressat dieser präventiven Schutzleistung ist nicht primär die Öffentlichkeit, sondern Nutznießer ist vielmehr in erster Linie das Unternehmen, das durch die Einrichtung eines Compliance Managements und die Beauftragung unternehmensinterner oder -externer Ermittler Reputationsschäden vorbeugen und Rechtskosten senken kann. Es handelt sich damit um ein Vorgehen betriebswirtschaftlicher Vernunft. Entsprechend besteht auch keine direkte Rechtspflicht, die Unternehmen zum Compliance Management verpflichtet, sondern es existieren allein brancheninterne Regelungen (Meyer, 2013). Staatliche Ermittlungsbehörden werden in der Regel erst dann eingeschaltet, wenn sich sehr konkrete Anhaltspunkte für strafrechtlich relevantes Fehlverhalten ergeben haben, die deren Hinzuziehung zwingend notwendig machen (Klengel & Mückenberger, 2009). Ist dies der Fall, kommt es zu einer privat-öffentlichen Zusammenarbeit.  Für die staatliche Seite besteht dabei die Herausforderung, die Vorarbeiten der internen Ermittler zu nutzen, ohne damit den Beweiswert der Ermittlungsergebnisse zu gefährden.

Die Schutzleistung entfaltet allenfalls insofern indirekt politische Relevanz, als dass hiermit wirtschaftliche Folgeschäden vermieden werden können, die – siehe zuletzt den sogenannten Dieselskandal – auch volkswirtschaftlich ins Gewicht fallen können. Gleichwohl sind der staatlichen Erfüllung und Regulierung aufgrund der Privatautonomie der Unternehmen enge Grenzen gesetzt. Aus staatlicher Sicht entsteht jedoch spätestens dann Handlungsbedarf, wenn absehbar wird, dass interne Ermittlungen die Verdunklung und Strafvereitelung von Straftaten systematisch erschweren und damit die Arbeit der Justiz bzw. der Strafverfolgungsbehörden strukturell behindern. Eine stärkere Verrechtlichung und insbesondere Vereinheitlichung des Einsatzes interner Ermittler, wie sich gegenwärtig abzeichnet, könnte dem vorbeugen und insbesondere mehr Rechtssicherheit schaffen. Gerade im Zeichen der jüngsten Wirtschaftsskandale hat das Thema an politischer Salienz gewonnen, wodurch sich ein Möglichkeitsfenster für entsprechende politische bzw. gesetzliche Initiativen geöffnet hat. So heißt es etwa im Koalitionsvertrag der Bundesregierung (2018): „Um Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen, werden wir gesetzliche Vorgaben für „Internal Investigations“ schaffen, insbesondere mit Blick auf beschlagnahmte Unterlagen und Durchsuchungsmöglichkeiten. Wir werden gesetzliche Anreize zur Aufklärungshilfe durch „Internal Investigations“ und zur anschließenden Offenlegung der hieraus gewonnenen Erkenntnisse setzen.“ Im August 2019 hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz schließlich einen ersten (nicht öffentlichen) Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität“ vorgelegt, sodass zu erwarten ist, dass sich ein politischer Regulierungswille zeitnah in konkreten Gesetzesinitiativen niederschlägt.

 

Quellen: 

Klengel, J.D.W., & Mückenberger, O. (2009). Internal Investigations – typische Rechts- und Praxisprobleme unternehmensinterner Ermittlungen, CCZ, 81-87.

Koalitionsvertrag der Bundesregierung (2018). Abgerufen am 02.08.2019 von https://www.bundesregierung.de/resource/blob/656734/847984/5b8bc23590d4cb2892b31c987ad672b7/2018-03-14-koalitionsvertrag-data.pdf?download=1.

Meyer, S. (2013). Rechtspflicht zur Compliance?. In: Compliance-Manager — das Online-Portal. H. 21.3. Abgerufen am 02.08.2019 von https://www.compliance-manager.net/fachartikel/rechtspflicht-zur-compliance-807.

Mit dem Prüfkriterium der Spezifität wird ein Maß für die Einzigartigkeit des mit einer Aufgabenerfüllung verbundenen Mitteleinsatzes eingeführt. Dies setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die den Einsatz spezialisierter Technologien oder Anlagen, spezifische Ausstattungen, Qualifikationen, Verfahrensregeln und Kompetenzen betreffen und als Auslagerungshürden gelten.

Hinsichtlich des Kriteriums der Spezifität ist festzuhalten, dass die entsprechenden staatlichen Akteure im Vergleich zu privaten internen Ermittlern zwar über ein Mehr an Durchsetzungsrechten verfügen, ihnen aber in der Regel der Einblick in und das Verständnis für unternehmensspezifische Betriebsabläufe fehlt, um effektiv und effizient innerbetriebliche Ermittlungen zu führen. So sind nicht allein rechtliche, sondern auch betriebswirtschaftliche sowie technische Kenntnisse bzw. Erfahrungen erforderlich (Klauer, 2012), über die staatliche Ermittlungsbehörden nicht in jedem Fall verfügen.

Der Einsatz betriebsinterner Ermittler und/oder die Beauftragung externer Sicherheitsdienstleister bzw. Detekteien hat vor diesem Hintergrund den Vorteil, dass die Ermittlungen professioneller und schneller durchgeführt werden können (Klengel & Mückenberger, 2009). Allerdings sind diese Ermittlungen mitunter unter Gesichtspunkten des Datenschutzes problematisch. Sie können leicht unternehmensinterne Konflikte auslösen, leiden unter mangelnder interner Akzeptanz und verursachen unweigerlich Kosten für das Unternehmen.

 

Quellen:

Klauer, C. (2012). Ermittlungs- und Detektivdienste. In R. Stober, H. Olschok, S. Gundel, & M. Buhl (Hrsg.), Managementhandbuch Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit (S. 498-505). Stuttgart: Richard Boorberg Verlag.

Klengel, J.D.W., & Mückenberger, O. (2009). Internal Investigations – typische Rechts- und Praxisprobleme unternehmensinterner Ermittlungen, CCZ, 81-87.

Mit dem Prüfkriterium der Legitimität wird der politikwissenschaftlichen Einsicht Rechnung getragen, dass staatliches Handeln und Entscheiden nicht allein an den Maßstäben von Effektivität und Effizienz bemessen werden sollte, sondern auch an der faktischen Akzeptanz, die es durch verschiedene Anspruchsgruppen erfährt.

In jüngster Zeit haben verschiedene Skandale, insbesondere der so genannte Dieselskandal, das Thema Wirtschaftskriminalität und Compliance in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Aus Sicht vieler medialer Beobachter haben in diesem Fall die betriebsinternen Compliance-Wächter insofern versagt, als es ihnen nicht gelungen ist, illegalen Machenschaften vorzubeugen, diese aufzuklären und zu unterbinden (vgl. u. a. ntv 2015). Dies wird in der öffentlichen, politischen und auch in der wissenschaftlichen Debatte bisweilen zum Anlass genommen, von Unternehmen eine Prüfung und gegebenenfalls Neustrukturierung ihrer Compliance-Strukturen zu fordern. In diesem Zusammenhang wird gleichzeitig auch an die Verantwortung der Politik und der öffentlichen Strafverfolgungsbehörden appelliert und ein entsprechendes Aufsichtsdefizit angemahnt. Die etablierte Arbeitsteilung, demnach Unternehmen zunächst vollständig autonom gegen sich bzw. gegen einzelne Mitarbeiter selbst ermitteln und die Hinzuziehung von Strafverfolgungsbehörden als ultima ratio wählen, hat im Lichte dieser Skandale deutlich an Legitimität eingebüßt. Demgegenüber verspricht eine Beauftragung externer Ermittler einen höheren Grad an Unabhängigkeit und Unparteilichkeit.

 

Quelle:

https://www.n-tv.de/wirtschaft/VW-Skandal-offenbart-mangelhafte-Aufsicht-article16020026.html

Bei innerbetrieblichen Ermittlungen im Vorfeld strafprozessualer Ermittlungen handelt es sich um eine Schutzleistung, deren Erfüllung primär in privatem Interesse liegt und die dementsprechend eine geringe strategische Relevanz aufweist. Der Staat trägt daher in diesem Fall weder die Gewährleistungs- noch die Erfüllungsverantwortung. Es handelt sich vielmehr um eine Schutzleistung, die in privater Hand verbleiben kann, auch zumal staatliche Stellen in der Regel hier nicht über die spezifischen Kompetenzen verfügen, um die Schutzleistung effektiv zu erbringen. Gleichwohl kann und sollte der Staat hier im Rahmen der Gesetzgebung für mehr Rechtssicherheit sorgen, auch um der Gefahr der Strafvereitelung vorzubeugen.

Verwaltungswissenschaftlich – Katastrophenschutz – Vorhalten und Betrieb von Leitstellen

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Grundsätzlich obliegt die Entscheidung darüber, in welcher staatlichen oder privaten Organisationsform Schutzleistungen erbracht werden sollen, dem politisch-demokratischen Prozess, wobei (verfassungs-)rechtliche Vorgaben den grundlegenden Rahmen setzen. Die Politik- und Verwaltungswissenschaft kann diesbezüglich keine aktiv-gestaltende Rolle einnehmen, sie kann jedoch als Reflexionsinstanz zur Klärung möglicher Entscheidungskriterien beitragen. Dazu wird ein Entscheidungsrahmen eingeführt, der sowohl effektivitäts-, effizienz-, als auch legitimitätsbezogene Zielgrößen berücksichtigt. In diesem Rahmen wird auf drei Einzelkriterien Bezug genommen: (1) Strategische Relevanz, (2) Spezifität, (3) Legitimität.

Das Kriterium der strategischen Relevanz berücksichtigt die Bedeutung einer Aufgabe für die Erreichung politisch gesetzter Ziele. Insbesondere bei strategisch relevanten Aufgaben muss garantiert sein, dass deren Erbringung gewährleistet und durch den Staat kontrollierbar ist. Damit steht die Steuer- und Regulierbarkeit der Schutzleistung auf dem Prüfstand.

Der Katastrophenschutz ist Teil der allgemeinen Gefahrenabwehr. Er zielt darauf ab, im Fall eines außergewöhnlichen Schadensereignisses die Unversehrtheit menschlichen Lebens zu schützen, genauso aber auch Sachgüter und die Umwelt vor Schäden durch technisch- oder naturbedingte Gefahrenlagen zu bewahren. Die natürlichen und gesellschaftlichen Lebensgrundlagen stellen in diesem Fall das zentrale Schutzgut dar, das präventiv gegen katastrophale Schadensszenarien abgesichert und im Eintrittsfall über Maßnahmen der Gefahrenabwehr geschützt werden muss. Der Katastrophenschutz verweist damit ganz zentral auf das öffentliche Gemeinwohlinteresse. Entsprechend fällt er unter den verfassungsrechtlichen staatlichen Schutzauftrag der Daseinsvorsorge. Damit ist dem Katastrophenschutz fraglos eine sehr hohe strategische Relevanz beizumessen, sodass er eindeutig in den Verantwortungsbereich des Staates fällt (vgl. Gusy, 2018). In der Praxis ist die nicht polizeiliche Gefahrenabwehr im Katastrophenfall gemäß Art. 70 des Grundgesetzes primär Aufgabe der Länder.

Auf Kreisebene existieren dazu zentrale (Rettungs-)Leitstellen, deren originäre Aufgabe es ist, Hilfeersuchen entgegenzunehmen und die jeweils notwendigen Einsatzmaßnahmen zu veranlassen. Diese Leitstellen, deren konkrete Ausgestaltung ebenfalls Sache der Länder ist, dienen dem Alarmieren, Koordinieren und Lenken der verschiedenen relevanten Sicherheits- bzw. Rettungsakteure und Organisation (Niehues, 2012, S. 23f.). Als Meldestelle, Informations- und Kommunikationsstelle erfüllt die Leitstelle eine Schlüsselrolle für ein abgestimmtes Vorgehen und Zusammenwirken der mitwirkenden Behörden, Organisationen und eingesetzten Kräfte (Pfohl, 2014, S.65ff.). Damit hat sie eine zentrale strategische Relevanz für die wichtige Aufgabe des Katastrophenschutzes und liegt entsprechend in öffentlicher Erfüllungsverantwortung. Es scheint aufgrund dessen überaus fraglich, ob und inwieweit private Sicherheitsdienstleister zukünftig in diesem Aufgabenfeld eingesetzt werden sollten.

Quellen: 

Gusy, C. (2018). Zwischen Zivilschutz und besonders schwerem Unglücksfall: Die verdrängte Katastrophe. In H.-J. Lange & M. Wendekamm (Hrsg.), Die Verwaltung der Sicherheit. Theorie und Praxis der Öffentlichen Sicherheitsverwaltung (S. 165-182). Wiesbaden: Springer.

Niehues, C. (2012). Notfallversorgung in Deutschland Analyse. des Status quo und Empfehlungen für ein patientenorientiertes und effizientes Notfallmanagement. Stuttgart: W. Kohlhammer.

Pfohl, T. N. (2014). Katastrophenmanagement in Deutschland Eine Governance-Analyse. Berlin: Lit.

Mit dem Prüfkriterium der Spezifität wird ein Maß für die Einzigartigkeit des mit einer Aufgabenerfüllung verbundenen Mitteleinsatzes eingeführt. Dies setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die den Einsatz spezialisierter Technologien oder Anlagen, spezifische Ausstattungen, Qualifikationen, Verfahrensregeln und Kompetenzen betreffen und als Auslagerungshürden gelten.

Aufgabe der zentralen Leitstellen zum Katastrophenschutz ist es, Hilfeersuchen entgegenzunehmen, Sofortmaßnahmen zu veranlassen, zu führen und zu koordinieren. Leitstellen bilden daher ein wesentliches Element des Katastrophenmanagements (vgl. u. a. Pfohl. 2014, S. 65ff.).  Zur Ausübung der Leitstellenfunktionen sind seitens des eingesetzten Personals umfangreiche, spezifische Kenntnisse des Verantwortungsbereiches nötig. Nur über eine hochspezifische und fortlaufende Qualifizierung, z. B. über Leitstellenlehrgänge und realistische Übungen, kann sichergestellt werden, dass alle Aufgaben der Leitstelle effizient und sicher erfüllt werden können. Daneben ist eine spezifische technische Infrastruktur unabdingbar, deren Bedienung sehr komplex sein kann und eine entsprechend spezifische Qualifikation voraussetzt. Eine Auslagerung dieser strategisch hochrelevanten Aufgabe an private Sicherheitsdienstleister ist in Anbetracht dieser spezifischen Voraussetzungen vermutlich wenig funktional. Allenfalls erscheinen spezifische Einzelaspekte von Unterstützungsleistungen, beispielsweise durch den Einsatz von Drohnen oder anderen mobilen Sensor-Plattformen, in dieser Betrachtung zielführend.

Quelle:

Pfohl, T. N. (2014). Katastrophenmanagement in Deutschland. Eine Governance-Analyse. Berlin: Lit. 

Mit dem Prüfkriterium der Legitimität wird der politikwissenschaftlichen Einsicht Rechnung getragen, dass staatliches Handeln und Entscheiden nicht allein an den Maßstäben von Effektivität und Effizienz bemessen werden sollte, sondern auch an der faktischen Akzeptanz, die es durch die verschiedenen Anspruchsgruppen erfährt.

Eine Katastrophe entwickelt sich unter sehr großer öffentlicher Wahrnehmung. Mit Blick auf die gesellschaftlichen Folgeschäden, die verschiedene Katastrophenfälle verursachen können, ist damit ein grundsätzlich großes öffentliches und mediales Interesse am Katastrophenschutz zu erwarten. Dieses artikuliert sich jedoch nicht allgemein, sondern lediglich anlassbezogen und nur auf einzelne spezifische Katastrophenfälle bzw. -szenarien bezugnehmend. Auch deshalb hat sich zur spezifischen Frage der staatlichen und/oder privaten Verantwortung bzw. Aufgabenteilung beim Thema Katastrophenschutz bis dato keine gesellschaftliche Debatte entwickelt, die an dieser Stelle aufgearbeitet werden könnte und aus der sich etwaige Akzeptanzvorbehalte ableiten ließen.

Beim Katastrophenschutz bzw. dem Vorhalten und dem Betrieb von Leitstellen handelt es sich um eine Schutzleistung von sehr hoher strategischer Relevanz und zugleich hoher Spezifität. In Anbetracht dessen sollte die Gewährleistungs- und Erfüllungsverantwortung in staatlicher Hand verbleiben. Eine Auslagerung dieser strategisch hochrelevanten Aufgabe an private Sicherheitsdienstleister ist auch in Anbetracht der spezifischen Voraussetzungen als nicht zielführend anzusehen.

Verwaltungswissenschaftlich – Passagier- und Gepäckkontrolle

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Grundsätzlich obliegt die Entscheidung darüber, in welcher staatlichen oder privaten Organisationsform Schutzleistungen erbracht werden sollen, dem politisch-demokratischen Prozess, wobei (verfassungs-)rechtliche Vorgaben den grundlegenden Rahmen setzen. Die Politik- und Verwaltungswissenschaft kann diesbezüglich keine aktiv-gestaltende Rolle einnehmen, sie kann jedoch als Reflexionsinstanz zur Klärung möglicher Entscheidungskriterien beitragen. Dazu wird ein Entscheidungsrahmen eingeführt, der sowohl effektivitäts-, effizienz-, als auch legitimitätsbezogene Zielgrößen berücksichtigt. In diesem Rahmen wird auf drei Einzelkriterien Bezug genommen: (1) Strategische Relevanz, (2) Spezifität, (3) Legitimität.

Das Kriterium der strategischen Relevanz berücksichtigt die Bedeutung einer Aufgabe für die Erreichung politisch gesetzter Ziele. Insbesondere bei strategisch relevanten Aufgaben muss garantiert sein, dass deren Erbringung gewährleistet und durch den Staat kontrollierbar ist. Damit steht die Steuer- und Regulierbarkeit der Schutzleistung auf dem Prüfstand.

Die Schutzleistung der Passagier- und Gepäckkontrollen nach § 5 Luftsicherheitsgesetz ist durch eine vergleichsweise hohe strategische Relevanz gekennzeichnet. Diese ergibt sich zum einen aus der hohen politischen Salienz des Themas und zum anderen aus der geringen Fehlerintoleranz der Schutzleistung. So haben die terroristischen Anschläge vom 11. September 2001 eindrucksvoll verdeutlicht, welch verheerende Folgen unzureichend ausgeführte Luftsicherheitsmaßnahmen haben können. Die Kontrollsysteme an Flughäfen müssen daher einen (uneinlösbaren) Anspruch auf Fehlerlosigkeit erheben und zugleich zentrale Verantwortlichkeiten ausweisen (Frederickson, 2002). Auch dass seitens des eingesetzten Kontrollpersonals weitreichende Geheimhaltungspflichten gelten, deutet auf eine hohe strategische Relevanz hin.

Nichtsdestotrotz erfolgt die Durchführung der Kontrollen in der Hauptsache durch private Dienstleister oder landeseigene Tochterunternehmen, in einigen wenigen Fällen auch durch die Bundespolizei selbst. Bisher hat die jeweils zuständige Luftsicherheitsbehörde, also die Bundespolizei oder die entsprechende Landesbehörde, die Leistungserbringung beaufsichtigt und gesteuert. Zukünftig erfolgt die Steuerung der Leistungserbringung durch die Sicherheitsdienstleister. Aus der hohen strategischen Relevanz entstehen vergleichsweise hohe Kontrollpflichten und -kosten. Um dem gerecht zu werden, unterliegt die Durchführung der Passagier- und Gepäckkontrollen an deutschen Flughäfen einem engmaschigen Netz parlamentarischer und operativer Kontrolle. Erstere erfolgt vor allem auf der Bundes- und Landesebene. Die Implementation des Luftsicherheitsgesetzes (LuftSiG) wird seit dessen Verabschiedung im Jahr 2005 vom Bundestag und insbesondere durch die parlamentarische Opposition fortlaufend überprüft. Im Fokus des Interesses stehen dabei die Qualität der Passagier- und Gepäckkontrollen, das Qualifizierungsniveau der Luftsicherheitsassistenten, der Einfluss technologischer Neuerungen auf die Aufgabenwahrnehmung oder die Machbarkeit von Re-Organisationsoptionen (z. B. Durchführung der Kontrollen durch die Bundespolizei). In den Länderparlamenten ist die Umsetzung des LuftSiG und damit auch der Einsatz privater Luftsicherheitsassistenten ebenfalls regelmäßig Gegenstand der politischen Auseinandersetzung. Operativ werden die Passagier- und Gepäckkontrollen sowohl durch die Europäische Union als auch durch Bund und Länder durch Inspektionen, Sicherheitstests oder Audits kontrolliert. Die Umsetzung des LuftSiG muss die Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 und ergänzender Rechtsakte der EU erfüllen. Diesbezüglich führt die Europäische Kommission regelmäßig eigene Inspektionen der Sicherheitsmaßnahmen an deutschen Flughäfen durch. In der Vergangenheit wurden in diesem Zusammenhang teils gravierende Mängel festgestellt (siehe etwa Süddeutsche Zeitung, 21. Dezember 2014; ZEIT ONLINE, 28. Mai 2015). Darüber hinaus führt die Bundespolizei an Flughäfen in ihrem Verantwortungsbereich eigene Qualitätskontrollen durch. Mit diesem engmaschigen Netz an Kontrollen und qualitätssichernden Maßnahmen wird versucht, der vergleichsweise hohen strategischen Relevanz der Aufgabe Rechnung zu tragen.

Quellen: 

Bierbichler, M., Jungmann, A., Peuker, B., Voss, M., Holtz, J., Apelt, M., & Hunnius, J. (2016). Soziale Bestimmungsgründe der Sicherheit am Flughafen.

Frederickson, H. G., & LaPorte, T. R. (2002). Airport Security, High Reliability, and the Problem of Rationality. Public Administration Review. (62), 33–43.

Süddeutsche Zeitung (21. Dezember 2014). Gravierende Sicherheitsmängel am Flughafen Frankfurt. Abgerufen am 09.10.2019 von https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/eu-pruefbericht-gravierende-sicherheitsmaengel-am-flughafen-frankfurt-1.2276682.

Thätner, C., Wetrup, S. O., Herling, S., & Kraft, A. (2017). Luftsicherheit im Blick. Berlin.

ZEIT ONLINE (28. Mai 2015). Flughäfen: EU-Kommisson verklagt Deutschland wegen lascher Sicherheitskontrollen. Abgerufen am 09.10.2019 von https://www.zeit.de/mobilitaet/2015-05/europaeische-union-klage-sicherheit-flughafen.

Mit dem Prüfkriterium der Spezifität wird ein Maß für die Einzigartigkeit des mit einer Aufgabenerfüllung verbundenen Mitteleinsatzes eingeführt. Dies setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die den Einsatz spezialisierter Technologien oder Anlagen, spezifische Ausstattungen, Qualifikationen, Verfahrensregeln und Kompetenzen betreffen und als Auslagerungshürden gelten.

Die Schutzleistung ist durch eine vergleichsweise hohe Gesamtspezifität gekennzeichnet. Diese ergibt sich zum einen daraus, dass zwingend hoheitliche Befugnisse notwendig sind, um Passagier- und Gepäckkontrollen durchzuführen. Zum anderen sind spezialisierte technische Gerätschaften und Anlagen vonnöten sowie hochspezifische Verfahrensregeln. Auch das Aufgabengebiet ist durch wenige, dafür hochspezifische Tätigkeiten charakterisiert, die entsprechend eine eigene Fachqualifizierung zum Luftsicherheitsassistenten verlangen.

Mit der Spezialgesetzgebung der „Beleihung“ wurde daher eine gesetzlich abgesicherte Möglichkeit der Entspezifizierung der Schutzleistung installiert, die erst einen Einsatz privater Sicherheitsdienster im Rahmen von Passagier- und Gepäckkontrollen an deutschen Flughäfen ermöglicht. Die Beleihung hoheitlicher Rechte erfolgt dabei auf Grundlage des Luftsicherheitsgesetzes (LuftSiG). Nach diesem kann die zuständige Luftsicherheitsbehörde natürlichen Personen sowie teilrechtsfähigen Vereinigungen und juristischen Personen des Privatrechts die Wahrnehmung verschiedener Aufgaben übertragen (§ 16a LuftSiG). Dazu zählen neben Zulassungs-, Zertifizierungs- und Überwachungsaufgaben auch die Durchführung der Passagier- und Gepäckkontrollen. Nach § 5 dürfen bei privaten Sicherheitsunternehmen angestellte Luftsicherheitsassistenten nach erfolgter Beleihung Personen vor oder nach Betreten des Sicherheitsbereiches des Flugplatzes durchsuchen oder anderweitig überprüfen. Dazu können beispielsweise Gegenstände durchleuchtet oder in sonstiger geeigneter Weise kontrolliert werden. Die Beleihung privater Luftsicherheitsassistenten erfolgt immer personengebunden und kann durch die Luftsicherheitsbehörde jederzeit ganz oder teilweise zurückgenommen werden. Diese fungiert dementsprechend als zentrale Aufsichtsbehörde.

Mit dem Prüfkriterium der Legitimität wird der politikwissenschaftlichen Einsicht Rechnung getragen, dass staatliches Handeln und Entscheiden nicht allein an den Maßstäben von Effektivität und Effizienz bemessen werden sollte, sondern auch an der faktischen Akzeptanz, die es durch die verschiedenen Anspruchsgruppen erfährt.

Der Einsatz privater Luftsicherheitsassistenten ist durch das Luftsicherheitsgesetz demokratisch legitimiert. Allerdings existieren bislang keine Studien, welche die Akzeptanz der Bevölkerung hinsichtlich der Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch beliehene Kontrollkräfte thematisieren. Legitimationsprobleme können in jedem Fall aus den in der Vergangenheit bekannt gewordenen Fällen unzureichend durchgeführter Kontrollen erwachsen. Schlagzeilen über in Flugzeuge verbrachte Waffen oder „Chaos zum Ferienstart“ (Bernstein & Stroh, 29. Juli 2018)  führen aber nicht nur zu einem Vertrauensverlust gegenüber den beliehenen Mitarbeitern, sondern betreffen das gesamte Kontrollsystem. Unabhängig davon ist die Fluggastkontrolle laut einem 2016 veröffentlichten Forschungsbericht (Thätner et al. 2017) aus Legitimitätssicht grundsätzlich eine sensible Angelegenheit. Da die Kontrolleure den Reisenden sehr nahekommen müssen, bergen die Personendurchsuchungen ein grundsätzlich hohes Konfliktpotenzial. Dass Passagiere bzw. deren Gepäck von privaten Sicherheitskräften durchsucht werden, kann legitimitätskritische Rückfragen der Passagiere auslösen und zu Rechtfertigungszwängen auf Seiten der privat Bediensteten führen. Andererseits ist die Aufgabenteilung zwischen Bundespolizei und privaten Sicherheitskräften seit Jahrzehnten etabliert und institutionalisiert.

Auf politischer Ebene ist die Organisation der Passagier- und Gepäckkontrollen hingegen ein gegenwärtig intensiv diskutiertes Thema ist. Der jüngste Vorschlag zur Änderung der Aufgaben- und Prozessstruktur vom Juli 2018 geht auf Bundesinnenminister Seehofer (CSU) zurück (Neuerer, 26. Juni 2018). Nach diesem sollen die Flughafenbetreiber stärker in die Verantwortung genommen werden, sodass den Luftsicherheitsbehörden dann nur noch die Standardsetzung für Ausbildung, Technik und die Qualitätskontrollen obliegen würde. Unterstützung erfährt diese Idee seitens der Bundespolizei. Gegensätzliche Vorstellungen verfolgt teilweise der Regierungspartner SPD. Den Sicherheitsexperten der Partei schwebt eine Rückverstaatlichung der Aufgabe vor, beispielsweise durch die Gründung einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Ähnlich äußern sich auch die Deutsche Polizeigewerkschaft und die Gewerkschaft der Polizei unter Verweis auf die staatliche Verantwortung. Ihrer Ansicht nach sollten die Kontrollen wieder der Bundespolizei übertragen werden, um eine angemessene Qualität der Aufgabenwahrnehmung zu sichern.

Quellen: 

Neuerer, D. (26. Juni 2018). Deutsche Airports. Seehofer will Bundespolizei Sicherheitskontrollen an Flughäfen entziehen. Abgerufen am 14.08.2018 von: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/deutsche-airports-seehofer-will-bundespolizei-sicherheitskontrollen-an-flughaefen-entziehen/22857774.html?ticket=ST-163695-RsQF7uW57kFMzYFaX20Z-ap3.

Thätner, C., Wetrup, S. O., Herling, S., & Kraft, A. (2017). Luftsicherheit im Blick. Berlin.

Bernstein, M. & Stroh, K. (29. Juli 2018). Chaos zum Ferienstart. Wie ein kleiner Vorfall den Münchner Flughafen lahmlegen konnte. Abgerufen am 14.08.2018 von https://www.sueddeutsche.de/muenchen/chaos-flughafen-muenchen-start-sommerferien-1.4074143.

Bei Passagier- und Gepäckkontrollen an Flughäfen  handelt es sich um eine Schutzleistung von hoher strategischer Relevanz und zugleich hoher Spezifität. In Anbetracht dessen sollte die Gewährleistungsverantwortung zwingend in staatlicher Hand verbleiben. Eine Teilübertragung der Erfüllungsverantwortung dieser strategisch hochrelevanten Aufgabe an private Sicherheitsdienstleister, wie sie an deutschen Flughäfen die Regel ist, bedarf daher folglich einer gesonderten gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage (Beleihung). Mit diesem Mittel der Entspezifizierung kann sowohl die Qualifikation als auch die Zuverlässigkeit des beauftragten Personals sichergestellt werden. Die strategische Relevanz dieser Schutzleistung erfordert staatlicherseits zugleich eine qualitätsbezogene Auftragsvergabe und eine strenge Kontrolle. Unter diesen Bedingungen ist eine Kooperation  von öffentlichen und privaten Sicherheitskräften zielführend und seitens der Öffentlichkeit akzeptiert. 

Verwaltungswissenschaftlich – Schutz polizeilicher Liegenschaften

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Grundsätzlich obliegt die Entscheidung darüber, in welcher staatlichen oder privaten Organisationsform Schutzleistungen erbracht werden sollen, dem politisch-demokratischen Prozess, wobei (verfassungs-)rechtliche Vorgaben den grundlegenden Rahmen setzen. Die Politik- und Verwaltungswissenschaft kann diesbezüglich keine aktiv-gestaltende Rolle einnehmen, sie kann jedoch als Reflexionsinstanz zur Klärung möglicher Entscheidungskriterien beitragen. Dazu wird ein Entscheidungsrahmen eingeführt, der sowohl effektivitäts-, effizienz-, als auch legitimitätsbezogene Zielgrößen berücksichtigt. In diesem Rahmen wird auf drei Einzelkriterien Bezug genommen: (1) Strategische Relevanz, (2) Spezifität, (3) Legitimität.

Das Kriterium der strategischen Relevanz berücksichtigt die Bedeutung einer Aufgabe für die Erreichung politisch gesetzter Ziele. Insbesondere bei strategisch relevanten Aufgaben muss garantiert sein, dass deren Erbringung gewährleistet und durch den Staat kontrollierbar ist. Damit steht die Steuer- und Regulierbarkeit der Schutzleistung auf dem Prüfstand.

Der Schutz öffentlicher Einrichtungen bzw. Institutionen – dies schließt polizeiliche Liegenschaften ein – ist Voraussetzung für die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der staatlichen Organe und Grundordnung. Als anerkanntes Teilschutzgut öffentlicher Sicherheit handelt es dabei um eine Kernaufgabe der Polizeibehörden (vgl. u. a. Nolte 2016, 352ff.). Somit ist dieser Schutzleistung im Allgemeinen eine hohe strategische Bedeutung beizumessen. Zugleich ist für den Schutz polizeilicher Liegenschaften ein hohes Gefährdungspotenzial der Aufgabenwahrnehmung anzunehmen, was insbesondere auf die Symbolträchtigkeit von Einrichtungen der Polizei zurückzuführen ist. Als Inbegriff des staatlichen Gewaltmonopols stellen diese ein attraktives Ziel für Gewalthandlungen unterschiedlichster extremistischer bzw. terroristischer Gruppierungen dar.

Aus der hohen strategischen Relevanz der Schutzleistung resultieren zugleich große Kontrollpflichten: Der Staat ist durch ein Geflecht von Normen, Organen und Verfahren bestrebt, die staatlichen Behörden selbst an die Einhaltung des Rechts zu binden. Sofern die Aufgabe des Wachschutzes bei der Polizei selbst liegt, kann dementsprechend auf die allgemeine Frage der Legitimationskette der Polizeibehörden zurückgeschaltet werden. Polizeiliches Handeln ist formell einer rechtlichen Überprüfbarkeit und unabhängigen Kontrolle unterworfen, die bis zur Bestellung und Abordnung von Amtsträgern reicht – allen praktischen Kontrolldefiziten zum Trotz (vgl. u. a. Lange/Schenck 2004, 114ff.). Bei einer privaten Herstellung durch private Dienstleister ist dies nicht unmittelbar der Fall, sondern dies hängt mindestens von der konkreten Auftragsvergabe und Vertragsgestaltung ab. Weil der Schutz von Polizeidienststellen jedoch nicht mit einer Übertragung hoheitlicher Rechte (Beleihung) einhergeht, sondern sich im Rahmen von Verwaltungshilfe vollzieht, gelten hier abgeminderte Maßstäbe an die demokratische Kontrolle und Legitimationspflicht. Schließlich kommen den privaten Sicherheitsdiensten in diesem Fall keinerlei eigene Hoheitsbefugnisse zuteil und sie unterliegen strikt den Weisungen der auftraggebenden Behörden. Sofern es jedoch unterlassen wird, den Dienstleister nach strengen Kriterien auszusuchen und seine Aktivitäten laufend auf deren Vertragsgemäßheit zu überprüfen, kann aus der Übertragung des Schutzes ein Kontrollproblem erwachsen.

Quellen: 

Lange, H.-J. & Schenck, J.C. (2004). Polizei im kooperativen Staat. Wiesbaden: Springer VS.

Nolte, J. (2017). Zivile Sicherheit und Schutz staatlicher Funktionen. In C. Gusy, D. Kugelmann & T. Würtenberger (Hrsg.), Rechtshandbuch Zivile Sicherheit (S. 351-366). Berlin, Heidelberg: Springer VS.

Mit dem Prüfkriterium der Spezifität wird ein Maß für die Einzigartigkeit des mit einer Aufgabenerfüllung verbundenen Mitteleinsatzes eingeführt. Dies setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die den Einsatz spezialisierter Technologien oder Anlagen, spezifische Ausstattungen, Qualifikationen, Verfahrensregeln und Kompetenzen betreffen und als Auslagerungshürden gelten.

Der Schutz polizeilicher Liegenschaften umfasst als Schutzleistung ein vergleichsweise enges und einfaches Tätigkeitsportfolio, das sich im Wesentlichen aus Objektschutz- und Pförtnerdiensten zusammensetzt. Es handelt sich um eine präventive Schutzmaßnahme, die kein sehr hohes Qualifikationsniveau voraussetzt und damit dem Ausbildungsstand eines mehrjährig ausgebildeten Polizeibeamten nicht gerecht wird. Darüber hinaus sind zur Ausübung dieser Tätigkeit weder hoheitliche Befugnisse noch sonstige spezialisierte Technologien vonnöten. Sofern private Sicherheitsdienstleistungsunternehmen von der öffentlichen Hand mit dem Shcutz polizeilicher Liegenschaften beauftragt werden, müssen ihnen daher auch keine über die Jedermannsrechte hinausgehende Befugnisse eingeräumt werden. Die Mitarbeiter verfügen lediglich über die allgemeinen Bürgerrechte (z. B. Notwehr nach § 32 StGB; Vorläufige Festnahme nach § 127 I StPO) sowie über die vom Auftraggeber übertragenen Selbsthilfe- bzw. Hausrechte.

Auch wenn der Aufgabenumfang nach Auftrag variiert – in Rheinland-Pfalz unterstützen Private beispielsweise bei der Sicherung des gesamten Unterkunftsbereiches, der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung innerhalb der Einrichtungen, der Kontrolle des Personen- und Kraftfahrzeugsverkehrs (vgl. Landtag Rheinland-Pfalz 2012), während andernorts den Privaten deutlich weniger Aufgaben übertragen werden – ist für die Schutzleistung eine vergleichsweise geringe Spezifität kennzeichnend. Die geringe Spezifität eröffnet grundsätzlich einen Spielraum für eine Auslagerung der Schutzleistung an private Dienstleister, der in Anbetracht der angespannten Personallage der Polizeibehörden auch vermehrt ausgenutzt wird.

Quelle: 

Landtag Rheinland-Pfalz (2012). Pförtnerdienste bei den Liegenschaften der Bereitschaftspolizei Rheinland-Pfalz. Drucksache 16/1182. Abgerufen am 14.082.019 von http://dokumente.landtag.rlp.de/landtag/drucksachen/1182-16.pdf.

Mit dem Prüfkriterium der Legitimität wird der politikwissenschaftlichen Einsicht Rechnung getragen, dass staatliches Handeln und Entscheiden nicht allein an den Maßstäben von Effektivität und Effizienz bemessen werden sollte, sondern auch an der faktischen Akzeptanz, die es durch die verschiedenen Anspruchsgruppen erfährt.

Daran, dass heute vielfach auch private Sicherheitsdienstleister von staatlichen Einrichtungen zur Eigensicherung eingesetzt werden und öffentliche Behörden und deren Liegenschaften schützen, wird in der öffentlichen Debatte nur noch selten Anstoß genommen. Es ist zu vermuten, dass diesbezüglich ein schleichender Gewöhnungseffekt eingesetzt hat. Einerseits lässt sich der Fall des Schutzes polizeilicher Liegenschaften durch private Sicherheitsdienste unter diesen allgemeinen Fall des Schutzes staatlicher Institutionen durch die private Sicherheitswirtschaft subsummieren. Andererseits fällt bei einer Betrachtung der medialen öffentlichen Berichterstattung auf, dass dieser spezifische Fall privater Schutzleistung – analog zum Fall des Schutzes militärischer Liegenschaften – vergleichsweise kritisch beäugt wird und in besonderem Maße legitimationsbedürftig scheint.

Die Eigensicherung der Polizei durch private Dienstleister ist fortlaufend Anlass für mediale Skandalisierungen, die diesen Fall gewissermaßen als „Bankrotterklärung“ der staatlichen Sicherheitsorgane einstufen und als besonders „absurden“ Auswuchs von Privatisierung charakterisieren (siehe u. a. Schupelius, 28. Februar 2018; Hofmann, 16. Januar 2018). Dafür, dass gerade diejenigen Staatsorgane, deren originäre Funktion es ist, den Staat im Inneren und Äußeren zu schützen, selbst auf die Schutzleistungen privater Sicherheitsdienste zurückgreifen, ist von Seiten der Öffentlichkeit gegenwärtig nur ein geringer Grad an Akzeptanz zu erwarten. Es bleibt abzuwarten, ob der Verweis auf den Aspekt der Kosteneffizienz bzw. des Personalmangels an dieser Stelle nachhaltig überzeugt, wenn gleichzeitig in der Berichterstattung beständig auf „Dumpingpreise“ für Objektschutz- und Pförtnerdienste hingewiesen wird (Hofmann, 16. Januar 2018), die – so die Schlussfolgerung – mangelnde Qualität nach sich ziehen. 

Wenngleich private Sicherheitsdienstleister zunehmend polizeiliche Liegenschaften schützen, scheint es unverändert die Erwartungshaltung zu sein, dass polizeiliche Kräfte über die Gewährleistungsverantwortung hinaus eigenständig an der Herstellung dieser Schutzleistung mitwirken. Während es für die Polizei mit Blick auf die Außenwirkung insofern einen Imageverlust bedeuten kann, auf private Dienste zurückzugreifen, liegt darin gleichwohl für die Sicherheitsdienstleister die günstige Gelegenheit, das Image eines verlässlichen, professionellen Partners der Polizei zu gewinnen.

Quellen: 

Hofmann, L. 16. (Januar 2008). Private Wachleute schützen Polizei – zu Dumpingpreisen. Abgerufen am 19.04.2018 von https://www.tagesspiegel.de/berlin/verguetung-private-wachleute-schuetzen-polizei-zu-dumpingpreisen/1141882.html.

Schupelius, G. (28. Februar 2018). Die Polizei darf ihre Gebäude nicht selbst bewachen – das ist lächerlich. Abgerufen am 19.04.2018 von https://www.bz-berlin.de/berlin/kolumne/die-polizei-darf-ihre-gebaeude-nicht-selbst-bewachen-das-ist-laecherlich

Beim Schutz polizeilicher Liegenschaften handelt es sich um eine Schutzleistung von vergleichsweise hoher strategischer Relevanz und überwiegend geringer Spezifität. In Anbetracht dessen muss die Gewährleistungsverantwortung zwar zwingend in staatlicher Hand verbleiben. Hinsichtlich der Erfüllungsverantwortung ergeben sich jedoch weitreichende Mitwirkungspotenziale privater Sicherheitsdienste. Diesbezüglich ist jedoch zu bedenken, dass deren Einsatz zum Schutz polizeilicher Liegenschaften in besonderem Maße legitimitätsbedürftig ist.

Verwaltungswissenschaftlich – Schutz von Flüchtlingsunterkünften

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Grundsätzlich obliegt die Entscheidung darüber, in welcher staatlichen oder privaten Organisationsform Schutzleistungen erbracht werden sollen, dem politisch-demokratischen Prozess, wobei (verfassungs-)rechtliche Vorgaben den grundlegenden Rahmen setzen. Die Politik- und Verwaltungswissenschaft kann diesbezüglich keine aktiv-gestaltende Rolle einnehmen, sie kann jedoch als Reflexionsinstanz zur Klärung möglicher Entscheidungskriterien beitragen. Dazu wird ein Entscheidungsrahmen eingeführt, der sowohl effektivitäts-, effizienz-, als auch legitimitätsbezogene Zielgrößen berücksichtigt. In diesem Rahmen wird auf drei Einzelkriterien Bezug genommen: (1) Strategische Relevanz, (2) Spezifität, (3) Legitimität.

Das Kriterium der strategischen Relevanz berücksichtigt die Bedeutung einer Aufgabe für die Erreichung politisch gesetzter Ziele. Insbesondere bei strategisch relevanten Aufgaben muss garantiert sein, dass deren Erbringung gewährleistet und durch den Staat kontrollierbar ist. Damit steht die Steuer- und Regulierbarkeit der Schutzleistung auf dem Prüfstand.

Flüchtlingsunterkünfte sind hochsensible Infrastrukturen: Sie sind zum einen Zielscheibe rechtsextremer Gewalt und zum anderen Orte, an denen verschiedene Kulturen und Religionen, Nationalitäten und Lebensgewohnheiten auf sehr engem Raum und unter schwierigsten sozialen Umständen aufeinandertreffen. Konflikte sind damit gewissermaßen vorprogrammiert. So kommt es häufig zu Gewalttätigkeiten unter den Flüchtlingen sowie gegenüber dem Betreuungs- und Sicherheitspersonal (VBG, 2018, S. 2). Zugleich hat sich in jüngster Vergangenheit auf allen politischen Ebenen eine flüchtlings- bzw. asylpolitische Debatte entwickelt, in der die Unterbringung und der Schutz von Flüchtlingen öffentlich diskutiert wird. Beim Schutz von Flüchtlingsunterkünften handelt sich damit um eine Schutzleistung von aktuell außerordentlich hoher politischer Salienz und mit weitreichenden politischen Implikationen. Auch weil es sich beim Schutzgut im Kern um die Durchsetzung des Asylrechts als einem im Grundgesetz verankerten Grundrecht handelt, ist dieser Schutzleistung eine hohe strategische Relevanz beizumessen.

Damit steht zugleich deren Steuer- und Kontrollierbarkeit auf dem Prüfstand. Dies gilt umso mehr, als sich der Staat in Anbetracht der zeitweilig rasant gestiegenen Flüchtlingszahlen in den Jahren 2015/2016 gegenwärtig gezwungen sieht, für den Schutz von Flüchtlingsunterkünften auf private Betreiber und private Sicherheitsdienstleister zurückzugreifen. Während die verantwortlichen Aufsichtsbehörden und öffentlichen Entscheidungsträger selbst gegenüber legislativen Kontrollinstrumenten rechenschaftspflichtig sind, sind private Sicherheitsunternehmen grundsätzlich nur dem privaten Recht unterworfen. Diese sind zwar auch an Recht und Gesetz gebunden, darüber hinaus jedoch allein vertraglichen Regelungen gegenüber verpflichtet. Angesichts der Vielzahl und des Ausmaßes öffentllich bekanntgewordener Verfehlungen seitens einzelner Sicherheitsdienste (siehe beispielhaft Dörries & Ritzer, 12. Oktober 2014; Fischer, 14. Mai 2017;  Fründt, 31. August 2015; Petersen 27. November 2015) ist in diesem Zusammenhang von behördlicher Seite auf eine strenge Regulierung und von unternehmerischer Seite auf größtmögliche Eigenkontrolle und Transparenz Wert zu legen. Ersteres betrifft insbesondere eine qualitätsbezogene Auswahl des Dienstleisters sowie dessen sorgsame Leistungskontrolle im Rahmen eines effektiven Vertragsmanagements. Letzteres bezieht sich insbesondere auf die Auswahl und Qualifikation des eigenen Personals. Im Fall eines privaten Unterkunftsbetreibers, der seinerseits einen Sicherheitsdienst beauftragt, sollte von behördlicher Seite vorab ein entsprechendes Sicherheitskonzept inklusive Standards für dessen Auswahl formuliert bzw. eingefordert werden. Weil der Schutz von Flüchtlingsunterkünften per se nicht mit einer Übertragung hoheitlicher Rechte (Beleihung) auf private Sicherheitskräfte einhergeht, sondern sich im Rahmen einer Verwaltungshilfe vollzieht, gelten gleichwohl abgeminderte Maßstäbe an die demokratische Kontrolle und Rechenschaftspflicht. Bei allen legitimen Geheimhaltungsansprüchen ist jedoch dem öffentlichen Informationsanspruch von Seiten des Auftraggebers unbedingt Rechnung zu tragen. Überhaupt ist zu beachten, dass jeder weitere an der Sicherung von Flüchtlingsunterkünften beteiligte Akteur die Legitimationskette verlängert und folglich von Behördenseite überprüft werden sollte.

Quellen: 

Dörries, B. & Ritzer, U. (12. Oktober 2014). Nach Übergriffen im Flüchtlingsheim: Brutaler Wachmann erhält gutes Führungszeugnis. Abgerufen am 09.10.2019 von https://www.sueddeutsche.de/bayern/nach-uebergriffen-im-fluechtlingsheim-brutaler-wachmann-erhaelt-gutes-fuehrungszeugnis-1.2168041.

Fischer, J. (14. Mai 2017). Flüchtlingsheime: Wenn Security-Leute Angst verbreiten. Abgerufen am 09.10.2019 von https://www.sueddeutsche.de/leben/fluechtlingsunterkuenfte-wenn-security-leute-angst-verbreiten-1.3499799.

Fründt, S. (31. August 2015). Wenn die Security zum Problem wird. Abgerufen am 09.10.2019 von https://www.welt.de/wirtschaft/article145799251/Wenn-die-Security-zum-Sicherheitsproblem-wird.html.

Petersen, L. (27. November 2015). Nach Nazi-Hetze im Lageso: Gegenbauers Security-Firma wirft hin. Abgerufen am 09.10.2019 von https://www.bz-berlin.de/berlin/mitte/nach-nazi-hetze-im-lageso-gegenbauers-security-firma-wirft-hin. 

VBG – Verwaltungs-Berufsgenossenschaft. (2018). VBG-Securityreport 2018. Analyse des Unfallgeschehens in der Branche „Sicherungsdienstleistungen. Hamburg: Jedermann-Verlag GmbH

Mit dem Prüfkriterium der Spezifität wird ein Maß für die Einzigartigkeit des mit einer Aufgabenerfüllung verbundenen Mitteleinsatzes eingeführt. Dies setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die den Einsatz spezialisierter Technologien oder Anlagen, spezifische Ausstattungen, Qualifikationen, Verfahrensregeln und Kompetenzen betreffen und als Auslagerungshürden gelten.

Grundsätzlich ergibt sich der konkrete Verantwortungs- und Aufgabenzuschnitt der eingesetzten privaten Sicherheitskräfte aus dem Sicherheitskonzept des Betreibers bzw. der zuständigen Aufsichtsbehörde. Generell sind Sicherheitsdienste jedoch verantwortlich für den Objektschutz, für die Durchsetzung der Hausordnung sowie für den Schutz von Leib und Leben von Bewohnern und Betreuungspersonal. Daraus ergeben sich vielfältige Aufgaben wie etwa die Durchführung von Zugangskontrollen, die Überwachung der Alarmsysteme und des Brandschutzes sowie Maßnahmen der Deeskalation auftretender Konflikte zwischen Bewohnern bzw. zwischen Bewohnern und Betreuungs- und Sicherheitspersonal. Sicherheitskräfte, die zum Schutz der Heime und ihrer Bewohner eingesetzt werden, geraten oftmals selbst direkt in Gefahr und werden Opfer von Konfrontationsunfällen. Ein derart sensibles, konfliktreiches Tätigkeitsfeld verlangt ein hohes Qualifizierungsniveau des Sicherheitspersonals, um sowohl die Eigensicherung als auch die Fremdsicherung der Unterkunftsbewohner zu gewährleisten. Sofern privates Sicherheitspersonal von einem öffentlichen Betreiber einer Unterkunft beauftragt wird, wird es im Rahmen des Auftrags als Verwaltungshilfe eingesetzt. Die Ausübung hoheitlicher Befugnisse steht ihnen daher nicht zu. Gravierende Zwischenfälle sind daher oftmals nicht ohne Hinzuziehung polizeilicher Kräfte zu lösen. An dieser Stelle zeigen sich die Grenzen des Einsatzes privater Kräfte. Umso stärker ist zu beachten, dass für diese Sicherheitsdienstleistungen daher ausschließlich solche Unternehmen beauftragt werden sollten, deren Personal über entsprechende Sonderqualifizierungen verfügt (z. B. Deeskalationstraining, interkulturelle Kompetenzen) sowie zugleich aufgabenspezifische Erfahrungen vorweisen kann.

Insofern sich die Schutzleistung zwar mehrheitlich durch eine hohe Spezifität auszeichnet, einzelne Teilleistungen jedoch von eher geringer Spezifität gekennzeichnet sind, sind hier gegebenenfalls auch verschiedene Kooperationsmodelle denkbar, die eine enge Arbeitsteilung von polizeilichen und privaten Sicherheitskräften vorsehen.

Mit dem Prüfkriterium der Legitimität wird der politikwissenschaftlichen Einsicht Rechnung getragen, dass staatliches Handeln und Entscheiden nicht allein an den Maßstäben von Effektivität und Effizienz bemessen werden sollte, sondern auch an der faktischen Akzeptanz.

Die Flüchtlingsthematik und so auch die Frage nach deren Unterbringung in Unterkünften erfährt gegenwärtig eine sehr große mediale Aufmerksamkeit. Gewalttaten gegen Flüchtlinge, aber auch die Gewalt innerhalb der Einrichtungen beherrschen die Schlagzeilen und rücken deren Schutz in den Fokus der Öffentlichkeit. Der Einsatz privater Sicherheitsdienste wird in diesem Zusammenhang sowohl von Medien, Politik als auch Nichtregierungsorganisationen (z. B. Sozialverbänden) immer wieder in Frage gestellt und skandalisiert (Deutschlandfunk 2016; Fründt, 31. August 2015). Wiederholte Berichte über Kompetenzüberschreitungen und Übergriffe von Sicherheitskräften, deren Verstrickungen in die organisierte Kriminalität oder deren rechtsextreme Gesinnung werden zum Anlass genommen, die Frage der Qualifikation sowie der Zuverlässigkeit aufzuwerfen und bisweilen die Legitimität der gesamten Branche infrage zu stellen (siehe etwa Fischer, 14. Mai 2014; Emonts, 21. Mai 2017; Petersen, 27. November 2015). Es werden dabei die noch immer vergleichsweise niedrigen Zugangsvoraussetzungen zur Anmeldung eines Sicherheitsgewerbes bemängelt und höhere Zugangshürden für Sicherheitsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter eingefordert. All dies macht deutlich, dass es sich beim Schutz von Flüchtlingsunterkünften und dem diesbezüglichen Einsatz privater Sicherheitsdienstleister um ein politisch hochsensibles Thema handelt, das einer starken öffentlichen Wahrnehmung unterliegt. Dies ist bei der Beurteilung der Frage, ob und insbesondere welche Sicherheitsdienstleister eingesetzt werden sollten, zwingend mit zu beachten.

Quellen:

Deutschlandfunk (2016). Kritiker fordern stärkere Kontrolle von Sicherheitsdiensten. Abgerufen am 09.10.2019 von https://www.deutschlandfunk.de/vorwuerfe-gegen-wachdienst-kritiker-fordern-staerkere.2852.de.html?dram:article_id=346108.

Emonts, B. (21. Mai 2017). Dachau: Landratsamt beschäftigt unwissentlich zwei Kriminelle. Abgerufen am 09.10.2019 von https://www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/kriminelle-wachmaenner-wie-der-bock-zum-gaertner-wird-1.3514041 

Fischer, J. (14. Mai 2017). Flüchtlingsheime: Wenn Security-Leute Angst verbreiten. Abgerufen am 09.10.2019 von https://www.sueddeutsche.de/leben/fluechtlingsunterkuenfte-wenn-security-leute-angst-verbreiten-1.3499799.

Fründt, S. (31. August 2015). Wenn die Security zum Problem wird. Abgerufen am 09.10.2019 von https://www.welt.de/wirtschaft/article145799251/Wenn-die-Security-zum-Sicherheitsproblem-wird.html.

Petersen, L. (27. November 2015). Nach Nazi-Hetze im Lageso: Gegenbauers Security-Firma wirft hin. Abgerufen am 09.10.2019 von https://www.bz-berlin.de/berlin/mitte/nach-nazi-hetze-im-lageso-gegenbauers-security-firma-wirft-hin. 

Beim Schutz von Flüchtlingsunterkünften handelt es sich um eine Schutzleistung von insgesamt  hoher strategischer Relevanz sowie einer Spezifität, die je nach Teilaufgabe von gering (einfache Objektschutzaufgaben) bis hoch (Umgang mit Bewohnern) reicht. Der Staat trägt damit sehr wohl  zwar die Gewährleistungsverantwortung, kann die Erfüllungsverantwortung jedoch in weiten Teilen privaten Sicherheitsdienstleistern übertragen. Der Gewährleistungsverantwortung muss er in diesem Fall jedoch durch eine eine qualitäts- und zuverlässigkeitsbezogene Auftragsvergabe und strenge Kontrolle gerecht werden. Unter dieser Bedingung ist eine Kooperation  von polizeilichen und privaten Sicherheitskräften fruchtbar, zielführend und seitens der Öffentlichkeit akzeptiert.

Verwaltungswissenschaftlich – Schutz von KRITIS (Wasser- und Energieversorgung)

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Grundsätzlich obliegt die Entscheidung darüber, in welcher staatlichen oder privaten Organisationsform Schutzleistungen erbracht werden sollen, dem politisch-demokratischen Prozess, wobei (verfassungs-)rechtliche Vorgaben den grundlegenden Rahmen setzen. Die Politik- und Verwaltungswissenschaft kann diesbezüglich keine aktiv-gestaltende Rolle einnehmen, sie kann jedoch als Reflexionsinstanz zur Klärung möglicher Entscheidungskriterien beitragen. Dazu wird ein Entscheidungsrahmen eingeführt, der sowohl effektivitäts-, effizienz-, als auch legitimitätsbezogene Zielgrößen berücksichtigt. In diesem Rahmen wird auf drei Einzelkriterien Bezug genommen: (1) Strategische Relevanz, (2) Spezifität, (3) Legitimität.

Das Kriterium der strategischen Relevanz berücksichtigt die Bedeutung einer Aufgabe für die Erreichung politisch gesetzter Ziele. Insbesondere bei strategisch relevanten Aufgaben muss garantiert sein, dass deren Erbringung gewährleistet und durch den Staat kontrollierbar ist. Damit steht die Steuer- und Regulierbarkeit der Schutzleistung auf dem Prüfstand.

Kritische Infrastrukturen sind grundsätzlich von zentraler Bedeutung für das gesellschaftliche Gemeinwesen. Deren Störung gefährdet die Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen wie der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Versorgung sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Insofern damit weitreichende Bedrohungen von Staat und Gesellschaft einhergehen, hat der Schutz kritischer Infrastrukturen fraglos eine sehr hohe strategische Relevanz. Diese ergibt sich zum einen aus der hohen gesellschaftlichen Bedeutung des Schutzgutes und zum anderen daraus, dass in diesem Zusammenhang schon kleinste technische oder menschliche Fehler potenziell gravierende Auswirkungen haben können. Die Sektoren Wasser und Energie nehmen aufgrund ihrer herausgehobenen Stellung als zentrale Versorgungsinfrastrukturen für lebensnotwendige Güter nochmals eine besondere Schlüsselrolle ein. Typisch sind dabei die Wechselwirkungen und Interdependenzen zwischen diesen unterschiedlichen Infrastrukturbereichen (vgl. BSI, 2014; Amin, 2000), die zu einer hohen Komplexität des Schutzgutes führen. Hinzu kommt, dass diese Infrastrukturen gerade aufgrund ihrer Wichtigkeit einer besonderen Gefährdung durch terroristische oder anderweitig kriminelle (Cyber-)Angriffe unterliegen (vgl. BSI, 2018)

Der Schutz dieser vitalen Infrastrukturen fällt damit unter den verfassungsrechtlichen staatlichen Schutzauftrag der Daseinsvorsorge. Um der Bedeutung der Strom- und Energieversorgung Rechnung zu tragen, wurde etwa mit dem Atomgesetz eine einschlägige Regelungsmaterie geschaffen, die sowohl die staatliche Verantwortung festschreibt als auch die private Betreiberverantwortung hervorhebt. Gleichwohl es sich damit mit Blick auf das Kriterium der strategischen Relevanz um eine Schutzleistung handelt, die eindeutig in den Verantwortungsbereich des Staates fällt, sieht der Staat in weiten Teilen von der unmittelbaren Bereitstellungs- und Erfüllungsverantwortung ab. Er trägt vielmehr die Überwachungs- und Gewährleistungsverantwortung. Der Beitrag privater Sicherheitsakteure ist damit zu einer unverzichtbaren Säule der Sicherheitsvorsorge im Sektor der kritischen Infrastrukturen geworden (Stienen, 2011, S. 171ff.).

Quellen:

Amin, M. (2000). National Infrastructures as Complex Interactive Systems. In T. S. Weyrauch (Hrsg). Automation, Control, and Complexity (S. 263-286). Chichester: John Wiley and Sons.

BSI – Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (2014). UP KRITIS: Öffentlich-Private Partnerschaft zum Schutz Kritischer Infrastrukturen. Grundlagen und Ziele. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: Bonn. Abgerufen am 05.08.2019 von http://www.kritis.bund.de/SharedDocs/Downloads/Kritis/DE/UP_KRITIS_Fortschreibungsdokument.pdf? __blob=publicationFile.

BSI – Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, 2018. Cyber-Angriffe auf deutsche Energieversorger. Presseerklärung

Stienen, L. (2011). Privatisierung und Entstaatlichung der inneren Sicherheit. Erscheinungsformen, Prozesse und Entwicklungstendenzen. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft.

Mit dem Prüfkriterium der Spezifität wird ein Maß für die Einzigartigkeit des mit einer Aufgabenerfüllung verbundenen Mitteleinsatzes eingeführt. Dies setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die den Einsatz spezialisierter Technologien oder Anlagen, spezifische Ausstattungen, Qualifikationen, Verfahrensregeln und Kompetenzen betreffen und als Auslagerungshürden gelten.

Entsprechend der Vielfalt der zu schützenden Infrastruktursektoren sind die  spezifischen Schutzobjekte, die mögliche Bedrohungsquellen und somit auch die spezifischen Schutzmaßnahmen sehr divers. Generell lassen sich bei dieser Schutzleistung jedoch zwei Aufgabenbereiche unterscheiden: Zum einen sind dies analoge Schutzleistungen, die auf den physischen Schutz der Anlagen abzielen und die sich vor allem als präventive Objektschutztätigkeiten einordnen lassen, situativ aber auch konkrete Maßnahmen der Gefahrenabwehr erfordern. Dies umfasst ein Tätigkeitsspektrum, für das Polizeikräfte speziell ausgebildet werden und für das allein sie über die spezifischen hoheitsrechtlichen Eingriffsbefugnisse und die  notwendige Ausrüstung verfügen. Zum anderen sind heute vielfach digitale Schutzleistungen vonnöten, die einer möglichen Manipulation der anlagensteuernden IT-Systeme vorbeugen (Cyber-Sicherheit).

Die rechtlichen Spezifika der Schutzleistungserfüllung sind mitunter in verschiedenen Spezialgesetzen festgeschrieben (u. a. Atomgesetz). Auf nationaler Ebene ist die Kompetenz zur Regelung von Infrastrukturen zwischen den verschiedenen politischen Ebenen, d. h. Bund, Ländern und Kommunen verteilt (Stober, 2010, S. 123 f). Hinsichtlich des Kriteriums der Spezifität ist grundsätzlich festzuhalten, dass für die Schutzleistung in weiten Teilen operative Zugriffsmöglichkeiten und anlagenspezifisches Wissen notwendig sind, über die staatliche Behörden schlicht nicht verfügen. Infolge von Privatisierungsentwicklungen werde heute weite Teile der kritischen Infrastrukturen von privaten Unternehmen betrieben – Schätzungen gehen diesbezüglich von bis zu 80 % aus (Vgl. Strauß 2015, S. 351). Dadurch fehlen dem Staat direkte Eingriffsmöglichkeiten, sodass er zur Erfüllung der Schutzleistung zwingend auf die Mitwirkung der privaten Betreiber angewiesen ist. Für die Durchführung der konkreten Schutzleistungen sind daher in der Regel primär die privaten Anbieter verantwortlich – auch zumal diese exklusiv über spezifisches technisches Know-how und Kompetenzen hinsichtlich ihrer Anlagen verfügen. An dieser Stelle kommen dann private Sicherheitsdienstleister ins Spiel, die von privaten Betreibern mit dem präventiven Schutz ihrer Anlagen beauftragt werden, die aber im Ernstfall der konkreten Gefahrenabwehr weder über die nötigen hoheitlichen Befugnisse noch die nötige Ausstattung verfügen, um etwa terroristische Bedrohungen ad hoc abzuwehren. Beim Schutz kerntechnischer Anlagen gilt diesbezüglich jedoch die überaus umstrittene Vorgabe, dass private Sicherheitskräfte in konkreten Gefährdungssituationen „hinhaltenden Widerstand“ zu leisten haben, was sogar den Schusswaffengebrauch einschließt (Stienen 2011, 118). So stellt sich die Frage, ob dies vom Funktionsvorbehalt nach Art. 33/IV gedeckt ist. Auch wenn den Betreibern gemeinsame Übungen mit der Polizei auferlegt werden, zeigen sich an diesem Punkt die Grenzen einer Auslagerung spezifischer Sicherheitstätigkeiten.

Während private Akteure in die Erfüllungsverantwortung genommen werden, nimmt der Staat primär die Rolle eines Gewährleisters wahr, der in erster Linie moderierend und normierend die Schutzleistungserbringung steuert und überwacht. Erst im Fall einer konkreten Gefahrenlage, greift auch die staatliche Erfüllungsverantwortung (Stienen 2011, 181f.) Basierend auf der Verantwortungsteilung nach dem Gewährleistungsprinzip (staatlich) auf der einen und dem Verursacherprinzip (privat) auf der anderen Seite hat sich hier eine grundsätzlich funktionale Aufgabenteilung etabliert, die sich auch in der Gründung öffentlich-privater Partnerschaften niederschlägt. Vor allem mit dem UP KRITIS wurde eine sektorenübergreifende Zusammenarbeit initiiert, in der unterschiedliche staatliche, gesellschaftliche und private Akteursgruppen freiwillig gemeinsam Rahmenrichtlinien für den Schutz der Wasser- und Energieversorgung entwickeln und umsetzen (vgl. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, 2014). Nichtsdestotrotz wird von verschiedener Seite durchaus kritisch infrage gestellt, ob der Staat mit dieser Form einer allein normierenden, indirekten Steuerung tatsächlich seiner Gewährleistungs- und Auffangverantwortung gerecht wird oder ob es sich hierbei nicht letztlich um eine Form der Verantwortungsverschiebung handelt (vgl. etwa Wiater, 2013).

Quellen: 

BSI – Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (2014). UP KRITIS: Öffentlich-Private Partnerschaft zum Schutz Kritischer Infrastrukturen. Grundlagen und Ziele. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: Bonn. Abgerufen am 05.08.2019 von http://www.kritis.bund.de/SharedDocs/Downloads/Kritis/DE/UP_KRITIS_Fortschreibungsdokument.pdf? __blob=publicationFile.

Stienen, L. (2011). Privatisierung und Entstaatlichung der inneren Sicherheit. Erscheinungsformen, Prozesse und Entwicklungstendenzen. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft.

Stober, R. (2010). Der Beitrag der Sicherheitswirtschaft und der Unternehmenssicherheit zum Schutz kritischer Infrastrukturen. In M. Kloepfer (Hrsg.). Schutz kritischer infrastrukturen (S. 121-132). Baden-Baden: Nomos.

Strauß, J. (2015). Infrastruktursicherheit. In T. Jäger (Hrsg.), Handbuch Sicherheitsgefahren (S. 343-354). Wiesbaden: Springer.

Wiater, P. (2013): Sicherheitspolitik zwischen Staat und Markt. Der Schutz kritischer Infrastrukturen. Baden-Baden: Nomos.

Mit dem Prüfkriterium der Legitimität wird der politikwissenschaftlichen Einsicht Rechnung getragen, dass staatliches Handeln und Entscheiden nicht allein an den Maßstäben von Effektivität und Effizienz bemessen werden sollte, sondern auch an der faktischen Akzeptanz, die es durch die verschiedenen Anspruchsgruppen erfährt.

Aus den zu erwartenden hohen gesellschaftlichen Folgeschäden, die eine Störung kritischer Infrastrukturen bewirkt, ergibt sich ein großes öffentliches Interesse an deren Schutz sowie ein hohes mediales Interesse im Schadensfall. Das Szenario des Ausfalls der Wasser- und Energieversorgung eignet sich für alarmistische Medienberichterstattung und erfährt daher einen hohen Nachrichtenwert. Dies gilt insbesondere für den Sektor der Energie und z. B. die Frage der Reaktorsicherheit, wie zuletzt etwa die Berichterstattung für den Vorfall um den Renegade-Luftalarm gezeigt hat (vgl. etwa Döschner, 16. März 2017). Der Schutz von Atomanlagen erfährt jedoch auch deshalb hohe Aufmerksamkeit, weil dieser Aspekt zugleich Teil der hitzigen gesellschaftlichen Debatte um die Energiewende ist und dementsprechend eine politische Instrumentalisierung sicherheitsrelevanter Vorfälle erwartbar ist. Zur spezifischen Frage der staatlichen und/oder privaten Verantwortung bzw. Aufgabenteilung beim Schutz der Wasser- und Energieversorgung hat sich bis dato jedoch keine gesellschaftliche Debatte entwickelt, aus der sich etwaige Akzeptanzvorbehalte ableiten ließen. Weil dies zum Teil darauf zurückgeführt werden kann, dass für Bürgerinnen und Bürger nur schwer ersichtlich ist, ob und in welchem Ausmaß private Sicherheitsakteure für die Erbringung der Schutzleistung eingesetzt werden können, macht dies auf eine  (in Teilen notwendige) Intransparenz der Öffentlichkeitsbeteiligung aufmerksam, die jedoch aus Legitimitätsgesichtspunkten problematisch einzuschätzen ist.

Quelle: 

Döschner, J. (2017). Sicherheit von Atomkraftwerken. Renegade-Voralarm – die Terrorgefahr ist real. Abgerufen am 05.08.2019 von https://www.deutschlandfunk.de/sicherheit-von-atomkraftwerken-renegade-voralarm-die.697.de.html?dram:article_id=381415.

 

Beim Schutz der Wasser- und Energieversorgung handelt es sich um eine Schutzleistung von sehr hoher strategischer Relevanz und zugleich in weiten Teilen hoher Spezifität. In Anbetracht dessen muss die Gewährleistungsverantwortung zwingend in staatlicher Hand verbleiben. Hinsichtlich der Erfüllungsverantwortung ergeben sich Mitwirkungspotenziale privater Sicherheitsdienste insbesondere dort, wo entweder vergleichsweise unspezifische Teilleistungen erbracht werden müssen oder aber staatliche Kräfte selbst nicht über die nötigen direkten Eingriffsmöglichkeiten verfügen.